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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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dieser Fremden zunehmend brüchiger zu werden schien. Vor seinen Augen begann sich alles zu drehen. Sigi fiel in den Wagen hinein, und in diesem Fallen verschwanden die Autositze, das Auto, die Raststätte, ja, die ganze Situation in irgendeiner Falltür seines Bewusstseins, während eine andere Tür tief in ihm dröhnend aufschlug. Aus ihr quollen Bäume, sehr große, dunkle, unendlich viele Bäume wie eine einzige grüne Flut, umschwemmten ihn wie ein rasendes Meer und ließen nur eine winzig kleine Insel frei, auf der Sigi stand, und vor ihm lag diese Frau, eingebettet in Glas. Aber dieses Bild blieb nicht, wenn es auch Zeit für ein Entsetzen ließ, dessen Wurzeln bis in Sigis Grund reichten. Das Bild zerbarst in schrillen Farben, und Sigi fand sich halb über Mundas Sitz liegend wieder, die derweilen auf der anderen Seite des Autos ausgestiegen war.
    "Was ist denn mit dir los? Bist du müde, möchtest du erst mal schlafen, dann fahr` ich die nächsten Kilometer ?", sagte sie irritiert.
    Das war seine Munda. Ihre blauen Augen, die blonden Haare ließen Beruhigung und damit neue Kraft in ihn einfließen. Sie tranken Kaffee, aßen einige Baguettes, die ihnen eine noch sehr schläfrige Wirtin servierte. Was sind schon vierzehnhundert Kilometer Autofahrt für zwei junge Menschen, die so stark und jung sind? Bis Mannheim fuhr Munda. Danach übernahm Sigi wieder das Steuer.
    Etwa auf der Höhe von Neuwied entdeckte Sigi plötzlich ein Nebelband, das quer über der Autobahn lag.
    Die Sonne hatte vom frühen Morgen an ununterbrochen geschienen. Der Sommer zeigte sich noch einmal in all seiner Farbenpracht. Die Außentemperatur betrug 32 Grad Celsius, die Innentemperatur des Wagens war sicher noch wesentlich höher, weil der VW-Käfer damals noch nicht über eine Klimatisierung verfügte.
    Und aus heiterem Himmel erschien da dieses Nebelband, wie eine weiße Mauer quer über die Autobahn gebaut. Sigi wurde unsicher. Sollte er anhalten? Abbremsen war sicher angebracht. Sanft glitt ihr Wagen in die weiche, weiße Mauer. Da merkte er, dass sich seine Hände selbstständig machten. Sie krampften sich betonhart um das Steuer. Vollkommen hilflos sah Sigi seine Hände an, die sich anfühlten als hätten sie sich in gefühllose Zangen verwandelt. Sie packten das Steuer, das gar kein Steuer mehr war, sondern, wie Sigi fassungslos erkannte, ein schlanker weißer Hals. Sigi erkannte entsetzt diesen weißlichen Belag wieder, der wie zu harte Schminke unter seinem schrecklichen Griff abzubröckeln begann. Die Knöchel seiner Finger traten weiß hervor, als er diesen Hals zusammenpresste. Es war wieder SIE, die er eben noch unter Glas gesehen hatte. Sie sah Sigi mit starrem Blick aus hervorquellenden Augen an. Sigi spürte, dass der weiße Hals, den er immer noch umklammerte, neues Leben, neue Kraft gewann. Unter der Kraft seiner Finger fühlte er diese beiden starken Muskeln an der Vorderseite des Halses und den harten Kehlkopf. Sigi konnte seine Hände nicht lösen. Schweiß rann ihm in die Augen, versengte seinen Blick, aber er konnte seine verdammten Hände nicht öffnen, nicht einen Millimeter.
    Die Frau verdrehte die Augen nach oben. Nur noch das Weiße war zu sehen.
    Er biss sich auf die Lippen, um durch den Schmerz in die Wirklichkeit zurückzukommen. Aber er hielt nicht lange durch. Ihn verließ alle Kraft.
    Munda sah, wie Sigi zur Seite fiel. Sie riss seine Hände vom Lenkrad, griff geistesgegenwärtig ins Steuer und zog den Wagen in sanftem Bogen auf den rechten Seitenstreifen. Sie trat an Sigis Beinen vorbei auf die Bremse und zog mit dem Schaltknüppel einfach den Gang raus. Erst als der Wagen mit heulendem Motor zum Stehen kam, hob sie Sigis Bein vorsichtig vom Gaspedal und stellte den Motor ab.
    Hitzschlag? Kreislaufkollaps? Was sollte sie tun? Sie drehte Sigi auf die Seite, wie sie es im Erste-Hilfe-Kurs gelernt hatte. Sigis Gesicht erschien ihr krebsrot, und auf seinen Lippen erkannte sie Blutstropfen.
    "Du musst ganz ruhig atmen!" , drang sie auf ihn ein und wiederholte es immer wieder, auch, um sich selbst zu beruhigen.
    Munda begann in ihrer Reisetasche nach etwas Flüssigem zu suchen. Sigi hörte ihre Stimme aus unerreichbarer Ferne. Seine innere Bildebene produzierte nur noch blutrote wabernde Nebel. Nur sehr langsam verflüchtigten sich die Nebel. Er erkannte wieder Mundas Gesicht, fragend, sehr besorgt, Munda, die sich über ihn beugte und überlegte, wie sie ihm am besten helfen könnte. Sie fand ein paar

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