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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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Krieges, die nun allmählich an die Oberfläche kam und den großen Schmerz der Unrast, der lähmenden Unzufriedenheit hervorrief. Die Wunde war tief, tief, tief – die Wunde, die der widersinnige, unmenschliche Krieg geschlagen hatte. Es würde viele Jahre hindurch das lebendige Blut von Generationen kosten, bis sich das große schwarze Gerinnsel kranken Blutes tief innen in ihrer Seele und in ihrem Körper auflöste. Und eine neue Hoffnung würde nötig sein.
    Arme Connie! Die Jahre verstrichen, und die Angst vor dem Nichts in ihrem Leben zermürbte sie. Cliffords geistiges Leben und auch ihr eigenes gaben ihr allmählich ein Gefühl des Nichts. Ihre Ehe, ihr einander ergänzendes Leben, das gegründet war auf die Gewohnheit des Vertrautseins – dies Leben, über das er so viel redete: es gab Tage, an denen alles völlig leer war, nichts. Worte – so viele Worte. Die einzige Wirklichkeit war das Nichts, und darüber stand ein Scheingebilde aus Worten.
    Cliffords Erfolg zum Beispiel: die Hundsgöttin! Gewiß, er war nahezu berühmt, und seine Bücher brachten ihm über tausend Pfund ein. Überall erschienen Fotografien von ihm. In einer der Galerien stand seine Büste, und in zweien hing sein Porträt. Er schien die modernste der modernen Stimmen zu sein. Mit seinem unheimlichen, hinkenden Instinkt, Reklame für sich zu machen, war er in vier oder fünf Jahren zu einem der bekanntesten unter den jungen «Intellektuellen» aufgestiegen. Wo der Intellekt steckte, sah Connie nicht ganz. Clifford war wirklich geschickt, wenn es darum ging, Menschen und Motive auf leicht humoristische Art zu analysieren und am Schluß alles in Stücke zerfetzt zurückzulassen. Aber eigentlich war es so, als fetzten junge Hunde Sofakissen in Stücke; nur, daß es nicht aus Jugend und Spielerei geschah, sondern merkwürdig alt war und von einer starrsinnigen Eitelkeit. Es war unheimlich, und es war nichts. Auf dem Grund von Connies Seele hallte und hallte das Gefühl wider, daß alles nichts war, ein wundervolles Zurschaustellen von Nichtigkeit. Ein Zurschaustellen! Ein Zurschaustellen!
    Michaelis hatte Clifford zur Hauptfigur eines Stückes gewählt; er hatte bereits den Ablauf skizziert und den ersten Akt geschrieben. Denn Michaelis verstand es sogar noch besser als Clifford, Nichtigkeit zur Schau zu stellen. Das war der letzte Rest von Leidenschaft, der diesen Männern geblieben war: die Leidenschaft, eine Schau aufzuziehen. Sexuell waren sie ohne Leidenschaft, waren sie tot. Geld war es nicht mehr, worauf Michaelis es abgesehen hatte. Und Clifford war nie in erster Linie aufs Geld ausgewesen, wenn er es auch nahm, wo er nur konnte, denn Geld ist Siegel und Stempel des Erfolgs. Und Erfolg – das war es, was sie wollten. Sie wollten beide eine Schau veranstalten – wollten sich selbst regelrecht zur Schau stellen, um die breite Masse für eine Weile zu fangen.
    Es war seltsam, wie sie sich wegwarfen an die Hundsgöttin. Connie stand ganz außerhalb, war unempfindlich geworden gegen das Erregende daran – auch dies war ein Nichts. Sogar die Prostitution mit der Hundsgöttin war ein Nichts, wiewohl die Männer sich ungezählte Male prostituierten. Nichts, auch dies.
    Michaelis schrieb Clifford wegen des Stückes. Natürlich wußte sie schon seit langem davon. Clifford war wieder gepackt. Schon wieder würde er herausgestellt werden, diesmal würde jemand anders ihn herausstellen – und zu seinem Vorteil. Er lud Michaelis mit dem ersten Akt nach Wragby ein.
    Michaelis kam: im Sommer, in einem blaßfarbenen Anzug und mit weißen Wildlederhandschuhen und mit malvenfarbenen Orchideen für Connie, wunderschön, und Akt I war ein großer Erfolg. Sogar Connie war fasziniert – durchschauert bis in das bißchen Mark, das ihr geblieben war. Und Michaelis, hingerissen von seiner Fähigkeit hinzureißen, war wirklich wunderbar … und wunderschön in Connies Augen. Sie sah in ihm jene uralte Unbewegtheit einer Rasse, die nicht mehr entzaubert werden kann, das Extrem einer Unkeuschheit vielleicht, die schon wieder keusch ist. Weit, weit jenseits seiner grenzenlosen Prostitution mit der Hundsgöttin schien er rein – so rein wie eine afrikanische Elfenbeinmaske, die Unkeuschheit zu Keuschheit träumt in ihren elfenbeinernen Linien und Flächen.
    Der Augenblick barer Lust, als er die beiden Chatterleys, Connie und Clifford, einfach mitriß, gehörte zu den höchsten seines Lebens. Es war ihm gelungen: er hatte sie mitgerissen. Selbst Clifford

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