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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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ein.
    »Würde nicht schaden, hier noch mal durchzuputzen!«, erklärt er mit Blick in unser Wohnzimmer. Bevor ich Schnappatmung bekommen kann, ist er auch schon weg.
    »Also bis um Sieben, ich beeile mich. Die Dollingers kommen um halb acht – nicht vergessen!«, ruft er noch zum Abschied.
    Man könnte meinen, Prinz William und seine Kate kämen zum Dinner – so ein Theater macht mein Mann. Ich würde am liebsten zurück ins Bett kriechen. Aber das geht schon wegen Rudi nicht.
    Früher gab es Momente, da bin ich, kaum dass Mann und Kinder aus dem Haus waren, zurück ins Bett geschlüpft. Decke über den Kopf und alles schön verdrängen. Ich bin Meisterin im Verdrängen. Das Alter ist mir dabei enorm behilflich. Ich muss mittlerweile gar nicht mehr soviel verdrängen, weil ich sowieso irre viel vergesse. Eine Zeit lang habe ich mir deshalb Gedanken gemacht und sogar mal einen Alzheimer-Test in einer Zeitschrift gemacht. Angeblich ist es aber völlig normal, dass man Dinge vergisst. Wenn man einen Schlüssel in der Hand hat und nicht mehr weiß, wozu man den braucht – dann sollte man sich allerdings ernsthaft Sorgen machen. Namen vergessen, Geburtstage vergessen – all das gehört zum normalen Verfall und ist, so behaupten Experten, absolut normal.
    Ich muss heute noch um zehn Uhr ins Büro, immerhin nur für einen halben Tag, aber deshalb ist es mit dem Noch-Mal-Zurück-Ins-Bett-Gedanken leider nichts. Das wird garantiert ein wunderbarer Tag: Büro, Essen vorbereiten und abends die Dollingers. Ich kann mich vor Begeisterung kaum einkriegen …
    Schnell rein in die Büroklamotten, dann das Essen für die Kinder vorbereiten (und natürlich auch für Rudi) und raus ins Arbeitsleben. Kurz bevor ich das Haus verlasse, kommt Rudi auf mich zu: »Andrea, hast de Zeit gehabt des ema dörschzugucke, also isch mein die Trauerred, klappt des?«
    Verdammt, die Trauerrede. Ich habe nicht mal eine Idee, wo ich den Zettel mit seinen Notizen hingesteckt habe. Ich fühle mich direkt schuldig. Unsensibel, grob und egoistisch. Wo um alles in der Welt ist bloß die Trauerrede? Rudi schaut mich erwartungsvoll an.
    »Rudi, jetzt ist es ganz schlecht, ich kümmere mich später darum. Ich muss ins Büro. Für die Kinder und dich ist Lasagne im Tiefkühlschrank. Einfach in die Mikrowelle. Ich bin heute Nachmittag wieder da. Ach, und wegen der Tür – Christoph hat die alte doch um einiges besser gefallen.« Mir auch, aber das muss ich dem armen Rudi ja nicht auch noch aufs Brot schmieren.
    »Danke, Andrea, ich guck was isch mache kann mit eurer Tür. Un es wär escht schee, wenn de die Red halte könntest. Es kann ja jederzeit so weit sein!«
    Diese ständige Todesphobie ist wirklich ein wenig anstrengend. »Morgen Rudi«, vertröste ich meinen Schwiegervater, »morgen werde ich mir das alles mal in Ruhe angucken!«
    »Danke!«, sagt er mit einem Pathos in der Stimme, als hätte ich ihm gerade eine meiner Nieren überlassen.
    »Ach«, frage ich noch, »heute Abend haben wir Besuch, willst du mit uns essen?«
    Mein Schwiegervater senkt den Kopf und schüttelt ihn leicht.
    »Ne, mach der kaane Umstände, ich ess mit de Kinnern. Un du weißt ja, isch hab eh kaan Appetit, isch will euch aach den Abend net verderbe.«
    Da die Dollingers kommen, ist der Abend längst verdorben, aber das jetzt noch eben Rudi zu erklären, ist zu umständlich.
    »Wie du willst«, sage ich und tätschle Karl und Rudi zum Abschied freundlich den Kopf. »Bis später ihr zwei, macht’s euch schön!«
     
    Im Büro herrscht schlechte Stimmung. Passt heute perfekt zu meiner Laune. Unsere Auftragslage ist mies, und wir alle hier ahnen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die ersten rausfliegen. Da ich noch nicht wirklich lange hier arbeite und noch dazu zu den Älteren gehöre, werde ich sicherlich eine davon sein. Wäre ich traurig? Ja und nein. Ja, weil man einfach nicht gerne auf der Verliererseite steht – eine Kündigung ist schließlich kein Stimmungsaufheller. Nein, weil mir das Ganze hier schon lange nicht mehr besonders viel Spaß macht. Zu Beginn meiner »Texterkarriere« war alles aufregend. Ich war der neue Stern am Kreativenhimmel. Obwohl – die Arbeit selbst war gleich nicht ganz so aufregend. Textzeilen für Putzmittel und Handcremes zu erfinden, ist nicht direkt glamourös – um nicht zu sagen belanglos. Wenn es nur das Texten an sich wäre, könnte die Sache eventuell ja noch Spaß machen – aber egal wie profan der zu bewerbende

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