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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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der Nacht getroffen hatte, der mich hellwach werden ließ.
    Ein seltsamer Zufall – das wurde mir jetzt klar. In der Berichterstattung am Abend zuvor konnte man sehen, dass sich niemand um ihn gekümmert hatte, als er auf der Straße lag. Wieso war er trotzdem hier im Heilungshaus gelandet? Wer hatte ihn hergebracht? Warum hatte sich dann aber keiner um ihn gekümmert?
    Und was war überhaupt vorgefallen?
    Dass es diese Ausgestoßenen gab, war allgemein bekannt. Sie lebten, soweit ich wusste, in den aufgelassenen Randbezirken der Städte. Seit die Große Seuche die Bevölkerung um die Hälfte reduziert hatte und sie in den nachfolgenden Wiederaufbaujahren noch weiter geschrumpft war, hatte man die Städte neu organisiert. Ich war schon immer an der Geschichte unseres Landes interessiert und hatte meine Lehrer so lange genervt, bis ich ihnen mehr als nur die offiziellen Schulbuchinformationen entlockt hatte. Daher wusste ich, dass die Große Seuche nicht auf natürliche Weise ausgebrochen war, sondern durch ein manipuliertes Mumpsvirus aus den Versuchslaboren für biologische Waffen der damals herrschenden Männerlobby ausgelöst worden war. Die Angst vor neu auftretenden Seuchen hatte zu großen Veränderungen geführt, was der allgemeinen Gesundheit der Bevölkerung dienlich war. Der Tribut, den wir für unsere Gesundheit zahlten, war eine ständige Überwachung. Seit einigen Jahrzehnten hatten sich die Ids durchgesetzt, winzige Chips, die wichtige Personendaten, Bankguthaben, alle möglichen Berechtigungscodes und gewisse Möglichkeiten der Datenübermittlung enthielten. Man konnte beispielsweise jeden Menschen im Notfall damit orten und seine Vitalfunktionen überprüfen, was schon vielen das Leben gerettet hatte.
    Die schlimmste Strafe in unserem Land bestand darin, die Identität eines Menschen zu löschen und damit das Id zu deaktivieren. Im schlimmsten Fall sogar verbunden mit Deportation.
    Ohne Id zu leben bedeutete, am sozialen Leben keinen Anteil mehr zu haben. Also auch keinen Wohnsitz, keinen Kredit, keine medizinische Versorgung mehr zu erhalten. Irgendwo aber mussten die Ausgestoßenen leben. Sie hatten sich ihre Schlupflöcher gesucht. Auch in der Hauptstadt von NuYu. La Capitale hatte früher Frankfurt am Main geheißen und sich weit bis in das Umland ausgedehnt. Im Osten hatte man eine künstliche Bürostadt angelegt. Eine hässliche, unmenschliche Ansiedlung von Hochhäusern, die als Erstes aufgegeben wurden, nachdem die Bevölkerungszahl zurückgegangen war. Derartige architektonische Auswüchse verfielen überall, während man die Innenstädte den neuen Bedingungen anpasste, also menschlicher, hygienischer, ästhetischer gestaltete. Irgendwann im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurden die heruntergekommenen Gebäude von La Capitale gesprengt, das Gelände entweder rekultiviert oder abgesperrt. Man betrat die Außenbezirke nicht.
    Außer man war aus der normalen Gesellschaft der Civitas verbannt.
    Aber angeblich gab es auch einige seltsame Gestalten, die aus welchen Gründen auch immer freiwillig auf ihre Ids verzichteten. Ich hatte mich schon immer gefragt, warum. Denn ich stellte mir ein Leben ohne festen Wohnsitz, ohne Wahlrecht, ohne Kreditrahmen, ohne ärztliche Versorgung, nun ja, milde gesagt, schwierig vor. Aber selbst mein penetrantes Nachforschen hatte mir nicht viel Erhellendes über jene Subcults beschert, die angeblich in den aufgelassenen Gebieten vor der Stadt wie die Ratten in Kellern und alten U-Bahn-Schächten lebten.
    Man berichtete selten über sie. Umso mehr hatte mich die gestrigen Nachrichten überrascht.
    Und dann lag auch noch eines der Opfer hier in meinem Gang herum.
    Ich schaltete den großen Wandbildschirm ein.
    Vielleicht brachte man in den Morgennachrichten mehr zu diesem Vorfall.

AUFKLÄRUNG
    D erselbe Reporter, der am Abend zuvor vom Tatort berichtet hatte – Delbert der Ölige –, erschien, doch diesmal im Studio. Das Publikum liebte Delbert, er war der bekannteste Medienkommentator NuYus. Ich teilte die allgemeine Geschmacksrichtung nicht. Das runde Gesicht mit dem schmalen Oberlippenbart, das Doppelkinn, das er gerne gewichtig gegen den Hals drückte, die abfallenden Schultern und der sich unter der violetten Tunika wölbende Bauch mochten ja dem gängigen Idealbild eines Mannes entsprechen, mir jedoch ging seine glatte, gefühlige Stimme auf den Geist.
    Aber er war nun mal auf Sendung, und bei ihm war die Chefin der Amazonen, Maie. Ich hatte sie schon

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