Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
lebte. Aber konnte das überhaupt sein? Kathy war zurück? Ohne Portal gab es keinen Weg hierher, das zumindest hatte ihnen Jebs geheimnisvolle Nachricht aus seinem Rucksack weismachen wollen. Was, wenn alles auf Anfang war? War Tian dann auch unter ihnen?
Aber warum sollte Jebs Botschaft eine Lüge gewesen sein?
Falls Kathy zurück war, so viel war Jenna schlagartig klar, hatten sie ein Problem. Was hatte sie vor?
Kathy war zu allem fähig.
Kathy war hier.
Sie war hier. Es klang so, als stünde die Botschaft schon länger dort, als könnte Kathy bereits vor ihnen in diesem Labyrinth gefangen gewesen sein. Aber … das konnte doch nicht sein?
Vielleicht hat jemand diese Botschaft in die Wand gekratzt, um mir Angst einzujagen.
Dieser Gedanke beruhigte sie ein wenig. Es sind nur Buchstaben, sagte sich Jenna immer wieder. Nur Buchstaben. Sie seufzte, warf einen letzten Blick auf die unheilvolle Botschaft und ging weiter. Scheinbar endlos wand sich der Gang vor ihr her. Ihre Gedanken schweiften zurück in die Vergangenheit. Der gleichmäßige Rhythmus ihrer Schritte und die Eintönigkeit der weißen Wände machten es ihr leicht, sich davon treiben zu lassen.
»Sie wollen es wirklich tun?«, fragte eine Stimme, die einem Mann gehörte, dessen Gesicht verschwommen blieb.
»Ja«, antwortete sie heiser.
»Man hat Sie über das Risiko aufgeklärt?«
»Ich habe ein Dokument unterschrieben, indem ich versichere, dass ich umfassend über mögliche Risiken aufgeklärt wurde und dass dieser Versuch auf meinen eigenen Wunsch hin ausgeführt wird.«
»Versuch? Der Begriff trifft es nicht einmal ansatzweise. Was Sie vorhaben, hat niemals zuvor ein Mensch gewagt, und ich bezweifele sehr, dass es ohne Folgen bleiben wird.«
Sie schwieg.
»Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie irreparable gesundheitliche Schäden davontragen werden. Das alles ist Neuland, müssen Sie wissen.«
»Ich weiß.«
»Gut, dann sind Sie also bereit«, sagte der Schemen. »Ich gebe Ihnen jetzt eine Beruhigungsspritze. Sie werden nur noch vage mitbekommen, wie wir Sie vorbereiten. Später werden wir Ihnen eine Infusion legen, die Sie mit allem versorgt. Und dann geht es los.«
»Werde ich bei Bewusstsein sein, wenn Sie die Apparate einschalten?«
»Nein. Sie werden tief und fest schlafen.«
»Also keine Schmerzen.«
»Voraussichtlich nicht, aber wie gesagt …« Er zuckte mit den Achseln. »Auch wir betreten Neuland.«
»Und wenn alles gut läuft …«
»… holen wir Sie zurück«, vollendete er den Satz. »Sind Sie bereit?«
»Ja.«
Dieses eine Wort war das Letzte, woran sich Jenna erinnerte. Obwohl die Szene deutlich vor ihr stand, konnte sich Jenna nicht erklären, was das Gespräch zu bedeuten hatte. Was habe ich getan?
Es war von einem Versuch die Rede gewesen, von Apparaten, von Risiken und davon, dass sie etwas wagte, was kein Mensch vor ihr getan hatte.
Aber was?
War sie krank? Oder war sie hypnotisiert worden? Hatte sie an einem Experiment teilgenommen? Freiwillig? Aber wozu? Was sollte erforscht werden? War sie ausgewählt worden und wenn ja, von wem?
Nein, das klang selbst in ihren Ohren zu absurd. Nein, das konnte nicht sein. Niemals hätte sie sich dieser Gefahr ausgesetzt, wenn sie darüber Bescheid gewusst hätte. Wozu das alles? Es wäre blanker Selbstmord, von den unabsehbaren Folgen ganz zu schweigen.
In der Botschaft, die Jeb gefunden hatte, war davon nicht die Rede gewesen. Und überhaupt, was hatte das mit Mischa, Jeb, Tian, León, Kathy und Mary zu tun? Wo lag die Erklärung für dieses sogenannte Labyrinth, wie es in Jebs Botschaft geheißen hatte?
Nein, nein, nein. Hinter der Sache steckte etwas anderes. Irgendjemand, etwas, hatte sie und die anderen in diese Lage gebracht und sah ihnen nun zu, wie sie um ihr Leben kämpften.
Jenna war so in Gedanken versunken, dass sie beinahe über ihre eigenen Füße stolperte, als sie einen dunklen Gegenstand vor sich auf dem Boden entdeckte. Aus Angst draufzutreten, machte sie einen ungelenken Sprung zur Seite und stützte sich an der Wand ab. Dann erst konnte sie es in Ruhe betrachten.
Es war ein Stück Stoff.
Sie hob es auf und schaute es verdutzt an. Das Muster darauf kam ihr bekannt vor. Der Stoff war an beiden Enden zusammengeknotet. Kurze Zipfel ragten aus dem Knoten hervor.
Jenna starrte auf die losen Fäden, die überall herunterhingen. Dieser Stoff war nicht sauber mit einer Schere herausgetrennt worden, jemand hatte ihn irgendwo rausgerissen.
Und er war
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