Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
Sonnenpriester keinen Einfluss ausüben zu können? Er dachte an die befreiten Knaben. Als Prinz hätte ich die ganze Aktion vielleicht verhindern können. Wie viel Macht ist mir jetzt verliehen? Auf wen kann ich mich verlassen? Wer ist mein Feind?
Er würde viele Feinde haben, das war ihm klar. Neider und … Er zuckte zusammen. … und einen Mann, der selbst gehofft hatte, einmal König zu werden. Ein gefährlicher Mann, für den eine Welt zusammengebrochen sein musste: Gaidaron!
6
Gaidaron hatte mit Caelian einen Waffenstillstand geschlossen. Das verschaffte ihm etwas Luft. Diese Ruhe an der Beziehungsfront brauchte er, um mit den anderen Widerständen fertig zu werden. Caelian hatte recht: Er war immer noch der Neffe des Königs, und von seinen Verbündeten hatte sich keiner von ihm abgewandt, aber wer konnte schon wissen, was sie wirklich dachten? Zweifellos würde ihn keiner unterstützen, falls es gegen den Sohn des Königs gehen sollte. Wohl gab es genug unter ihnen, die lieber Gaidaron auf dem Thron gesehen hätten, aber kaum jemand würde es wagen, sich gegen den rechtmäßigen Thronfolger aufzulehnen.
Feiglinge allesamt!, dachte Gaidaron, während er begann, seine Pläne zu schmieden. Ja, Jaryn wird bald dem Totenvogel Nirgal begegnen. Aber zuerst muss ich etwas über Dorons Absichten erfahren. Wird er erpresst? Dann täte ich ihm mit der Beseitigung seines Sohnes sogar einen Gefallen! Ich kann ohnehin nicht glauben, dass Doron sich diesen Sonnenpriester als Nachfolger wünscht.
Wen konnte er mit einem Prinzenmord beauftragen? Es musste jemand sein, der Jaryn hasste und dem er hinterher die Schuld zuschieben konnte. Denn der Verdacht würde sich zuerst auf ihn selbst richten. Doch gab es so einen Mann überhaupt? Wer sollte diesen hübschen, aber unbedeutenden Jüngling hassen?
*
Es gab tatsächlich jemanden, der sich über den plötzlich aufgetauchten Prinzen ungute Gedanken machte: Borrak. Der Hauptmann der Eisernen Garde hatte immer noch Schmerzen von den fünfzig Hieben, die ihm wegen der Verdächtigung eines Sonnenpriesters verabreicht worden waren. Und nun war dieser Jaryn gar der Sohn des Königs! Borrak fürchtete nicht nur um seine Stellung, sondern auch um sein Leben, denn nun war er ganz sicher, dass sein Verdacht richtig gewesen war: Jaryn hatte gegen jedes Gesetz und jede Vernunft einen Gefangenen befreit, dessen Vater bereits auf den Zinnen Margans sein Leben ausgehaucht hatte.
Welchen Grund hatte der Sonnenpriester, ihn zu befreien?, grübelte Borrak, dem das Denken nicht so leicht fiel wie das Zuschlagen. Wäre es mit Einverständnis des Sonnentempels oder König Dorons geschehen, dann hätte er keine List anwenden müssen. Er hat also heimlich und gegen das Gesetz gehandelt! Doch der König will nichts davon hören …
Was für eine Bewandtnis mochte es mit diesem Rastafan haben? Er wurde geschützt, also konnte er kein gewöhnlicher Räuber sein. Vielleicht war er einigen hohen Herren unter dem Deckmantel des Halunken zu Diensten, und diese Sache mit den Knaben war von langer Hand geplant? Hatte der schlitzohrige Orchan etwas damit zu tun? Hatte Doron König Nemarthos um das Gold betrügen wollen, und war der Raub nur vorgetäuscht? Und hatte man ihn – Borrak – benutzt und in eine Falle laufen lassen?
Verflucht! Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er, dass es sich so verhielt. Und er konnte nichts dagegen tun! Zu allem Überfluss hatte man ihm auch noch aufgetragen, das Gold und die Knaben wieder zu beschaffen. Das war natürlich unmöglich. Jemand wollte ihn loswerden! Immerhin, genug Feinde habe ich ja, dachte Borrak nicht ohne Stolz. Aber das sind Leute, über die ich Macht ausüben kann. Wenn man mich weiter oben angeschwärzt hat, dann bin ich erledigt!
Er beschloss, sich so schnell wie möglich dem neuen Prinzen zu empfehlen. Das konnte nicht schaden und würde ihm zeigen, wo seine Feinde standen. Vielleicht ließ er sich auch nur durch überflüssige Bedenken narren.
7
Jaryn wohnte nun im Ostflügel ›Morgenröte‹. Seinen Rang als Sonnenpriester hatte er behalten, nur seine Unberührbarkeit war beschränkt auf jene Tage, an denen er an den öffentlichen Sonnenzeremonien teilnahm.
Sklaven und Diener umschwirrten ihn wie Bienen ihre Königin. Daran war er als Sonnenpriester gewöhnt. Dass er nur die kostbarsten Kleider trug und die erlesensten Speisen vorgesetzt bekam, oder man ihm auf ein Fingerschnippen oder das Zucken seiner Brauen gehorchte,
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