Lackschaden
nicht der Erwähnung wert. Und je mehr man macht – umso mehr wird es zur Selbstverständlichkeit …
Ich telefoniere kurz bevor wir das Haus verlassen, noch mal ausgiebig mit meiner Freundin Sabine, die was Männer angeht, wahrlich kein besonders geschicktes Händchen hat. Deshalb bin ich, was ihre Ratschläge angeht, generell auch eher vorsichtig. In meinem Fall klingt ihr Kommentar zur Situation nicht vielversprechend.
»Wenn du wüsstest was sich da draußen auf dem freien Markt an Männern tummelt, Not und Elend, würdest du ohne Frage bei Christoph bleiben«, meint sie nur trocken.
Ausharren und auf bessere Zeiten hoffen, nur weil die Lage auf dem Männermarkt betrüblich ist?
»Mach dir jetzt erst mal einen schönen Urlaub, lass es krachen, hab mal wieder wilden und verrückten Sex, und dann guckst du noch mal neu auf die Situation. Vielleicht brauchst du nur mal einen Tapetenwechsel!«, rät sie mir.
Vielleicht. Aber wenn das alles ist, was mir fehlt, ein Tapetenwechsel, warum rumort es dann so vehement in mir?
»Wir müssen los!«, ruft es aus dem Wohnzimmer.
Christoph ist bereit zur Abfahrt. Rudi und Claudia stehen parat. Sie will wahrscheinlich mit eigenen Augen sehen, wie wir die Tür hinter uns zuziehen. Ich bin nicht sicher, ob mein Schwiegervater und Claudia das hier in meinem Sinne regeln. Irgendwie habe ich ein äußerst ungutes Gefühl. Christoph scheint es ähnlich zu gehen.
»Papa, du hast ein Auge auf Claudia, gell!«, beschwört er noch einmal seinen Vater.
»Ich bin doch kein Baby mehr!«, mischt sich Claudia ein.
»Genau deshalb!«, sagt Christoph, und ich muss ihm ausnahmsweise mal Recht geben.
Auf der Fahrt zum Flughafen fange ich tatsächlich an, mich zu entspannen. Endlich Urlaub. Urlaub nur mit Mann. Keine Kinder – stattdessen Golf, die Dollingers und die Heines – und dazu noch all die anderen Menschen, die im Club Urlaub machen. Ob das mit denen besser ist als mit den eigenen Kindern, deren Unzulänglichkeiten man wenigstens kennt? Immerhin fliegen wir ohne die Dollingers und die mir unbekannten Heines hin. Noch ein bisschen Ruhe …
Schon beim Einchecken fällt mir die absonderliche Mischung der Passagiere auf. Während Christoph mit der Air-Berlin-Bodentante diskutiert, ob Golfgepäck extra bezahlt werden muss oder nicht, habe ich Zeit, die Mitfliegenden in der Schlange einer genaueren Musterung zu unterziehen. Die Mischung ist wirklich bizarr.
Da ist die Upperclass-Golffamilie – Vati und die Kinder mit aufgestellten Kragen und komplett in Polo Ralf Lauren, Mutti mit Louis-Vuitton-Täschchen und fettem Einkaräter (wenn nicht mehr, aber leider kenne ich mich damit nicht so aus). Hinter ihnen eine muntere Gruppe Männer. Alle um die Mitte Zwanzig und mit Bierdose in der Hand. Auf ihren neonorangefarbenen T-Shirts prangt eine hübsche Urlaubsbotschaft: Ficken, blasen, saufen: Malle wir kommen! Na, da wird sich Malle bestimmt riesig freuen. Die Upperclass-Mama dreht sich alle paar Minuten mit angewidertem Blick nach hinten um. Dass sie mit derartigem Pöbel in einer Maschine wird sitzen müssen, macht ihr sichtlich zu schaffen. Wiederholtes Kopfschütteln soll ihre Haltung wohl verdeutlichen.
Ich bin nicht sicher, welche Gruppe ich schlimmer finde. Christoph sympathisiert natürlich mit der Golferfamilie. Er strahlt die Einkaräter-Tussi an, als gelte es, sie jetzt und hier zu erobern.
»Geht’s auch zum Golfen?«, fragt er, obwohl das bei dem Gepäck ja offensichtlich ist.
Peinlich dieses Angewanze. Sie schaut erstaunt auf, sieht Christoph an, mustert ihn von oben bis unten und entschließt sich dann tatsächlich, mit ihm zu reden.
»Wir fahren auf unsere Finca!«, antwortet sie, um gleich mal klarzumachen, dass sie nicht etwa eine schnöde Pauschaltouristin ist.
»Herrlich«, schwärmt Christoph, »wir denken auch darüber nach, uns ein Ferienhaus anzuschaffen!«
Tickt der noch richtig? Seit wann denn das? Und vor allem – wovon? Haben wir immense Geldreserven, von denen ich nichts ahne? Ein Ferienhaus? Ich wäre froh, wir hätten unser Reihenhaus abbezahlt.
»Wir haben es nie bereut«, legt Frau Einkaräter jetzt richtig los. »Es ist doch was völlig anderes, ins eigene Zuhause zu fahren.«
»Natürlich«, beteuert Christoph, und ich würde zu gerne wissen, wie er das so vehement behaupten kann. Meiner Information nach besitzt Christoph kein Ferienhaus und war mit seinen Eltern jahrelang im Wohnmobil unterwegs.
»Vielleicht sieht man sich
Weitere Kostenlose Bücher