Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)
Weibsbild.«
Rastafan unterdrückte ein Grinsen. Aber so sehr ihn Lacunars Aussage auch belustigte, die Situation war ernst und bedurfte einer Klärung. »Was steckt hinter der Sache mit der Sklavenbefreiung?«
Lacunar schnaubte unwillig. »Ach die? Er hat herumlamentiert, dass die Knaben unrechtmäßig versklavt würden. Beim Geschwänzten! Als würde mich das Schicksal auch nur irgendeines Jawendorers interessieren. Das ist doch nur eine Ausgeburt seines unlogisch funktionierenden Weibergehirns, sonst nichts.«
Rastafan nickte. »Jaryn hatte allerdings dasselbe Anliegen.«
»Jaryn? Dieser andere Bursche? Wer ist das überhaupt? Seiner Kleidung nach dachte ich, er sei ein Bauer aus der Umgebung.«
»Tarnung, nichts als Tarnung, Lacunar. In Wahrheit ist er ein Sonnenpriester.«
Lacunar packte Rastafan aufgeregt am Arm. »Ein Sonnenpriester? Die stecken alle mit Doron unter einer Decke, den darfst du nicht leben lassen!«
Rastafan machte sich ungehalten los. »So einfach ist das nicht, mein Freund. Jaryn steht unter meinem persönlichen Schutz. Frage nicht, weshalb, das ist meine Sache.«
»Aber verstehst du denn nicht? Wenn sich Sonnen- und Mondpriester zusammentun, dann ist höchste Gefahr angesagt. Die sind doch verfeindet bis aufs Blut. Wenn sie sich geeinigt haben, dann doch nur, um uns zu vernichten.«
»Das glaube ich nicht. Jaryn bat mich ebenfalls darum, die Sklaven zu befreien. Nun, wir wissen beide, dass das ein absurder Gedanke ist, aber doch immerhin einer, der sich gegen ihren eigenen König richtet.«
Lacunar strich sich den Bart. »Es könnte eine Falle sein.«
»Deshalb werden die beiden auch hierbleiben, bis wir das Gold haben. Dann mögen sie in Margan verbreiten, was sie wollen. Du bist dann längst wieder in Achlad, und wir sind in unserem Lager in den Rabenhügeln. Dieser Ort hier hat dann keine Bedeutung mehr.«
Nach längerem Zögern nickte Lacunar. »Also gut, ich vertraue dir. Du schützt deinen Sonnenpriester, ich schütze meinen Sohn.« Er räusperte sich. »Wenn ich mich auch seiner schämen muss, so ist er doch immerhin mein Fleisch und Blut.«
16
Jaryn und Caelian hatten jeweils ein eigenes Zelt bekommen. Beide hatten darauf bestanden. Caelian war wütend, weil er unvermittelt auf seinen Vater gestoßen war, dem er nie wieder hatte begegnen wollen. Natürlich hatte ihr alter Streit sofort wieder angefangen. Caelian empfand es als doppelte Niederlage, dass sein eigener Vater sich an dieser Sklavengeschichte bereichern wollte.
Jaryn hingegen verwunderte das nicht. Von den Schwarzen Reitern hatte er nichts anderes erwartet. Ihn bedrückten die zu versklavenden Knaben jedoch weit weniger als Caelian. Rastafan in der Nähe zu wissen, gleichzeitig in ihm den Feind zu sehen, der mit den Schwarzen Reitern gemeinsame Sache machte und seine Bitte rundweg als lächerlich abgelehnt hatte, schmerzte tief. Immer wieder sagte er sich, dass Rastafan als Gesetzloser ein Leben jenseits seiner eigenen Wertvorstellungen lebte, leben musste. Er nahm sich, was er brauchte. Eine goldene Kette oder ein schöner junger Sonnenpriester – für ihn war alles nur »Beute«. Menschliche Schicksale waren ihm gleichgültig, Liebe war ihm fremd.
Ich müsste ihm dankbar sein, dass er es mir gegenüber so unverblümt ausgedrückt hat, dachte Jaryn. Nun weiß ich zweifelsfrei, woran ich mit ihm bin. Wenn die Erkenntnis nur nicht so wehtäte! Immer wieder überlegte er, wie er aus der Behaglichkeit des Sonnentempels in diese raue Welt gelangt war. Der Auftrag! Ja, mit ihm hatte alles begonnen. Dabei hatte er nicht einen winzigen Schritt vorwärts getan, nur Niederlagen erlitten. Er musste nicht nur eine schmachvolle Gefangenschaft ertragen, während der ihm weder Sklaven noch Diener zur Verfügung standen, wo ihn raue Gesellen umgaben, denen seine Heiligkeit nichts wert war; er musste auch mit dem Makel leben, nach Margan zurückzukehren, ohne etwas erreicht zu haben. Sagischvar wäre bitter enttäuscht, an Anamarna wollte er gar nicht denken. Was würden sie sagen, die weisen Männer, wenn er ihnen den Unheil bringenden Prinzen nicht benennen konnte? Wie würde es mit Margan weitergehen, wenn Razoreth erst sein Zepter aufrichtete? Und er – Jaryn – würde daran schuld sein, weil er so närrisch gewesen war, einen Räuberhauptmann darum zu bitten, auf seinen Raub zu verzichten.
»Du bist so schweigsam«, stieß Caelian ihn an, der sich zu Jaryn ins Zelt gesetzt hatte. »Woran denkst du? An deinen
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