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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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ausreichend, oder?«
    Da ist argumentativ nicht viel dagegen zu sagen. Nachdem ich Claudias Zeugnis gesehen habe, finde ich rückblickend das meines Sohnes geradezu grandios. Eine Fünf in Chemie, ansonsten fast nur Vierer. Kunst, Religion und Sport – Drei. Der Lichtblick: Eine Zwei in Deutsch. Wundersam, so wortkarg wie sich meine Tochter zu Hause gibt.
    »Ich hab euch ja gesagt, dass mir Schule nichts gibt!«, geht sie in die Offensive.
    »Du der Schule anscheinend auch nichts!«, antworte ich.
    Man muss ja nicht alles ohne Widerrede schlucken. Das ist nicht mal mehr ein Mittelklasse-Zeugnis. So was kann man sich nicht mal schön trinken. Selbst Pilze – meine neuen, geheimen Lieblinge – wären da vermutlich hilflos.
    »Das ist richtig schlecht!«, platzt es aus mir raus.
    »Und? Ist doch egal«, blafft sie zurück, »ich will ja eh nicht mehr hin.«
    »Aber ein Abschluss wäre ja auch für deine zukünftige Arbeitskarriere eine feine Sache. Oder möchtest du Hilfsarbeiterin werden? Regale einräumen, Laden wischen, Toiletten putzen? Oder heiraten und hoffen, dass dein Mann dir ab und an mal ein paar Scheine rüberschiebt?«, versuche ich, meine Tochter zu überzeugen.
    Als Reaktion zuckt sie nur kurz mit den Schultern. Das scheint sie nicht sonderlich zu beeindrucken. Ich erspare mir eine weitere Diskussion und hoffe auf die heilsame Wirkung des Ferienjobs. Der Baumarkt muss es richten. Unsere pädagogische Maßnahme.
    »Wann seid ihr weg?«, will sie noch wissen, bevor sie in ihr Zimmer verschwindet.
    »Morgen fährt dein Bruder und übermorgen fliegen wir«, sage ich und frage mich insgeheim, ob es eine gute Idee ist, sie hier, mit ihrem Opa, alleine zu lassen. Ich werde noch mal in Ruhe mit Rudi reden, um ein paar Verhaltensmaßregeln abzustimmen. Nicht, dass Madame denkt, sie könne munter Abend für Abend in irgendwelche Clubs entschwinden und sich einen flotten Lenz machen.
     
    Christoph ist komplett entsetzt, als er abends die Zeugnisse seiner Kinder sieht. »Seine Kinder« mit »seinen Genen« verkaufen sich, laut Christoph, meilenweit unter ihren Möglichkeiten. Ich bin mir da nicht ganz so sicher. Natürlich sind sie ziemlich faul. So wie fast alle in diesem Alter. Alles andere wäre schon fast seltsam. Aber vielleicht sind sie eben auch nicht die hellsten Lichter unter der Sonne. Allein der Gedanke verbietet sich eigentlich für eine gute Mutter. Es ist auch nicht so, dass ich meine Kinder für doof halte, aber wie schon erwähnt – ich bin Realistin.
    Christoph hält beim Abendessen, zur Begeisterung aller Beteiligten, eine Ansprache zum Thema Schulleistungen.
    »Ab jetzt, meine Lieben, wird sich hier einiges ändern. Tägliche Hausaufgabenkontrolle zum Beispiel. Frühzeitiges, gründliches Lernen für Klassenarbeiten. Wir werden alles kontrollieren. Das wollen wir doch mal sehen!«, beendet er seinen Monolog.
    »Und wer kontrolliert das alles?«, frage ich vorsichtig nach und ahne, dass es hierfür nicht besonders viele Möglichkeiten gibt.
    Eigentlich kommt für diesen außerordentlich attraktiven Job nur eine in Frage: Ich! Welch hübsche Perspektive für das neue Schuljahr. Das fehlt mir gerade noch. Die Kinder sagen gar nichts. Immerhin wissen sie, wann es besser ist, die Klappe zu halten und das spricht für eine gewisse emotionale Intelligenz. Noch ist also nicht alles verloren. Auch ich äußere mich erst mal nicht. Ich denke nicht im Traum daran, mir das nächste Jahr mit täglicher Hausaufgabenkontrolle zu versauen. Zudem habe ich auch gewisse Zweifel, ob das eine wirklich Erfolg versprechende Methode ist. Die Kinder sind ja nicht mehr sechs und neun. Sollte man ab einem gewissen Alter nicht in der Lage sein, die Minimalanforderungen der Schule – sprich die Hausaufgaben – ohne Muttis Hilfe zu bewältigen? Ich will einfach nicht zu den Müttern gehören, die sich an den Referaten ihrer Kinder abarbeiten. Ich kenne sogar eine, die extra einen Powerpoint-Kurs belegt hat, nur um die Referate ihres Sohnes hübscher zu gestalten. Wie bescheuert sind wir mittlerweile eigentlich? Und mal ehrlich: Wem bringt diese Mehrarbeit was?
     
    Beendet wird die unerfreuliche Schul-Thematik zum Glück von einem Anruf. Es ist Pilz-Gaby, meine neue Freundin, die wissen will, was das für ein Wahnsinnswodka neulich bei uns war.
    »So geil habe ich mich lange nicht gefühlt!«
    Ich kenne mich mit Wodkamarken nicht aus, deshalb fällt mir so schnell auch keine ein, und ich versuche Zeit zu

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