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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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anderen Gästen, leicht beschwingt, als hätten sie schon ein Glas Sekt getrunken. Auch der ein oder andere erstaunte Seitenblick eines älteren Gastes (sie schienen überhaupt die einzigen noch relativ jungen Leute hier zu sein) irritierte sie nicht. Die Sonne war den Erholungssuchenden treu geblieben. So lag der Gedanke nahe, den Morgen mit einem kleinen Bad zu begrüßen. Da der See zum Hause gehörte und eifersüchtig vor fremdem Zugang geschützt wurde, waren sie allein, als sie sich auf der Betonplattform zum Schwimmen auszogen. Elke trug einen herrlich schimmernden smaragdgrünen Bikini, Eben eine einfache schwarzweiß gestreifte Badehose. Sie sprangen wie Kinder platschend ins Wasser und brachen die Oberfläche des Sees mit weiten, eher kraftvollen als wirkungsvollen Schwimmzügen.
    Sie mochten etwa drei Längen voneinander entfernt gewesen sein, als Eben wahrnahm, dass sich Elke auf dem Rücken schwimmend, ohne es selbst zu bemerken, einer riesigen schwarzen Fläche näherte, die sich unversehens hinter ihr ausgebreitet hatte. Mit einem Schlag kehrten alle Ängste des Vortages in Ebens Seele zurück. Er versuchte ihr eine Warnung zuzurufen, aber gerade, als er den Mund öffnete, schlug ihm eine Welle Wasser hinein, die er offenbar selber durch eine hastige Schwimmbewegung aufgewühlt hatte. Eben verschluckte sich, er musste krampfhaft husten, die Tränen traten ihm in die Augen. Noch einmal versuchte er zu rufen, aber seinem Mund entquoll nur dunkles Wasser und ein röchelnder Laut. Elke wurde auf ihn aufmerksam, verstand aber seine wilden Bemühungen, ihr näher zu kommen, völlig falsch, lachte, schwamm weiter und … verschwand.
    Wie ein Rasender peitschte Eben mit seinen Armen das Wasser. Er schwamm rasen d schnell auf die Stelle zu, an der Elke verschwunden war. Eben fasste wild suchend hierhin und dorthin im undurchsichtigen Wasser. Er bekam schließlich Elkes Haar zu fassen, dieses wunderschöne Haar, dessen unirdischen Glanz er noch vor kurzer Zeit im Licht der Sonne bewundert hatte.
    Eben zog und wand sich die langen Strähnen mehrfach um die Hand. Dann wollte er wieder ziehen. Aber er wurde von einer Kraft unter Wasser gerissen, die die seine bei Weitem überstieg. Eben aber fühlte kein Wasser mehr. Er fühlte sich nur noch hineingerissen in den Sog, vor dem er schon immer Angst gehabt hatte. Und da war nichts Festes mehr, woran er sich hätte halten können. Vage spürte er noch Elkes Haar in seiner Hand, das nicht er, sondern das ihn festhielt, dann nichts mehr.
     

Mauer
    August 1976
    Sigi und Munda waren in Spanien gegen Abend aufgebrochen. Im Morgengrauen hatten sie Frankreich schon durchquert. Ihr kleiner Wagen, ein VW 1200 Käfer, fraß nun schon deutsche Straßenkilometer. Sie hatten einen schönen Urlaub hinter sich. Die Costa del Sol war bereit gewesen, ihnen alles zu bieten, was sie für die körperliche Erholung brauchten. Vollgesogen mit intensiver Sonnenwärme sowie schönen Gefühlen beim Schwimmen und Tauchen, saßen sie im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Kräfte in ihrem kleinen Wagen, dicht an dicht. Auch im Zelt lagen sie immer dicht an dicht. Sie konnten sich einfach gut riechen. Da gab es keine Probleme.
    "Ich brauche Kaffee", sagte Sigi und steuerte kurz vor Trier eine Raststätte an. Die Zeiger seiner Uhr, die er gerne auch zum Tauchen benutzte, zeigten sieben Uhr morgens an. Ein Blick in Mundas helle, blaue Augen sagte Sigi, dass auch sie einer Pause nicht abgeneigt sein könnte.
    Munda bewegte die Lippen. Sigi sah es, aber er hörte sie nicht sprechen. Etwas irritiert unterbrach er sein Aussteigen und wendete sein Gesicht noch einmal in das Wageninnere. Da sah er es ganz deutlich. Munda bewegte ihre Lippen, aber wieder hörte Sigi keinen Laut.
    War das überhaupt Munda?
    Diese Frau da auf dem Beifahrersitz, so, wie sie da saß, mit weit zurückgelehntem Oberkörper, das war doch nicht Munda?
    Diese Frau hatte eher dunkle, fast schwarze Haare. Ihre Augen hielt sie geschlossen, wie von zwei winzigen Vorhängen ihrer sehr langen und dichten Wimpern verdunkelt. Ihr Mund war grell, überrot geschminkt, ihre Haut schimmerte fahlweiß.
    Nervös fuhr sich Sigi über sein Gesicht. Seine Zunge, schon vom Durst seit längerem ziemlich trocken, klebte nun am Gaumen. Seine Hand erstarrte in der schon begonnenen Tastbewegung, mit der er sich durch Fühlen von der Wirklichkeit des Gesehenen überzeugen wollte. Mit Erschrecken und Ekel erkannte Sigi, dass die leblose Haut

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