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Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Titel: Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. L. Grey
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rufe ich Dan zu.
    »Siehst du?«, erwidert er triumphierend. »Ich habe doch gesagt, wir sind auf dem richtigen Weg! Es ist nur die veränderte Beleuchtung, die uns verwirrt.«
    »Ja«, gebe ich zu. »Du hast recht.«
    Er zündet eine neue Zigarette an. Wir lassen sie zwischen uns hin- und herwandern. Jetzt, wo wir hier sind, haben wir es nicht mehr besonders eilig, durch die Tür zu gehen.
    Ich trete die Kippe mit der Hacke aus, dann strecke ich die Hand aus und berühre Dan an der Wange. »Okay, Dan«, sage ich. »Tief durchatmen. Am Ende der Treppe hinter dieser Tür werden wir den Spiegelsaal betreten. Bist du sicher, dass du damit klarkommst?«
    »Ja«, nickt er. Aber sein Lächeln wirkt gezwungen.
    »Okay.«
    Wir fassen uns an den Händen, dann öffne ich die Tür und wir gehen die Treppe hinauf. Ich versuche zu ignorieren, dass die glänzenden weißen Fliesen jetzt schmierig und schimmelig sind (so etwas kann sich leicht in einer Woche ändern, nicht wahr?), und in null Komma nichts gelangen wir oben an die Tür.
    Keiner von uns erwähnt, dass das Schild nicht mehr da ist.
    »Bereit?«, frage ich.
    »Ja. Tun wir’s.«
    Ich schließe die Lider halb, um nicht von dem grellen Licht dort drinnen geblendet zu werden, dann drücke ich die Klinke hinunter.

Kapitel 30: DANIEL
    Es wäre eine große Erleichterung gewesen, auf den Spiegelsaal zu stoßen und von diesem sabbernden Monster gejagt zu werden. Durch Gänge voller Zombies und toter Schaufensterpuppen zu rennen und höhnische Textnachrichten vom niederträchtigen Management zu erhalten. Denn dann hätten wir gewusst, dass wir auf dem richtigen Weg dorthin sind.
    Aber als sich eine Tür nach der anderen auf weitere Betonkorridore öffnet, die schließlich zurück zur halb fertigen Fressmeile und dem verlassenen Parkplatz führen, kehren wir allmählich auf den Boden der Tatsachen zurück. Es ist wie das Erwachen aus einem wundervollen Traum, an dem man sich verzweifelt festzuklammern versucht, bevor alles von der kalten Morgenbrise verweht wird. Ich kann es in Rhodas Gesicht lesen: erst ein erzwungener Optimismus, aber als die Realität offenkundig wird – dass wir nirgendwohin gehen, dass es nichts außer dem Hier und Jetzt gibt –, kann sie ihre Enttäuschung nicht länger verbergen. Ihre überschäumenden Träume von Champagner und Designermode, von Glanz und Gloria und katzbuckelnden Lakaien verblassen immer mehr. Und ein Teil ihrer Lebensfreude verschwindet ebenfalls. Zum ersten Mal wird mir klar, dass das Weglaufen sie glücklich gemacht hat.
    Ich versuche mir einzureden, dass wir uns alles nur eingebildet haben. Wie immer bin ich in meiner Schwäche nur zu gerne bereit, nachzugeben und einen Kompromiss einzugehen – aber ich weiß, dass wir schlicht und einfach unsere Chance vertan haben. Als wir aus dem anderen Einkaufszentrum davongelaufen sind, haben wir unsere Einladung verspielt: Wir hatten unsere Chance, zu jener Welt zu gehören, und wir haben sie ausgeschlagen.
    Der neunte Tag des Wartens.
    Wir haben immer noch die Wahl. Es gibt immer eine Wahl. Wir können nach Hause gehen und unsere Strafe akzeptieren oder wir bleiben hier und hoffen entgegen aller Wahrscheinlichkeit, dass das Management uns doch noch anruft. Die brutale Gefängnishölle würde ich nicht lange überleben. Also warten wir. Wenn wir hier warten, ist es nur ein kleiner Schritt durch die Tür, falls das Management seine Meinung ändert.
    Aus Pappkartons, Zeitungen, Abdeckplanen und Plastikfolien, die von den Bauarbeitern zurückgelassen wurden, haben wir uns ein kleines Nest gebaut. Wir haben einen sicheren Weg zur Müllpresse gefunden. Dort finden wir mehr als genug halb gegessene Burger und Pommes, Kartons mit Popcornresten und halb volle Jumbo-Softdrinks, um überleben zu können. Aber es gibt keine Seife oder Zahnpasta und nur sehr wenig frisches Wasser. Ich spüre, wie diese Ernährung mich von innen aufzufressen beginnt.
    Für Rhoda scheint das alles nichts Neues zu sein. Mit einem zufriedenen Seufzen kuschelt sie sich zum Schlafen in unser Plastikbett. Ich will gar nicht daran denken, wie sie vorher gelebt hat. Sie öffnet die Augen, sieht, wie ich sie beobachte, und verkündet lächelnd, dass ich sie mal kann. Ich gehe zu unserem Pinkelloch in dem nie fertiggestellten Restaurant, das wir Seashore getauft haben. Manchmal sitzen wir an einem der Tische, lassen die Blicke über den Parkplatz schweifen und lauschen dem unterirdischen Rauschen des draußen ausgesperrten

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