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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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fragte sie leise.
    »Sie ist zurückgeblieben«, erwiderte er und wich ihrem Blick aus. »Du hast recht gehabt. Sie gehört bereits zu IHNEN!«
    Es herrschte betretenes Schweigen.
    Rost setzte sich an das Steuerpult und blickte nachdenklich auf die Reihen von Tasten und Kontrollämpchen.
    »Also dann«, sagte er nach einer Weile. »Wir werden allein fliegen.«
    Mia bewegte sich unruhig.
    »Weißt du, Rost«, sagte sie unsicher. »Ich will die Erde ebenfalls nicht verlassen.«
    »Glaubst du, daß ich es will?« Er schrie es fast. »Aber wir müssen es dennoch. Es gibt keinen anderen Ausweg. Es ist dir doch wohl klar, daß mit uns das gleiche geschieht wie mit Helia, wenn wir hier auch nur noch zwei Tage bleiben. Wenn sie …«
    »Ich habe wirklich nicht die Absicht, irgendwohin zu fliegen«, unterbrach sie ihn bestimmt. »Helia hat recht.«
    »Also auch du?«
    Er blickte sie verzweifelt an.
    »Rede mir nicht ein, daß ich einer Suggestion unterliege. Hier gibt es keine aufgezwungenen Gedanken und keine Steuerung des Willens«, kam sie seinen Argumenten zuvor.
    »Du spinnst! Aber Helia. Glaubst du, daß sie aus eigenem …?«
    »Du verwechselst verschiedene Erscheinungen. Es gibt keinen Beweis, daß jemand versucht, das Gehirn Helias zu beherrschen. Zumindest in größerem Ausmaß, als es die Umstände mit unserer Vernunft tun. Das, was uns als Telepathie oder Hellsehen erscheint, ist vielleicht eine Art ›Gehirnfernsehen‹. Denk einen Moment lang ernsthaft darüber nach, und du wirst mir recht geben. Ich sehe keine Notwendigkeit, die Erde zu verlassen. Im Gegenteil, ich will diese Welt kennenlernen. Erst dann werde ich mich überzeugt haben, ob mir die Dinge hier zusagen oder nicht.«
    »Dann wird es zu spät sein!« warf er düster ein.
    »Du sagst immer wieder dasselbe. Welche Beweise hast du?«
    »Vielleicht habe ich …« Er blickte auf die Tafel des fünften Zentrums. »Weißt du, ob sie wollen, daß wir abfliegen?«
    »Ob sie wollen? Ich verstehe nicht.«
    »Während unserer Abwesenheit haben sie die Behälter mit der Arbeitsmaterie und dem Brennstoff aufgefüllt. Wir können starten. Auf der Stelle! Sie wollen uns loswerden! Und ich sage dir: Machen wir uns ihren guten Willen zunutze. Es ist gut, daß sie wenigstens soviel von ihrer Menschlichkeit bewahrt haben.«
    Sie trat ans Kontrollpult. Eine Weile betrachtete sie die Kennziffern, überprüfte das Funktionieren der Kontrolleinrichtungen. »Interessant.«
    »Da siehst du es selbst!« erwiderte er triumphierend.
    »Ich sehe es«, bestätigte sie. »Und ich überlege mir, warum …«
    »Ich habe es dir doch gesagt!«
    »Deine Worte sind voller Widersprüche. Zuerst beharrst du darauf, daß die Menschen, die zur Zeit die Erde bewohnen, sich unserer Vernunft bemächtigen wollen, uns zu ihrem eigenen Nutzen umwandeln wollen … Und jetzt behauptest du, daß sie uns loswerden möchten, und daß sie uns dazu einen Dienst erweisen.«
    »Das ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Ich glaube mitnichten, daß es sich um Menschen handelt, aber lassen wir das! Vor allem glaube ich, daß sie den Verstand beherrschen können, aber nur innerhalb gewisser Grenzen. Vielleicht können sie es tun, wenn sie uns auch töten könnten, aber sie empfinden eine solche Tat als unmoralisch. Ist es vielleicht ein Überrest der menschlichen Ethik? In Ruhe lassen können sie uns nicht. Wir verursachen viel zu viel Wirrwarr in ihrer Welt. Wir sind Höhlenmenschen.« Er lachte düster. »Es geht vielleicht um die Möglichkeit unseres Einflusses auf diejenigen menschlichen Wesen, die noch auf der Erde umherirren.«
    »Warum willst du also nicht bleiben und den Kampf aufnehmen? Du sagtest doch …«
    »Es ist ein hoffnungsloser Kampf. Sie sind zu mächtig, als daß eine Chance auf Erfolg bestünde. Wenn wir versuchen würden, gegen sie vorzugehen, müßten wir mit einer für uns katastrophalen Reaktion rechnen. Sie schlagen uns den Abflug vor, weil sie nicht wollen, daß wir sie zu nichtethischem Handeln zwingen. Verstehst du?«
    »Eine sehr kühne Hypothese … Und wenn es nicht so ist, wie du sagst?«
    »Wie denn sonst?«
    »Es kann der Beweis für die freie Wahl sein.«
    »Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist eine Alternative. Wir können wählen.«
    »Es ist nicht dasselbe. Ich bin der Meinung, daß deine Vermutung, wonach sie gewollt hätten, daß wir die Erde verlassen, grundlos ist. Sie lassen uns die Freiheit der Wahl, weil sie unsere Gedanken kennen. Unsere Zweifel und Befürchtungen.

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