L.A. Woman
zu. „Großartig. Ich kann es kaum erwarten, die Zahlen heute Abend zu sehen.“ Sie legte den Hörer auf und sah dann Sarah an, als müsse sie sich erst wieder orientieren. „Nun gut. Wer sind Sie, und warum sind Sie hier?“
Noch bevor Sarah antworten konnte, schnippte Becky mit den Fingern. „Oh, stimmt ja. Sie müssen … warten Sie … Sie müssen Sarah sein.“ Sie streckte ihre Hand über den Tisch aus und drückte Sarahs Hand so kräftig, dass es fast schon weh tat. „Ich bin Becky Weisel. Ich bin Key-Account-Managerin hier bei Salamanca Advertising.“ Sie lehnte sich in ihrem Ledersessel zurück und studierte Sarah.
Sarah setzte sich sehr aufrecht hin und versuchte, den bestmöglichen Eindruck zu hinterlassen. Im Grunde war sie bereit, alles für den Job zu tun, außer vielleicht ein Schild hochzuhalten, auf dem „Nimm mich! Nimm mich!“ stand. Bei dem Gedanken musste sie lächeln, und das schien Becky endlich ein wenig zu entspannen.
„Also … warum wollen Sie bei Salamanca Advertising arbeiten?“
Weil ich meine Miete zahlen muss.
„Ich habe gelesen, was für eine großartige Firma das ist, eine Firma, die dabei ist, wirklich groß rauszukommen, mit außergewöhnlichen Werbestrategien und sehr vielen Kunden, aus der technischen Branche …“ Zumindest hatte sie das alles auf der Homepage im Internet gefunden, obwohl sie nicht viel Zeit gehabt hatte, sich vor dem Gespräch noch umfassend zu informieren.
Becky lächelte. „Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht. Das gefällt mir. Freundlich sind Sie auch, das ist immer wichtig.“
„Danke.“
„Und höflich.“ Becky wirkte, als ob sie ein Auto kaufen wollte. Sarah hoffte, dass sie nicht versehentlich prüfend gegen die Räder kicken würde oder auf die Idee käme, ihre Zähne zu inspizieren. „Na schön. Sie gefallen mir besser als die meisten Bewerber, die ich gesehen habe, das muss ich schon sagen.“ Sie blickte auf den Lebenslauf, den Sarah ihr gefaxt hatte, und gab ein paar undeutliche Laute von sich. Sarah saß ganz ruhig. „Hmm. Public Relations … ein Studium … irgendwie alles Mögliche, oder?“
Sarah fühlte, wie ihr das Herz sank. „Ich bin noch dabei, mich zu orientieren“, erklärte sie. „Ich habe so viele Interessen …“
„Wie alt sind Sie?“
Sarah blinzelte. Das war keine zulässige Frage, und das sollte diese Frau auch wissen.
Doch Becky lächelte sie listig an. „Es macht Ihnen doch nichts aus, dass ich das frage, oder?“
Sarah fühlte sich benommen, schüttelte aber automatisch den Kopf. „Nein, natürlich nicht“, sagte sie, während sie an ihren Kontostand dachte und daran, dass ihr Erspartes langsam immer weniger werden wurde. Bald musste sie die erste Miete bezahlen. „Ich bin fünfundzwanzig.“
„Das ist ja noch nicht so alt“, sagte Becky zweideutig und lachte dann. „Sie haben noch jede Menge Zeit. Vielleicht ist die Werbung ja genau das, wonach Sie gesucht haben.“
Sarah atmete erleichtert aus und fühlte sich, als habe sie die erste Hürde genommen. „Das ist es, was ich hoffe.“
„Großartig. Können Sie mit Excel umgehen? Und PowerPoint? Wir haben immer sehr viele Präsentationen vorzubereiten.“
Sarah nickte. Jetzt fühlte sie sich auf sicherem Boden. „Ich habe Erfahrung mit allen Microsoft-Office-Programmen.“
„Wie stehen Sie zu Überstunden?“ fragte Becky. „Wir arbeiten an großen Projekten für wichtige Kunden, Sarah. Ich brauche jemanden, auf den ich zählen kann.“
Sarah setzte sich noch aufrechter hin und nickte stolz. „Ich bin bereit Überstunden zu machen, wenn ein Projekt es verlangt. Ich will so gut arbeiten, wie ich nur kann.“ Sie fürchtete, dass der letzte Satz ein wenig zu schleimig klang, entschied dann aber, dass es ihr egal war. Davon abgesehen, ein paar Überstunden würden sie schon nicht umbringen. Es war ja nicht so, dass sie in dieser Stadt ein überbordendes gesellschaftliches Leben führte.
Beckys Augen strahlten. Sarah hatte offenbar die zweite Hürde genommen. Was kam noch …?
„Manchmal bitten wir Mitarbeiter, Dinge zu tun, die nicht in ihrer Arbeitsplatzbeschreibung stehen. Ich brauche jemanden, der vielseitig ist und auch mal über den eigenen Tellerrand schaut. Würden Sie das tun?“
Sarah nickte. „Natürlich.“ Über den eigenen Tellerrand schauen. Großer Gott. Als Nächstes würde sie wahrscheinlich sagen:
Wir brauchen jemanden, der im Team arbeiten kann und auch Verantwortung übernimmt
.
Becky lehnte sich zurück,
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