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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Beige und eventuell mal ein zartes Steingrau.
    Ich trinke nach meinem Schnellshopping noch einen schönen Milchkaffee und beschließe, das Listenschreiben zu vertagen. Meine Stimmung ist erheblich besser als noch vor zwei Stunden.
    Vielleicht sollte ich in den neuen Klamotten noch ausgehen. Wenn man schon mal in der Stadt ist – warum nicht, ermuntert mich die neue bunte Andrea. Rudi ist ja daheim, falls was mit den Kindern wäre, und Christoph ist ja schließlich auch unterwegs. Gleiches Recht für alle. Wer sagt eigentlich, dass ich brav daheim sitzen und warten muss bis Christoph ermattet nach Hause kommt und seine Golf-Anekdötchen erzählt? Ich glaube, eigentlich erwartet das wirklich niemand. Ich habe es nur einfach getan. Auch aus Mangel an Gelegenheit.
    Die brave Mutti in mir ermahnt mich allerdings erst mal, zu Hause anzurufen und zu klären, ob das okay geht. Muss ich denn um Erlaubnis fragen? Nein, aber Bescheid sagen ist ja eher eine Sache der Höflichkeit. Rudi hat kein Problem damit, dass ich noch was erledige und erst später komme.
    »Isch hab aach zu tun, des is hier komplizierter als gedacht!«, informiert er mich.
    »Essen ist in der Küche«, teile ich ihm mit (Wo auch sonst. Aber bei Männern weiß man ja nie!), »genauer gesagt in den Tupperdosen.«
    Auf seine Never-Ending-Türgeschichte gehe ich einfach nicht ein. Ist mir gerade ziemlich egal.
    »Die Claudia is irschendwo unnerwegs, bei ner Freundin zum Lerne und der Bub is los, um Turnschuh zu kaufe. Ohne kann er ja werklisch nix mache.«
    Claudia ist zum Lernen bei einer Freundin – toller Witz. Und Mark, das arme Kind, braucht endlich mal Turnschuhe. Nicht mal das bringt mich aus der Ruhe. Ich will nur gerade nichts mehr davon wissen.
    »Ich danke dir, Rudi, und warte nicht, es kann spät werden!«, verabschiede ich mich.
    Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten. Ich könnte eine Freundin anrufen, mit ihr irgendwo gemütlich zusammen sitzen und ein Gläschen Wein trinken. Oder ich könnte allein ausgehen. Eine Option, die ich normalerweise nicht mal in Betracht ziehe. Man sitzt alleine immer ein bisschen da wie bestellt und nicht abgeholt. Aber heute will ich nicht über mein Leben plaudern. Und darauf läuft es aber immer hinaus, wenn man mit Freundinnen ausgeht.
    Also gehe ich doch mal wieder zum Apfelwein, beschließe ich – da sitzt man an langen Tischen, redet mit Fremden und gutes Essen gibt es auch.
    Als ich am Parkautomaten bezahle, steigt ein Hauch von Angst in mir auf. Was, wenn der unverschämte Jaguar-Typ jetzt auch gerade zu seinem Auto geht? Wenn da unten längst ein Großaufgebot an Polizisten alles abgesperrt hat? Wenn sie inzwischen anhand meines Autokennzeichens meine Identität herausgefunden haben und mich schon suchen? So oder so – ich kann mein Auto nicht hier lassen.
    Ich versuche, so unauffällig wie möglich, zu meinem Wagen zu kommen. In meiner neuen Pink-Lila-Grün-Montur natürlich ein gewagtes Unterfangen. Aber – es geht gut. Der Jaguar ohne Kühlerfigur steht noch auf dem Frauenparkplatz und von Polizei oder Parkwächtern ist nichts zu sehen. Ich atme auf, steige in mein Auto und fahre los.
     
    Beim Apfelwein ist es sehr lustig. Ich springe über meine diversen Schatten und spreche einfach Menschen an. Was kann schon passieren? Man sitzt ja eh an langen Tischen eng beisammen und im schlimmsten Fall würgen sie einen ab und man bekommt eine Art Gesprächs-Korb.
    Ich habe Spaß mit drei Holländern, die ganz verzückt von dem »Saure Zeuch« sind und mich am liebsten noch in einen Club entführen würden. Es sind Mittdreißiger, die auf einer Tagung in Frankfurt sind. Alle drei nicht unbedingt irrsinnig attraktiv, aber locker und gesellig. Genau das, was ich heute brauche. Ihr Deutsch ist niedlich. Als sie mich fragen, was ich beruflich mache, entscheide ich mich für Neurochirurgie. Heute bin ich nicht Andrea Schnidt, Mittvierzigerin aus der Vorstadt, verheiratet, zwei Kinder, sondern heute erfinde ich mich einfach mal komplett neu. Das macht immensen Spaß, und ich fühle mich großartig. Den Holländern kann es ja völlig egal sein, ob das, was ich da erzähle, der Wahrheit entspricht. Wir werden uns nie mehr wiedersehen und insofern spielt es also auch absolut keine Rolle. Meine Rolle hingegen gefällt mir ausnehmend gut. Spannender als die Realität ist sie allemal. Die drei sind angemessen beeindruckt von meiner beruflichen Tätigkeit, finden es total irre, dass ich auf Wellenreiten stehe und

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