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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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Sir Clifford, und alles soll sein, wie Euer Gnaden es wünscht. Hauptsache, Sie nehmen keine Notiz von mir, wenn ich hier meinen Kram mache und was ich sonst zu tun hab.»
    Fassungslos machte Connie sich auf den Heimweg. Sie war nicht ganz sicher, ob sie gekränkt und tödlich beleidigt worden war oder nicht. Vielleicht hatte der Mann wirklich nur gemeint, was er gesagt hatte – nämlich daß er glaube, sie erwarte, daß er sich fortan fernhalten würde. Als ob sie auch nur im Traum daran gedacht hätte! Und als ob er überhaupt so wichtig wäre, er und seine dumme Anwesenheit!
    Sie ging verwirrt heim, ohne zu wissen, was sie dachte oder fühlte.

NEUNTES KAPITEL
    Connie war erstaunt über ihre Abneigung gegen Clifford. Mehr noch, sie fühlte, daß sie ihn nie wirklich gemocht hatte. Sie haßte ihn nicht – es war keine Leidenschaft in diesem Gefühl. Sie hegte nur eine tiefe, physische Abneigung gegen ihn. Fast schien es ihr, als hätte sie nur geheiratet, weil sie ihn auf eine geheime, physische Weise ablehnte. Aber in Wahrheit hatte sie sich mit ihm verbunden, weil er sie geistig anzog und erregte. Er war in ihren Augen gleichsam ihr Meister gewesen, ihr überlegen.
    Nun hatte sich die geistige Erregung erschöpft und war zusammengebrochen, und Connie empfand nur noch die physische Abneigung. Sie entsprang tief in ihrem Innern, und sie erkannte, wieviel dies Gefühl von ihrem Leben verzehrt hatte.
    Sie fühlte sich schwach und so schrecklich allein. Sie wünschte, daß von außen irgendeine Hilfe kommen möge. Aber es gab keine Hilfe, in der ganzen Welt nicht. Die Gesellschaft war schrecklich, weil sie schizophren war. Zivilisierte Gesellschaft ist schizophren. Das Geld und die sogenannte Liebe waren ihre beiden großen Manien – das Geld in erster Linie. Das Einzelwesen behauptet sich in seiner beziehungslosen Anomalie durch diese beiden Erscheinungsformen: Geld und Liebe. Michaelis zum Beispiel. Sein Leben und seine Tätigkeit waren einfach schizophren. Seine Liebe war eine Art Schizophrenie.
    Und mit Clifford war es das gleiche. All dies Gerede! All dies Geschreibe! Dieser wilde Krampf, nach vorn zu kommen! Es war einfach schizophren. Und es wurde schlimmer, wurde richtig manisch.
    Connie fühlte sich von Angst ausgelaugt. Aber wenigstens löste Clifford jetzt seinen Griff von ihr und schloß ihn um Mrs.   Bolton. Er wußte das nicht. Wie bei vielen Schizophrenen konnte sein Wahnsinn an alldem gemessen werden, dessen er sich nicht bewußt war: an den weiten Wüstenstrichen in seinem Bewußtsein.
    Mrs.   Bolton war in vielerlei Hinsicht bewundernswert. Doch hatte sie einen sonderbar herrischen Zug, behauptete ständig ihren Willen, und dies beides gehört zu den Zeichen der Schizophrenie bei den Frauen unserer Zeit. Sie meinte, sie gehe ganz auf in ihrem Dienst und lebe nur für andere. Clifford faszinierte sie, weil er immer – oder doch oft – ihren Willen außer Kraft setzte, als besitze er einen feinen Instinkt dafür. Er hatte einen feiner geschliffenen Willen zur Selbstbehauptung als sie. Das fesselte sie so an ihn.
    Vielleicht hatte das auch Connie an ihn gefesselt.
    «Ein herrlicher Tag heute!» pflegte Mrs.   Bolton mit ihrer streichelnden, überredenden Stimme zu sagen. «Ich meine, eine kleine Ausfahrt in Ihrem Stuhl heute würde Ihnen wohltun. Die Sonne ist einfach herrlich.»
    «Ja? Möchten Sie mir bitte das Buch da geben – das da, das gelbe. Und ich glaube, die Hyazinthen da müssen hinaus.»
    «Warum? Sie sind doch so schön!» Sie sprach das Wort so aus, als stünde noch ein ‹h› vor dem ‹ö›: sch-hön! – «Und der Duft ist einfach hinreißend.»
    «Gerade gegen den Duft habe ich etwas», erwiderte er, «er ist ein bißchen begräbnishaft.»
    «Finden Sie das ?» rief sie überrascht – ein wenig gekränkt zwar, aber beeindruckt – beeindruckt von seinem anspruchsvolleren Geruchssinn. Und sie trug die Hyazinthen aus dem Zimmer.
    «Soll ich Sie heute morgen rasieren, oder möchten Sie es lieber selbst tun?» Immer derselbe weiche, streichelnde, ergebene und doch bevormundende Ton.
    «Ich weiß noch nicht. Würden Sie wohl noch eine Weile warten? Ich läute, wenn ich soweit bin.»
    «Sehr wohl, Sir Clifford!» entgegnete sie, sanft und unterwürfig, und zog sich leise zurück. Aber jede Zurückweisung staute neue Willensstärke in ihr.
    Wenn er dann nach einer Weile läutete, erschien sie sofort. Und er sagte: «Ich denke, mir ist es lieber, wenn Sie mich heute

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