L.A. Woman
gehen, aber du wirst mich anrufen, und wir verabreden uns zum Essen, ja? Ich würde dich ja nach deiner Nummer fragen …“ Er sah Judith an und lächelte. „Vielleicht ein anderes Mal. Oh!“ Er nahm seine Karte, schnappte einen Stift vom Tisch und schrieb etwas auf die Rückseite.
Sarah schaute sein hastiges Gekritzel an. „Martika?“
„Das ist ihre Nummer. Wenn du deine Meinung änderst und doch eine Mitbewohnerin suchst, ruf sie einfach an.“
Er umarmte sie, und es fühlte sich gut an, obwohl Judith so finster blickte. Kit nickte ihr nur zu, und schon verschwanden die beiden und schlossen die Tür hinter sich.
„Wer war
das
denn?“ fragte Judith.
Sarah lächelte und blickte auf die Karte. „Freunde“, sagte sie. „Meine ersten Freunde in Los Angeles.“
Judiths verzog die Lippen. „Du musst wirklich etwas vorsichtiger sein, Sarah. Sie könnten gefährlich sein.“
„Glaubst du das wirklich?“
„Sarah“, sagte Judith. Jetzt, wo die beiden Männer verschwunden waren, wurde aus ihrer Angst Missbilligung. „Mal ehrlich. Das hier ist nicht Fairfield.“
„Gut. Wir gehen also zum Mittagessen?“ Sarah hatte keine Lust, belehrt zu werden.
„Ich weiß, dass du den
perfekten
Job suchst, aber ich dachte, du könntest dich zunächst einmal in der Werbebranche umsehen. Ich meine, du hast ja schon vorher in PR-Firmen gearbeitet und im Anzeigengeschäft, warum also nicht einmal in einer Agentur?“
Eigentlich zog Sarah eine Stelle in einer Agentur ungefähr so sehr in Betracht wie einen Job in einer städtischen Kläranlage. Andererseits hatte sie keine Wahl. „Nun, ich bin nicht mehr ganz so wählerisch wie früher“, antwortete sie.
Judith lächelte. „Ich dachte, wir essen was und schauen uns dann mal deine Bewerbungsunterlagen an. Ich glaube mich zu erinnern, dass in unserer Rechnungsabteilung eine Stelle frei ist.“ Judith klang sehr geschäftsmäßig. „Ich habe kein bestimmtes Restaurant im Sinn, aber ich bin sicher, dass es hier ganz in der Nähe etwas gibt. Immerhin sind wir in West-Hollywood.“
„Wieso, ist das eine gute Gegend für Restaurants?“
Judith warf ihr ein etwas überraschtes Lächeln zu. „Sarah … hast du denn ü
berhaupt
keine Ahnung von West-Hollywood?“
Sarah runzelte die Stirn. „Wieso, was meinst du?“
„Dein Freund Taylor ist ein leuchtendes Beispiel für die Bewohner West-Hollywoods“, sagte Judith.
„Na und?“ rief Sarah verärgert. „Ich mag Taylor. Und er hat Recht, ich brauche eine Dusche und muss schnell meine Kleider wechseln …“
„Ist dir nicht aufgefallen, wie viele Männer es in dieser Gegend gibt?“ unterbrach Judith sie. „Gut aussehende, gut gekleidete …“
Eine vage Ahnung durchdrang Sarahs katervernebeltes Bewusstsein. Endlich ging ihr ein Licht auf. „Warte mal. Du meinst, ich wohne im …“
„Schwulenviertel“, vollendete Judith den Satz und nickte. „Ich dachte, dass das jeder weiß.“
„Oh.“ Sarah blinzelte.
Dass Benjamin das nicht sonderlich toll finden würde, konnte sie schon jetzt mit Bestimmtheit sagen.
Du musst diesen Job einfach bekommen, Sarah.
Sarah stand im Büro von Becky Weisel, Key-Account-Managerin in der Agentur, in der auch Judith arbeitete, allerdings in einem höheren Stockwerk. Es war ein EckBüro mit Blick über die Stadt. Die Möbel waren aus echten Kirschbaumholz, einschließlich passender Anrichte und Bücherregalen, auf denen jede Menge Nippes stand oder kleine Zettel mit inspirierenden Sprüchen hingen. Sarah umklammerte unbeholfen wie eine Studentin die Bewerbungsmappe vor ihrer Brust und wartete darauf, dass Becky ihr Telefonat beendete. Sie hasste Bewerbungsgespräche. Aber die Rechnungen bezahlten sich nicht von selbst, wie Benjamin sehr treffend bemerkt hatte.
Und ich brauche sein Geld nicht
. Becky forderte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung auf, Platz zu nehmen.
„John, ich habe dich nicht gebeten, die Verkaufszahlen für das erste Quartal bis Montag auf meinen Tisch zu legen, sondern bis
heute
.“ Becky machte eine kurze Pause. „Heute Morgen John. Und du brauchst nicht zu jammern, ich kenne den Zeitunterschied. Tu einfach, was ich dir gesagt habe, okay?“ Sie seufzte, während sie der Stimme am anderen Ende der Leitung lauschte. „Hör zu, möchtest du lieber mit Stefan sprechen? Ich kann ihn das nächste Mal einfach direkt zu dir durchstellen, wenn er anruft, um mir den Kopf abzureißen.“ Sie hörte wieder mit einem selbstgefälligen Lächeln im Gesicht
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