Lackschaden
Verpackung seines Golfequipments: Schläger, Schuhe, Golfhandtücher, Tees, Pitching-irgendwas. Und vor allem quält er sich mit der wirklich wichtigen Frage, die uns selbstverständlich alle rasend interessiert: Welcher Putter darf mit auf die Reise?
Ich widme mich unserer Tochter. Ein paar Absprachen und Regeln können ja nicht schaden.
»Dass wir wegfahren ist ein großer Vertrauensbeweis!«, starte ich in unser Gespräch.
»Na ja, man könnte es auch großen Egoismus nennen!«, unterbricht sie mich direkt. »Das eine Kind ins Ferienlager, das andere muss Geld verdienen, und die Eltern legen sich schick in die Sonne und lassen es sich verdammt gutgehen.«
Ferienlager! Wie das klingt. Das Fußballcamp kostet immerhin fünfhundertfünfzig Euro. Claudia weiß außerdem genau, dass sie nicht zum Geldverdienen in den Baumarkt soll, sondern um einen ersten Einblick in die Welt der Arbeit zu erhaschen.
»Rede nicht so einen Unsinn!«, sage ich und weiß sofort, dass das wahrscheinlich taktisch nicht clever ist. Aber egal. Das hier ist ja auch kein gemütliches Schwätzchen unter Gleichaltrigen.
»Jetzt hörst du mir einfach mal zu!«, kehre ich deshalb die Erziehungsberechtigte heraus. »Du wirst dich an die Anweisungen deines Opas halten. Du wirst abends nicht nach Frankfurt fahren, du wirst pünktlich zur Arbeit gehen und hier keine Partys veranstalten, sonst kannst du echt was erleben. Benimm dich einfach.«
Meine geballte Autorität in drei kleinen Sätzen. Ha!
»Dagegen hört sich ja Jugendknast fast schon verlockend an!«, zischt sie mir entgegen, und ich sehe, wie ihre Mundwinkel leicht zittern. Sie ist mir doch ähnlich. Wenn ich richtig sauer bin, könnte ich auch immer gleich losheulen. Wutweinen. Aus Hilflosigkeit.
»Was denkt ihr eigentlich von mir! Nur Schlechtes?«
Sie schnieft. Es geht los. Sie fängt an zu weinen. Das war nun wirklich nicht das, was ich gewollt habe. Ich nehme sie in den Arm, sie sträubt sich und schluchzt.
»Nein, mein Schatz«, rede ich so beruhigend wie möglich auf sie ein, »wir denken nichts Schlechtes, aber wir waren auch mal jünger, und das, was du momentan so vor hast, gefällt uns einfach nicht besonders gut.«
»In dieser Familie ist einfach keiner auf meiner Seite!«, schluchzt sie weiter.
Ich würde am liebsten sagen: »Tja, ich weiß zu genau, wovon du redest, frag mich mal!«, aber da ich um unsere Rollenverteilung weiß – ich bin die Mutter, sie ist die Tochter – verkneife ich mir die Anmerkung und sage stattdessen:
»Das ist normal, das denkt man in deinem Alter, aber das ist doch Quatsch. Es geht gar nicht darum, wer auf welcher Seite steht. Wir wollen alle, dass es dir gutgeht.«
Dieses Gespräch läuft irgendwie komplett schief. Ich wollte ihr Anweisungen für die Zeit ohne uns geben, in der nötigen Strenge und Schärfe, jetzt aber sitze ich hier und tätschle meiner schniefenden Tochter den Kopf.
»Ich habe dich wirklich doll lieb!«, betone ich noch einmal und füge hinzu: »Also sei so gut und enttäusche uns nicht.«
Christoph hat es drei Stunden vor Abflug tatsächlich geschafft, seinen Kram zusammenzupacken. Seinen Golfkram und seine Golfklamotten. Den Rest hat er großzügig mir überlassen.
»Das macht dir doch nichts aus, mein Zeug eben mit rauszusuchen«, argumentiert er.
Es macht mir eigentlich sehr wohl etwas aus, aber ich tue es trotzdem. Einfach, weil die Diskussion darum in etwa die gleiche Zeit in Anspruch nehmen würde wie das Packen selbst.
Dass die Ehefrau für ihn den Koffer richtet, ist in vielen Familien absolut normal. Anita, meine Nachbarin, hat in einem Gespräch darüber mal gesagt, dass es ja auch Sinn macht, schon weil ihr Friedhelm sonst den letzten Krempel einpacken würde.
»Der hat dann seine olle Badehose, zwei T-Shirts aus der Studienzeit und zwei Treckinghosen für vierzehn Tage dabei. Und dazu drei Unterhosen. Das ist mir abends dann so peinlich, wenn der in seiner Zipperhose zum Büfett geht – da nehme ich das bisschen Arbeit lieber in Kauf!«
An dem Argument ist natürlich was dran. Aber eigentlich stinkt es mir. Es ist doch von einem erwachsenen Mann nicht zuviel verlangt, seine Siebensachen zusammenzupacken. Ich lege ihm ja auch morgens nicht seinen Anzug fürs Gericht raus. Außerdem finde ich, dass ich in diesem Haushalt sowieso überproportional viel erledige. Um nicht zu sagen, fast alles. Aber erstaunlicherweise wird das nicht honoriert. Es gilt irgendwie als selbstverständlich und ist
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