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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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Augen. Sie verengten sich ein wenig – aus Ironie, vielleicht aus Unverschämtheit.
    «Nun, ja, danke sehr, Euer Gnaden! Ich bin hier aufgewachsen …» Er verbeugte sich noch einmal, wandte sich um, setzte seinen Hut auf und ging mit langen Schritten zum Stuhl. Bei den letzten Worten war seine Stimme in das schwere, breite Schleppen des Dialekts gefallen – vielleicht auch in Spott, denn zuvor war nicht der geringste Anflug eines Dialekts zu spüren gewesen. Fast konnte er ein Herr sein. Jedenfalls, er war ein merkwürdiger, rascher, verschlossener Bursche, einsam, aber seiner selbst sicher.
    Clifford setzte den kleinen Motor in Gang, der Mann drehte vorsichtig den Stuhl herum und wendete ihn dem Abhang zu, der sich sanft in das dunkle Haseldickicht hinunterschlängelte.
    «Ist das dann alles, Sir Clifford?» fragte der Mann.
    «Nein, es ist besser, Sie kommen mit, falls er steckenbleibt. Der Motor ist eigentlich nicht stark genug, um es bergauf zu schaffen.» Der Mann sah sich nach seinem Hund um … ein fürsorglicher Blick. Der Spaniel sah zu ihm auf und wedelte leise mit dem Schwanz. Ein kleines Lächeln, als verspotte er ihn oder als ziehe er ihn auf, ein sanftes Lächeln jedoch stand sekundenlang in seinen Augen, dann verblaßte es, und sein Gesicht wurde wieder ausdruckslos. Sie gingen ziemlich schnell den Hügel hinab, der Mann hielt die Hand auf der Lehne des Stuhls und bremste ihn. Er sah aus wie ein freier Soldat, gar nicht wie ein Diener. Und irgend etwas an ihm erinnerte Connie an Tommy Dukes.
    Als sie zum Haselgehölz kamen, lief Connie plötzlich voraus und öffnete die Pforte zum Park. Sie hielt sie offen, und als die beiden Männer an ihr vorbeikamen, sahen sie sie an – Clifford rügend, der andere mit einer sonderbaren, kühlen Verwunderung, ganz unpersönlich, als wolle er wissen, wie sie aussähe. Und sie erkannte in seinen blauen, unpersönlichen Augen einen Ausdruck des Leidens, des Unbeteiligtseins, doch auch eine gewisse Wärme. Warum war er so abseits, so allein?
    Clifford hielt den Stuhl an, als er die Pforte passiert hatte, und der Mann eilte schnell und höflich herzu, sie zu schließen.
    «Warum bist du so gelaufen, um aufzumachen?» fragte Clifford mit der ausdruckslosen, ruhigen Stimme, die ein Zeichen seiner Ungehaltenheit war. «Mellors hätte es tun können.»
    «Ich dachte, du würdest gleich weiterfahren wollen», antwortete Connie.
    «Und dich hinter uns herrennen lassen?» fragte er.
    «Ach, weißt du, ich renne manchmal sehr gern.»
    Mellors faßte wieder den Stuhl, sah aus, als bemerke er nichts, doch Connie fühlte, daß er alles registrierte. Als er den Stuhl im Park die ziemlich steile Steigung des Hügels hinaufschob, atmete er heftig, mit geöffnetem Mund. Er war ziemlich kraftlos, wirklich. Seltsam vital und zugleich ein wenig kraftlos und ausgebrannt. Ihr weiblicher Instinkt spürte das.
    Connie verlangsamte den Schritt, ließ den Stuhl vorausfahren. Der Tag war grau geworden: der kleine blaue Himmel, der niedrig über dem runden Dunstrand gelegen hatte, war wieder fest geschlossen, der Deckel war zugefallen, eine rauhe Kälte herrschte. Es würde schneien. Alles grau, grau. Die Welt sah erschöpft aus.
    Der Stuhl wartete oben auf dem rosa Pfad. Clifford sah sich nach Connie um.
    «Nicht müde, oder?» fragte er.
    «O nein!» erwiderte sie.
    Aber sie war müde. Ein sonderbares, erschöpftes Sehnen, eine Unzufriedenheit regte sich in ihr. Clifford merkte es nicht, so etwas merkte er nie. Doch der Fremde sah es. Alles in ihrer Welt, in ihrem Leben schien Connie verbraucht, und ihre Unzufriedenheit war älter als die Hügel.
    Sie kamen zum Haus, zur Rückseite, wo keine Stufen waren. Clifford schaffte es, sich in den niedrigen Hausrollstuhl hinüberzuschwingen; er war sehr kräftig und gelenkig mit den Armen. Dann hob Connie die Last seiner toten Beine hinterher.
    Der Waldhüter stand in dienstlicher Haltung und wartete darauf, entlassen zu werden; er beobachtete alles genau, nichts entging ihm. Er wurde blaß vor Entsetzen, als er sah, wie Connie in ihren Armen die leblosen Beine des Mannes in den anderen Stuhl hinüberhob und Clifford sich dabei herumschwenkte. Er war erschrocken.
    «Vielen Dank für ihre Hilfe, Mellors», sagte Clifford beiläufig und schickte sich an, den Gang zum Dienerschaftsflügel hinunterzurollen.
    «Kann ich noch etwas tun, Sir?» kam es ausdruckslos – wie eine Stimme im Traum.
    «Nichts. Guten Morgen.»
    «Guten Morgen, Sir.»
    «Guten

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