Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)
Wirst du schweigen?«
»Ich verrate nichts. Beten wir zu den Göttern, dass wir das Richtige tun.«
In diesem Augenblick wurden die Speisen und Getränke aufgetragen. Caelian bekam große Augen. »Ihr lebt nicht schlecht unter Achays Sonne. Bei Zarads Gemächte, ich werde auf meine Linie achten müssen.« Er strich sich über den schlanken Bauch.
»Von einer Mahlzeit wirst du nicht fett«, bemerkte Jaryn spitz.
»Von einer nicht«, seufzte Caelian, »aber wenn ich mich bei dir häuslich einrichte, sagen wir einige Wochen, dann muss ich mich wirklich zurückhalten.«
»Was willst du denn damit andeuten?«
»Hm.« Caelian zuckte die Achseln. »Ich frage dich hiermit in aller Höflichkeit, ob du mir im Sonnentempel Asyl anbietest.« Und dann erzählte er von Gaidaron.
Jaryn war entsetzt. »Natürlich kannst du bleiben, ich werde das regeln. Sagischvar wird nichts dagegen haben. Du unterstützt mich doch bei der Mission, und ich denke, es war Absicht, mir einen Mondpriester an die Seite zu stellen. Die Feindschaft unserer Tempel sollte eigentlich mit dem Wegfall des Fluches ein Ende haben.«
Caelian gab Jaryn einen zarten Kuss auf die Wange. »Danke. Übrigens – ich stehe auch für mehr zur Verfügung.«
Jaryn tat, als habe er nichts gehört. Er blieb eine Weile still. Dann sagte er unvermittelt: »Sag, Caelian, was bedeutet es eigentlich, wenn jemand sagt: ›Wir sehen uns bei der nächsten Sonnenfinsternis‹?«
Caelian zog die Brauen hoch. »Euch im Sonnentempel erzählen sie wohl gar nichts?« Er räusperte sich schnell. »Und ich weiß es leider auch nicht. Habe ich noch nie gehört, so einen Satz. Von wem kam er denn?«
Jaryn merkte, dass Caelian ihm etwas verschwieg, aber das würde er bei anderer Gelegenheit noch herausfinden. »Ach, nicht so wichtig. Wir sollten jetzt wirklich essen, sonst wird es kalt.«
28
Die beiden jungen Priester machten sich gleich am nächsten Tag auf den Weg zu Orchan, dem Kaufmann. Caelian überließ Jaryn sein schwarzsilbernes Mondgewand, denn die Mondpriester waren nicht unberührbar, er selbst war mit einem grauen Sklavenkittel zufrieden, den ihm Saric lieh. So ausgestattet tauchten sie bei Orchan auf.
Als dieser erfuhr, was die beiden zu ihm geführt hatte, erschrak er, denn damals hatte er einer königlichen Sklavin zur Flucht verholfen, worauf – wie es hätte es auch anders sein können? – der Tod stand. Doch er konnte die Tat nicht leugnen, und die beiden Priester schienen ihn nicht bedrohen zu wollen. Außerdem hatte er sie während ihres gemeinsamen Abenteuers als freundliche und aufrichtige Menschen kennengelernt und hoffte, ihnen vertrauen zu können. Nach anfänglichem Zögern berichtete er seinen Gästen, was sich damals zugetragen hatte.
Sie erfuhren, dass er eine schwangere Frau vom Mondtempel abgeholt hatte. Sie wollte ihren Namen nicht nennen, sagte, sie werde »Nachtblume« gerufen und wolle nach Achlad zurückkehren. Dort in Carnath lebten ihre Angehörigen.
»Carnath?«, unterbrach Jaryn den Kaufmann. »Sie stammte aus Carnath?«
Orchan nickte. »So hieß der Ort.«
Jaryn fasste sich an den Kopf. »Das ist des Rätsels Lösung. Ich bin in Carneth gewesen. Es war eine Namensverwechslung.«
»Wie auch immer«, fuhr Orchan fort, »ich war ohnehin auf dem Weg nach Narmora, das ist nahe der achladischen Grenze. Und so nahm ich sie mit. Zardakion hatte mich gut dafür bezahlt. – Ja, die Frau war schwanger, aber in einem sehr frühen Stadium, es war noch nichts zu erkennen.«
»Du hast sie also nach Carnath gebracht«, fuhr Jaryn ungeduldig fort. »Ist sie dort angekommen?«
Orchan senkte den Blick. »Leider nein. Wir befanden uns gerade in den Rabenhügeln, ein finsterer Ort, den ein Kaufmann gern so schnell wie möglich hinter sich lässt. Wir trieben also die Ochsen an, denn wir hatten Angst: Jederzeit hätten die Gesetzlosen, die dort hausen, aus dem Dickicht hervorbrechen können. Unsere Wagen holperten über Steine und Baumwurzeln …«
»Komm zur Sache!«, unterbrach Jaryn ihn ärgerlich. »Was geschah mit der Frau?«
»Diese Frau …« Orchan befeuchtete seine Lippen. »Wir hatten gerade den schlimmsten Wegabschnitt hinter uns gebracht, da brach am Wagen dieser Frau ein Rad, und sie sprang herunter. Wir mussten mitten in dieser Wildnis ein Rad wechseln. Natürlich führen wir bei solchen gefährlichen Reisen ein Reserverad mit uns.«
»Die Frau!«, schrie Jaryn ihn an. »Was geschah mit ihr?«
»Sie war weg.«
»Weg?«
»Ja,
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