Lady Chatterley (German Edition)
grinsend.
Dann schwieg er verärgert.
«Na schön», sagte er schließlich. «Ich bin mit allem einverstanden. Die Welt ist ein rasender Idiot, und kein Mensch kann sie umbringen: obgleich ich mein Bestes tun werde. Aber Sie haben recht. Wir müssen uns in Sicherheit bringen, so gut wir können.»
Gedemütigt, zornig, wachsam und voll Jammer sah er Connie an.
«Mein Mädchen!» sagte er. «Die Welt fängt an, dir Salz auf den Schwanz zu streuen.»
«Nicht, wenn wir sie nicht lassen», erwiderte sie.
Ihr machten diese Listen, mit der sie der Welt zu Leibe rückten, weniger aus als ihm.
Als man an Duncan die besagte Bitte herantrug, bestand auch er darauf, den missetäterischen Waldhüter kennenzulernen; und so fand ein Abendessen statt – in seiner Wohnung diesmal, zu viert. Duncan war ein recht kurz gewachsener, breiter, dunkelhäutiger, wortkarger Hamlet mit straffem schwarzem Haar und einem unheimlichen keltischen Selbstbewußtsein. Seine Kunstprodukte setzten sich zusammen aus lauter Röhren und Schläuchen und Spiralen und seltsamen Farben – ultramodern, doch von einer gewissen Kraft, ja, sogar einer gewissen Reinheit in Form und Ton: nur – Mellors empfand sie als grausam und abstoßend. Er wagte nicht, das auszusprechen, denn Duncan war geradezu irrsinnig, wenn es um seine Kunst ging; er hatte sie zu einem persönlichen Kult, einer persönlichen Religion erhoben.
Sie betrachteten die Bilder im Atelier, und Duncan hielt seine ziemlich kleinen braunen Augen auf den anderen Mann geheftet. Er wollte hören, was der Waldhüter dazu sagen würde. Connies und Hildas Ansichten kannte er schon.
«Es hat ein bißchen was von einem Mord», sagte Mellors endlich – ein Ausspruch, den Duncan keinesfalls von einem Waldhüter erwartet hätte.
«Und wer wird gemordet?» fragte Hilda sehr kühl und spöttisch.
«Ich! Jedes Mitgefühl in einem Menschen wird davon gemordet.»
Eine Welle reinen Hasses quoll aus dem Maler hervor. Er hörte den Ton des Widerwillens und der Verachtung in der Stimme des andern. Und ihn selbst ekelte bei dem Wort «Mitgefühl». Übelkeit verursachende Sentimentalität!
Mellors stand sehr groß und schmal und abgezehrt da und sah mit einer flackernden Teilnahmslosigkeit, die ein wenig vom tanzenden Flattern einer Motte hatte, auf die Bilder.
«Vielleicht wird die Einfalt gemordet – sentimentale Einfalt», spottete der Maler.
«Meinen Sie? Ich finde, all diese Röhren und Wellenbewegungen sind selber einfältig genug und ganz schön sentimental. Sie zeigen ein gut Teil Selbstmitleid und scheußlich viel nervöse Selbstüberschätzung, scheint mir.»
In einer neuerlichen Haßwelle sah das Gesicht des Malers gelb aus. Aber in einer Art stummer Erhabenheit kehrte er die Bilder zur Wand.
«Ich denke, wir können ins Speisezimmer gehen», sagte er.
Und mißgestimmt gingen sie hinüber.
Nach dem Kaffee sagte Duncan: «Ich habe nicht das geringste dagegen, als der Vater von Connies Kind zu posieren. Aber nur unter der Bedingung, daß sie zu mir kommt und mir Modell steht. Ich habe sie seit Jahren dafür haben wollen, und sie hat es immer abgelehnt.» Er sagte dies mit der dunklen Endgültigkeit eines Inquisitors, der ein Autodafé ankündigt.
«Ah!» sagte Mellors. «Sie wollen es also nur unter einer Bedingung tun?»
«So ist es! Ich tue es nur unter dieser Bedingung.» Der Maler versuchte, die tiefste Verachtung für den andern in seine Worte zu legen. Er tat ein wenig zu viel des Guten.
«Sie nehmen mich besser gleich dazu als Modell», schlug Mellors vor. «Machen lieber gleich eine Gruppe aus uns: Vulkan und Venus in den Fängen der Kunst. Ich war Schmied, bevor ich Waldhüter wurde.»
«Vielen Dank», sagte der Maler. «Ich glaube nicht, daß Vulkan einen Körper hat, der mich interessiert.»
«Auch dann nicht, wenn er in Röhren verwandelt und fein zurechtgestrichelt wird?»
Er bekam keine Antwort. Der Maler war zu erhaben für weitere Worte.
Es war eine trübselige Festivität, in deren weiterem Verlauf der Maler beharrlich die Anwesenheit des anderen ignorierte und in abgehackten Sätzen mit den Damen sprach, wie wenn er die Worte mühsam den Tiefen seiner düsterschweren Gewichtigkeit entrisse.
«Du mochtest ihn nicht, aber er ist sonst viel netter als heute, wirklich. Er ist wirklich nett», erklärte Connie, als sie aufbrachen.
«Er ist ein kleiner schwarzer Pinscher, der die wellenförmige Staupe hat», sagte Mellors.
«Nein, er war wirklich nicht nett
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