L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke

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Aber die Sache unseres Bleibens oder Abflugs ist auf der planetaren Skala ein bedeutungsloser Zwischenfall. Das ist nur unsere, ausschließlich unsere persönliche Angelegenheit! Glaub mir, wir sind hier höchstens ein interessantes Relikt!«
    Er zuckte die Achseln.
    »Mit einem Wort, du wirfst mir eine naive Megalomanie vor? Aber das ist ein Mißverständnis! Ich meine ja nicht, daß wir der Nabel der Welt sind. Ich vermute nur, daß sie uns für potentielle Schädlinge halten, die man verscheuchen oder in einen Käfig sperren muß. Letzteres ist natürlich die schlechtere, da unmoralische Lösung. Wenn ich dir nach dem Munde rede, was wissen wir übrigens von ihrer Moral? Wenn das Menschen gewesen wären …«
    »Du bist stur wie ein Bock! Helia behauptet, daß sie Menschen sind, und wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln.«
    »Warum vermeiden sie dann direkte Kontakte mit uns? Warum war die Stimme, die wir hier im Schiff, noch vor der Landung auf der Erde im Radio hörten, die Stimme einer Maschine und keine Menschenstimme? Warum benehmen sich die menschlichen Wesen, die wir sehen konnten, so, als seien sie benommen? Sagt dir das nichts?«
    »Glaubst du, daß die Stimme, die wir hörten, ein Beweis dafür ist, daß die Epoche des Menschen vorbei ist? Ist das, was wir sehen, eine Zivilisation der Roboter? Das ist ein brüchiger Beweis. Vor allem ist es höchst zweifelhaft, daß eine technisch so hochentwickelte Zivilisation nicht unsere Stimme auf vollkommene Weise nachahmen könnte. Das war schon zu unserer Zeit kein Problem. Es ist mit Sicherheit auch heute für die Erben und Fortsetzer des Fortschritts keines. Nicht deswegen klang die Stimme künstlich kalt und fremd, weil ein Roboter zu uns gesprochen hat. Ich denke, daß die Maschinen des dreihundertachtzigsten Jahrhunderts wie Demosthenes und die allerliebste Mutter in einem sprechen könnten.«
    »Willst du damit sagen, daß unsere Gesprächspartner der Art und Form der Ausdrucksweise von Gedanken kein Gewicht beimessen?«
    »Vielleicht gehen sie Probleme auf offene, natürliche und ehrliche Art an …«
    »Schon wieder versuchst du zu idealisieren! Ich sehe den Sinn nicht ganz ein.«
    »Nehmen wir vorläufig an, daß sich in diesen dreihundertachtzig Jahrhunderten in der Gesellschaft eine neue künstliche Methode der Kommunikation ohne das Medium akustischer Signale entwickelt hat. Wenn es sich um ein vollkommeneres Mittel der Kommunikation als die Sprache handelt, konnte es in der Praxis einen Schwund der Sprache verursachen. Wie sollen sich diese Menschen mit uns verständigen? Natürlich können ihnen die Automaten dabei helfen. Aber könnte die mit menschlicher Stimme sprechende Maschine uns irreführen – und zwar auf die Art, wie das der Mensch vor dreihundertachtzig Jahrhunderten machte? Würde das den wirklichen Charakter der Veränderungen auf der Erde verbergen? Das wollen unsere Gesprächspartner nicht.«
    »Die Prämissen sind vielleicht richtig, aber die Schlußfolgerung ist falsch. Die Hypothese ist zu künstlich, als daß sie stimmen könnte. Warum sagen sie uns nicht das Notwendige auf eine einfach menschliche Art? Warum meiden sie den Kontakt? Hier liegt wohl der Schlüssel zur Lösung des Rätsels.«
    »Meiden sie ihn tatsächlich? Vielleicht merken wir ihn bloß nicht …«
    »Du widersprichst dir selbst. Einmal behauptest du, es wären Menschen, dann wieder, es handle sich um irgendwelche nicht wahrnehmbare Gebilde. Entscheide dich doch für eine vernünftige Version.«
    Sie reagierte nicht auf diese Stichelei.
    »Wundert es dich nicht, daß es so wenige davon gibt?« fragte sie nachdenklich.
    »Ja, eben!« fuhr er triumphierend fort. »Wenn die Menschen die Herrscher auf der Erde sind, sollte es davon Milliarden geben! Auch wenn der Bevölkerungszuwachs sehr langsam erfolgen sollte, oder es eine Stabilisierung gegeben hat, eine Abnahme oder Bevölkerungsrückentwicklung. Diese leeren Säle und Korridore …«
    »Weißt du, was mir Helia geantwortet hat, als ich sie dasselbe fragte? Sie vermutet, daß das gerade ein Symptom ihres Rechts auf Einsamkeit ist.«
    »Was für ein Unsinn!«
    »Würde ich nicht sagen. Wenn tatsächlich mehrere oder sogar hunderte Milliarden Menschen die Erde bewohnen, wenn die Kommunikationsmittel den direkten Kontakt zwischen den Gehirnen gewährleisten, wird nicht nur die Leistungsfähigkeit der gesellschaftlichen Kontakte zum Problem, sondern auch die Gestaltung ihrer Struktur und Form, damit das