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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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wenigstens aufbringen.
    Da ist wohl auch mal ein Gespräch fällig. Vielleicht muss man Dinge einfach auch ansprechen, um so etwas wie ein Unrechtsbewusstsein zu schaffen. Eventuell merkt meine Mutter gar nicht, was sie da macht. Der Gedanke, dass es wenigstens quasi aus Versehen, also unabsichtlich passiert, hat etwas Tröstliches. Obwohl ich mir bei meiner Mutter nicht wirklich sicher bin …
     
    Ich schlafe schlecht. Träume wild und liege länger wach. Wieder schwitze ich vor mich hin. Mein Bettzeug fühlt sich klamm an, nicht richtig nass, aber unangenehm, leicht feucht. Auch das noch. Ein vehementer Wechseljahrangriff. Das fehlt mir noch.
    Man fühlt sich direkt alt, unattraktiv – und raus aus dem Rennen. Fragt sich nur welches Rennen? Ich bin ja seit Ewigkeiten nicht mehr am Start. Ich habe nicht mal eine Startnummer, sondern stecke quasi noch in der Umkleide. Will ich denn überhaupt mitrennen oder doch lieber zusehen, wie sich andere abrackern? Bin ich nicht aus dem Alter raus, mich wieder in der Startlinie einzureihen? Bleibe ich deshalb in einer Beziehung, die man nur mit viel Wohlwollen als solche bezeichnen kann? Bin ich einfach zu faul, um noch mal auf Start zurückzugehen? Oder zu vernünftig und pragmatisch? Man landet doch immer wieder an diesem Punkt, oder? Gibt es Beziehungen, große Lieben (außer der von Rudi und Inge) die nie an diesen Punkt kommen? Partner, die sich ein Leben lang lieben, begehren und deren Herz, allein beim Anblick des anderen, höher schlägt? Ich werde rührselig, und das um vier Uhr morgens. Christoph jedenfalls hat keinerlei Schlafstörungen. Wie er so daliegt, überkommt mich Zuneigung. Sein Anblick ist nicht aufregend, aber so vertraut. Das gibt ein warmes Gefühl.
    Vielleicht können wir unsere Liebe wiederbeleben. Der Urlaub wird unser Liebesdefibrillator … hoffentlich.
    Wie gerne würde ich ihn wecken, um ihm das mitzuteilen. Stattdessen schiebe ich mich ein bisschen näher zu ihm auf seine Seite – schon um meine klamme Betthälfte zu verlassen. Er ist warm und gibt zarte Grunzer von sich. Auch er ist älter geworden. Sein Mund steht leicht offen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie ich im Schlaf aussehe …
    Liebesdefibrillator – damit könnte man wirklich Geld verdienen, denke ich noch, und dann schlafe auch ich.

7
    Endlich! Der letzte Schultag vor den Ferien ist da.
    Sechs lange Wochen und ein ernüchternder Blick auf die Zeugnisse liegen vor uns. Christoph muss noch einen letzten Tag arbeiten, ist aber beim Aufstehen ein bisschen freundlicher als gestern.
    »Wir müssen wirklich mal reden!«, sagt er, als er sich ins Büro verabschiedet. »Ich werde mir die Zeit nehmen, Andrea!«
    Sehr freundlich von ihm. Dass er Redebedarf hat ist hingegen fast verdächtig. Hat er ein Verhältnis und will beichten? Will er sich trennen? Fühlt auch er sich nicht wohl?
    Obwohl auch ich glaube, dass wir einiges zu besprechen haben, finde ich den Gedanken, dass er das genauso sieht, bedenklich. Wieso will Christoph auf einmal freiwillig reden? Seit wann suchen Männer freiwillig das Gespräch? Was wäre, wenn er sich tatsächlich scheiden lassen will? Würde mich das ins Unglück stürzen oder nur meinen Stolz extrem verletzen?
    Während ich dieses Was-Wäre-Wenn-Kopfspiel intensiv betreibe, piepst mein Handy. Eine SMS . Von Herrn Reimer!
    Packe gerade die Badehose in den Koffer und muss an sie denken!
    Sie kleingeschrieben, aber trotzdem – schmeichelhaft.
    Wäre Herr Reimer eine Alternative? Ich bin wirklich von der Rolle, sonst könnte ich so etwas ja wohl kaum ernsthaft in Erwägung ziehen. Ich habe Herrn Reimer genau zweimal in meinem Leben gesehen und vielleicht eine halbe Stunde mit ihm gesprochen. Denke ich im Ernst, dass er einen Mann ersetzen könnte, mit dem ich Jahrzehnte verbracht habe? Wie verrückt ist das denn?
    Wird es überhaupt mal einen geben, bei dem ich mir das vorstellen kann? Kann man eine solche Vertrautheit jemals wieder erreichen, oder ist genau diese Vertrautheit auch Teil des Problems? Tötet die Vertrautheit das Prickeln? Das Aufregende? Gehen Vertrautheit und Prickeln einfach nicht zusammen? Muss man sich entscheiden? Braucht man langfristig beides? Vermisst man immer, was man nicht hat? Irgendwie komme ich bei diesem Thema keinen Deut weiter. Gibt es eventuell gar keine Lösung? Kann man gar nicht weiterkommen, weil man sich eben für eins entscheiden muss?
    Soll ich sofort zurücksimsen oder lieber warten? Oder vielleicht gar

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