Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)
nicht aus Stein, aber auch nicht aus Wachs. Ich sehe zu, dass ich überlebe. Ich und meine Berglöwen. Das ist alles.«
»Ich würde dich für deine Hilfe auch bezahlen.«
»Was für eine Hilfe? Wie sollte ich denn helfen können?«
»Du könntest den Sklaventransport nach Khazrak mit deinen Berglöwen überfallen, die Knaben befreien und sie …« Jaryn stockte. Befreien ja, aber was dann? Darüber hatte er nicht nachgedacht. Doch es war nicht nötig, denn Rastafan fragte: »Was zahlst du mir denn?«
»Ich könnte dir die Kette – ich meine, ich würde dir ihren Wert in Goldringen auszahlen.«
Rastafan sah Jaryn lange an, dann nickte er langsam. »Du meinst es ernst, wie? Aber es ist nicht genug. Nemarthos zahlt für einhundert Knaben, wenn sie wirklich etwas taugen, ja, ich würde sagen, an die fünfzigtausend Goldringe. Kannst du mir so viel zahlen?«
Jaryn sah ihn entsetzt an. »Woher weißt du das?«
»Ich muss stets gut informiert sein, das bringt das Leben eines Räubers so mit sich.«
»Willst du damit sagen, du wickelst den Handel mit Nemarthos ab?«
Rastafan lachte trocken. »Aber nein, zu so großen Ehren sind wir noch nicht gekommen. Wir warten hübsch ab, bis die Ringe auf dem Weg nach Margan sind.« Dann wurde er ernst und packte Jaryn an der Schulter. »Verstehst du? Ich werde das Geschäft selbst machen. Deshalb kann ich dir nicht helfen, selbst wenn ich wollte.«
»Gemeinsam mit den schwarzen Reitern?«, fragte Jaryn, bis ins Innerste erschüttert.
»Ja. Es ist so ausgemacht mit ihnen. Ich kann nicht zurück, und ich will es auch nicht. Es tut mir leid, Jaryn, aber so ist es nun einmal.«
»Du willst dich also an den Knaben bereichern, die ebenso unter Dorons Herrschaft zu leiden haben wie du?«
»Falsch. Ich schöpfe nur am Ende den Rahm ab, sonst bekommt nämlich Doron das Gold, und das wollen wir doch alle nicht, oder? Ich habe den Befehl nicht gegeben, und ich treibe die Knaben nicht zusammen. Ich überfalle einen Goldtransport. Das ist mein Geschäft. Woher das Gold kommt, danach frage ich nicht. Oder kennst du Banditen, die nichts stehlen, weil sie von Skrupeln geplagt werden? Jaryn, Jaryn! Du machst eine Gefühlsverirrung durch, und von mir erwartest du, dass ich dir folge. Aber das geht nicht.«
»Ich dachte, wir wären Freunde.«
»Freunde?« Rastafan stieß ein kurzes Lachen aus. »Die Berglöwen, das sind meine Freunde! Magst du kein Sonnenpriester mehr sein? Nein? Dann komm zu uns. Ach, das kannst du nicht? Dann müssen wir getrennte Wege gehen. Was nicht heißt, dass wir uns nicht hin und wieder miteinander amüsieren können. Das würde mir fehlen.«
Jaryn erhob sich. Er war totenbleich, seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Alles umsonst. Es tat weh, die Wahrheit so ungeschminkt erfahren zu müssen.
»Wohin willst du, Jaryn?«
»Weg. Zurück nach Margan.«
»Mitten in der Nacht?«
»Ich bleibe nicht in deinem Zelt. Mir ist augenblicklich nicht danach, mich zu amüsieren.«
»Das ist sehr schade. Ich dachte, wo du schon einmal hier bist – aber wie du willst, dann werde ich dir ein eigenes Zelt geben.«
»Nein danke. Ich will fort von dir, fort von diesem Räuberlager. Ich schlafe lieber im Wald.«
»So leid es mir tut, Jaryn.« Rastafan erhob sich. »Ich kann dich nicht gehen lassen. Nicht, seitdem du von dem Überfall weißt. Das wirst du verstehen.«
Jaryn glaubte, sich in einem schlechten Traum zu befinden. »Ich – ich bin dein Gefangener?«
»Nur bis die Sache gelaufen ist. Es wird dir hier an nichts fehlen, glaube es mir. Allerdings wird hier wenig gebetet. Gesungen manchmal, aber etwas andere Lieder, als du sie gewohnt bist. Du wirst es überleben.«
Jaryn war entsetzt, welchen Verlauf sein Bittgang genommen hatte. Er spürte, hier war jedes weitere Wort zu viel. Seine Knie gaben nach. Stumm ließ er sich auf das Schaffell zurücksinken.
»Ich freue mich, dass du bleibst«, bemerkte Rastafan anzüglich, doch dann setzte er sich neben ihn und legte ihm den Arm um die Schultern. »Ich mag dich ja, Jaryn, und es tut mir leid, dass es so gekommen ist, aber ich bin bei Lacunar im Wort, ich kann es nicht brechen, selbst wenn ich wollte. Ich brächte auch ihn in Gefahr, wenn ich dich freiließe.«
»Lacunar?«, wiederholte Jaryn bestürzt, duldete aber Rastafans Umarmung.
»Der Bruder meiner Mutter und der Fürst von Achlad, ja.«
»Aber – ich hörte, Lacunar sei der Herr des Südwindes, der den Sandsturm aus der weißen Wüste
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