L.A. Woman
Ahnung“, unterbrach Martika sie. „Lass mich dich aufklären: Wenn du eine Anzeige in der L.A. Times aufgibst, dann wird die Crème de la Crème der Verrückten hier auftauchen. Wenn du eine Vermittlung einschaltest, dann tauchen hingegen die Verrückten auf, die bereit sind, der Agentur dafür Geld zu bezahlen, dass sie auf eine Liste kommen, und du musst noch mal dafür zahlen, diese Liste zu bekommen. Außerdem: Wenn du jemanden auf monatlicher Basis suchst, dann wird das sehr wahrscheinlich jemand sein, der in seiner Freizeit gerne junge Typen vernascht.“ Sie drehte sich einmal langsam um sich selbst. „Oder du kannst mich haben, jemanden, für den Taylor sich verbürgt, und du hast Taylor schließlich so weit vertraut, dass er dich ins Bett bringen durfte.“
Sarah zuckte zusammen.
„Ich glaube, du hast gar keine andere Wahl, meinst du nicht?“ fragte Martika mit milder Stimme.
Sarah seufzte. „Ich … hm. Ich habe noch irgendwo einen Zweitschlüssel.“
Martika lächelte süßlich. „Gute Wahl.“
Sarah gab das Lächeln unsicher zurück.
Gut, dass das wenigstens einer von uns glaubt.
3. KAPITEL
P eople Are Strange
„Na also“, murmelte Martika, „es ist zwar nicht riesig, aber es ist ein Zuhause.“
„Wir sind in Rekordzeit hier eingezogen“, rief Taylor und betrachtete die Umgebung. „Wie lange haben wir gebraucht, fünf Stunden?“
„Ich habe seit dem letzten Mal eine Menge weggeworfen.“
„Du meinst abgesehen von Andre?“
„Sei nicht zickig“, schalt Martika ihn. Dann streckte sie ihm die Zunge heraus und begann, die Pfauenfedern in der großen Holzvase zu arrangieren. Jetzt sah es schon viel gemütlicher aus. Wie Sarah diese Wohnung eingerichtete hatte, war absolut langweilig, erinnerte irgendwie an eine Jugendherberge. Es erstaunte sie, dass Sarah nicht ein Schild mit der Aufschrift „Frisch desinfiziert“ über die Toilette gehängt hatte.
Kit blickte sich um und murmelte unverständliches Zeug.
„Wie bitte?“
Er schenkte ihr ein halbes Lächeln, und sie war davon überzeugt, dass er niemals richtig lächelte. „Ich sagte: There’s no place like home.“
„Aus: Der Zauberer von Oz“, assistierte Taylor.
Martika rollte mit den Augen. „Spielt ihr beide noch immer dieses Spiel?“
Kit zuckte die Achseln, und Taylor begann irgend etwas zu plappern. Martika packte den letzten Umzugskarton, auf dem in großen Druckbuchstaben
Privat
stand, und schleppte ihn in ihr Schlafzimmer. Das Einrichten des Schlafzimmers war immer der Abschluss ihres Umzugsrituals.
Sie fragte sich, wie Andre sich wohl fühlen mochte, wenn er sein eigenes Bett aus dem Keller holte. Es gab drei Möbelstücke, die Martika besaß, seit sie zweiundzwanzig war: ein riesiges Doppelbett und zwei Nachttischchen. Es gibt nun mal lebensnotwendige Dinge, dachte sie. Sie räumte den rechts neben dem Bett stehenden Nachttisch ein. Kondome, eine breite Auswahl an Ölen und anderen Gleitmitteln, Handschellen und ähnlicher Schnickschnack, der sich im Laufe der Jahre angesammelt hatte. Der rechte Nachttisch war für Gäste gedacht. Der linke allerdings war ihrer. Hier räumte sie ein mit schauerlichen und vor Selbstmitleid triefenden Gedichten vollgekritzeltes Heft ein, ein paar Schokoriegel, mehrere Päckchen Zigaretten, einen Vibrator und ebenfalls Kondome. Diese Schublade ging niemanden etwas an. Sie schob sie mit einem zufriedenen Nicken zu und ging zurück ins Wohnzimmer. Die Jungs saßen auf der Couch. Sarah reichte ihnen ein Glas Limonade.
Kaum eingezogen, fühlte Martika sich schon merkwürdig. Sie hatte seit ewigen Zeiten nicht mehr mit einer anderen Frau zusammengewohnt, vor allem nicht mit einer Frau, die aus Fairfax kam, oder wie auch immer dieses Kuhdorf hieß.
„Es sieht so aus, als hätten wir alles erledigt“, sagte Martika.
Sarah nickte, während sie sich offensichtlich verwirrt umblickte. „Du hast mehr Sachen … als ich erwartet hatte.“
War aus ihren Worten Missbilligung herauszuhören? Martika lächelte. Hoffentlich! „Nun, wenn ich irgendwo einziehe, tendiere ich dazu …“
„… die ganze Wohnung einzunehmen?“ fragte Luis, Taylors Freund, mit einem jammernden Unterton.
Martika grinste ihn an und spürte, dass sie langsam begann, sich zu ärgern. Normalerweise konnte sie Luis nicht länger als fünfzehn Minuten an einem Stück ertragen. Jetzt hatte sie schon über sechs Stunden mit ihm verbracht, und sie fragte sich, ob er wohl ahnte, wie knapp er mehrfach dem Tod
Weitere Kostenlose Bücher