Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
gerichtet, der meine Zustandsdaten anzeigte. Sie fuhr zusammen, als ich sie fröhlich grüßte. Ihre Augen waren riesengroß aufgerissen, und ihre Unterlippe zitterte. Sie sah nicht nur wie ein flauschiges Küken aus, sie machte den Eindruck, als wäre sie gerade einem zähnefletschenden Fuchs begegnet.
»Hab ich dich erschreckt?«, fragte ich sie, und sie presste die Hand auf die Lippen.
»Oh – nein. Ja, doch, irgendwie.«
Es klang sehr seltsam. Erstickt fast.
»Was ist los, Bonnie? Gab es Ärger zu Hause?«
»Nein, nein. Hier, ich habe dir Zitronenbonbons mitgebracht.«
»Oh, danke. Aber das war nicht nötig. Ich werde nach der Visite entlassen.«
»Ja? Oh … «
»Hör mal, Bonnie, gestern auf der Terrasse, das war ein bisschen übertrieben, meinst du nicht auch? Dr. Martinez meinte, der ganze Aufstand wäre nicht notwendig gewesen, so schlimm seien Hornissenstiche nicht. Siehst du, alle Schwellungen sind weg.«
»Ja, aber … « Bonnie starrte mich noch immer an, die Augen voller Tränen. Dann drehte sie sich um und rannte aus dem Zimmer.
Verflixt, warum musste sie so empfindlich sein?
Ich ging ihr nach und sah nur noch einen Zipfel ihres gelben Gewands am Ende der Treppe. Eilig lief ich ihr hinterher und wunderte mich, dass sie draußen im Park die Richtung zum Tempelchen einschlug. Du liebes bisschen, suchte sie jetzt nach meinem milden Vorwurf Trost bei der für das Heilungshaus zuständigen Priesterin? So leicht war sie doch sonst nicht zu verletzen!
Die Gittertür des Tempels, eines hübschen Rundbaus auf Säulen mit einer vergoldeten Kuppel, schwang auf, und sie trat ein. Ich blieb stehen. Sollte ich mich entschuldigen? Oder die Sache auf sich beruhen lassen? Vielleicht war das einfacher. Bonnie würde sich schon wieder einkriegen.
Andererseits tat es mir leid, sie machte sich wirklich viele Sorgen um mich. Wahrscheinlich hatte sie eine schlaflose Nacht hinter sich und war entsprechend überdreht.
Ich ging also auch zum Tempel und schob die Tür auf.
Lautes Schluchzen empfing mich. Bonnie kniete vor dem Altar, und die Priesterin, ganz in Weiß, hatte ihr die Hand auf die Schulter gelegt.
»Sie wird sterben, Donna Miriam. Sie wird sterben, und niemand wagt es ihr zu sagen.«
»Dann müssen auch Sie schweigen, Junora. Es ist die Aufgabe der Ärztin oder ihrer nahen Verwandten, mit Ihrem Schützling darüber zu sprechen.«
»Aber was soll ich denn tun? Ich kann ihr nicht in die Augen sehen. Ich kann es nicht. Ich hab sie doch so lieb.«
Wieder schluchzte Bonnie herzzerreißend auf, und mich erfüllte langsam eine Eiseskälte.
»Ich bete mit Ihnen, Junora. Um Kraft und um Heilung.«
Ich war wie erstarrt.
Übelkeit drückte auf meinen Magen.
Das also war die Wahrheit.
Die Hornissenstiche hatten doch etwas ausgelöst.
Ich musste würgen, und während ich langsam in die Knie sank, erbrach ich das Frühstück unter einen Busch.
Zwei Pflegerinnen standen hinter mir, als ich mich langsam aufrichtete.
»Junora Kyria, was ist passiert? Kommen Sie, wir helfen Ihnen zurück ins Haus. Langsam, langsam!«
Sie stützten mich, ich wurde auf eine Trage gelegt und in mein Zimmer gebracht. Hier wartete schon Dr. Martinez auf mich – übermüdet, besorgt.
Meine Zähne klapperten, meine Hände zitterten.
Vorsichtig halfen mir die Pflegerinnen ins Bett und erstatteten der Ärztin Bericht.
»Das Frühstück ist dir also nicht bekommen«, murmelte sie und drückte mir den Diagnosestick an das Handgelenk.
»Dr. Martinez, werde ich sterben?«
Sie sah mich mit kummervollem Blick an. »Jeder Mensch stirbt eines Tages.«
»Werde ich jetzt sterben?«
»Nicht, wenn ich es verhindern kann. Was ist los, Liebes? Gestern waren Sie noch so begierig darauf, nach Hause zu kommen.«
»Es ist das Hornissengift, nicht wahr? Hat es die Krankheit ausgelöst?«
»Wie kommen Sie darauf?«
Ich riss mich zusammen. Es war besser, ich erzählte ihr alles. Das von den Schwindelanfällen und den Sehstörungen und meiner kurzen Bewusstlosigkeit.
»Kind, das hätten Sie mir schon früher mitteilen müssen«, sagte Dr. Martinez sanft. Sie setzte sich an den Monitor und rief meine Krankendaten auf. Ich beobachtete ängstlich ihr Gesicht, doch es blieb ausdruckslos. Wahrscheinlich war es noch schlimmer als erwartet, und mein Herz klopfte so heftig, dass mir das Blut in den Ohren rauschte. Dann wandte sie sich wieder mir zu.
»Ich habe die Labordaten von heute früh noch nicht bekommen und kann ohne weitere Untersuchungen
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