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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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regte sich nichts. Die alten Blätter am Boden hielten an ihrer Unterseite den Frost fest. Ein Häher schrie rauh, viele kleine Vögel flatterten durcheinander. Aber es gab kein Wild, keine Fasanen. Während des Krieges war alles ausgerottet worden, und der Wald war ohne Schutz geblieben, bis Clifford jetzt wieder einen Heger bekommen hatte.
    Clifford liebte den Wald; er liebte die alten Eichen. Er fühlte, sie gehörten ihm, Generationen hindurch. Er wollte sie beschützen. Er wollte diesen Wald unversehrt haben, abgeschlossen von der Welt.
    Langsam tuckerte der Rollstuhl den Hügel hinauf, holperte und rüttelte über die gefrorene Erde. Und plötzlich tat sich zur Linken eine Lichtung auf, wo nichts war außer totem Farngestrüpp, spindeldürren, schiefen Schößlingen hier und da, mächtigen Baumstümpfen, die ihre Sägflächen zeigten und ihre suchenden Wurzeln – leblos. Und schwarzverkohlte Erde, wo die Holzfäller Reisig und Abfälle verbrannt hatten.
    Dies war eine der Stellen, die Sir Geoffrey während des Krieges für den Schützengrabenbedarf hatte kahlschlagen lassen. Der ganze Hügel, der zur Rechten des Pfades sanft anstieg, war nackt und sah seltsam verloren aus. Oben, auf der Kuppe, wo die Eichen gestanden hatten, war alles kahl; und von hier aus konnte man über die Bäume hinweg die Grubenbahn und die neuen Werkanlagen bei Stacks Gate sehen. Connie hatte hier gestanden und hinausgesehen – durch die Bresche in der dichten Wand des Waldes. Hier sickerte die Welt herein. Aber sie sagte Clifford nichts davon.
    Diese kahlgeschlagene Stelle machte Clifford immer merkwürdig zornig. Er hatte den Krieg mitgemacht, hatte gesehen, was das bedeutete. Doch er war nicht eher wirklich zornig geworden, als bis er diesen nackten Hügel gesehen hatte. Er war dabei, ihn wieder aufforsten zu lassen. Aber er war die Ursache seines Hasses gegen Sir Geoffrey.
    Mit starrem Gesicht saß Clifford da, während der Stuhl langsam bergan rollte. Als sie die Höhe des Hangs erreicht hatten, hielt er an; er wollte die lange, sehr holprige Abfahrt nicht wagen. Er sah dem sich grün hinunterschlängelnden Pfad nach – ein deutlich sichtbarer Weg im Farngestrüpp und zwischen den Eichen. Am Fuß des Hügels schwenkte er ab und verlor sich; aber er hatte einen so hübschen, spielerischen Schwung, erinnerte an reitende Ritter und Damen auf Zeltern.
    «Ich glaube, dies ist das eigentliche Herz Englands», sagte Clifford zu Connie und saß dort im trüben Februarsonnenschein.
    «Meinst du?» erwiderte sie und setzte sich in ihrem blauen Strickkleid auf einen Baumstumpf am Wegrand.
    «Ja, das meine ich! Das ist das alte England, sein Herz; und ich habe vor, es unversehrt zu halten.»
    «O ja!» sagte Connie. Doch während sie es sagte, hörte sie die Elf-Uhr-Sirene von der Stacks-Gate-Grube. Clifford war zu sehr an das Geheul gewöhnt, um es noch wahrzunehmen.
    «Ich will diesen Wald vollkommen haben … unberührt. Ich will, daß niemand ihn unbefugt betritt», sagte Clifford.
    Ein gewisses Pathos schwang in seiner Stimme. Der Wald barg noch immer etwas von dem Geheimnis des wilden alten England; aber Sir Geoffreys Holzungen während des Krieges hatten ihm eine Wunde geschlagen. Wie still die Bäume waren mit ihren unzähligen, gegen den Himmel gekrakelten Zweigen und den grauen, störrischen Stämmen, die aus dem braunen Farngestrüpp stiegen! Wie sicher die Vögel in ihnen flatterten! Und einst hatte es hier Rotwild gegeben und Bogenschützen und Mönche, die auf Eseln dahinschaukelten. Die Stätte wußte noch davon, wußte immer noch davon.
    Clifford saß in der bleichen Sonne, das Licht lag auf seinem weichen, ziemlich blonden Haar, sein gerötetes, volles Gesicht war unergründlich.
    «Keinen Sohn zu haben bekümmert mich hier mehr als sonst irgendwann», sagte er.
    «Aber der Wald ist älter als deine Familie», erwiderte Connie sanft.
    «Schon», sagte Clifford, «aber wir haben ihn gehegt. Wenn wir nicht wären, würde er verschwinden – schon verschwunden sein wie der übrige Forst. Man muß etwas vom alten England erhalten!»
    «Muß man?» fragte Connie. «Wenn das bedeuten würde, es gegen das neue England zu erhalten? Es ist traurig, ich weiß.»
    «Wenn nicht etwas vom alten England erhalten bleibt, gibt es bald überhaupt kein England mehr», sagte Clifford. «Und wir, die wir diese Art von Besitz haben und einen Sinn dafür, wir müssen es bewahren.»
    Trauriges Schweigen.
    «Ja, für eine kleine Weile», sagte

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