Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
Vom Netzwerk:
Leben selbst.
    «Es ist erstaunlich», sagte Connie, «wie anders man sich an einem wirklich frischen, schönen Tag fühlt. Meist hat man das Gefühl, daß sogar die Luft halbtot ist. Die Menschen vernichten die Luft.»
    «Glaubst du, daß die Menschen das tun?» fragte er.
    «Ja. Die Ausdünstung von so viel Langeweile und Unzufriedenheit und Ärger, die von den Menschen aufsteigt, tötet einfach die Lebenskraft der Luft. Ich bin ganz fest davon überzeugt.»
    «Vielleicht drückt irgendeine Beschaffenheit der Atmosphäre auf die Lebenskraft der Menschen?» meinte er.
    «Nein, der Mensch vergiftet das Universum» – sie bestand darauf.
    «Beschmutzt sein eigenes Nest», bemerkte Clifford.
    Der Stuhl tuckerte weiter. Im Haselgesträuch hingen blaßgoldene Kätzchen, und an sonnigen Plätzen hatten sich die Waldanemonen weit geöffnet, als freuten sie sich über das Leben – wie in vergangenen Tagen, da die Menschen sich mit ihnen freuen konnten. Sie verströmten einen leisen Apfelblütenduft. Connie pflückte ein paar für Clifford.
    Er nahm sie und betrachtete sie aufmerksam.
    «Du noch ungeschändete Braut des Friedens», zitierte er. «Das paßt um so vieles besser auf Blumen als auf griechische Vasen.»
    «Geschändet ist ein so scheußliches Wort», sagte sie, «nur die Menschen schänden etwas.»
    «Na, ich weiß nicht – Schnecken und so was –», meinte er.
    «Selbst die Schnecken fressen sie nur, und Bienen schänden nicht.»
    Sie ärgerte sich über ihn, er machte alles zu Worten. Veilchen waren Junos Lider und Anemonen ungeschändete Bräute. Wie sie sie haßte, die Worte, die sich immer zwischen sie und das Leben stellten: sie schändeten, wenn schon irgend etwas es tat – parate Worte und Phrasen, die allen Lebenssaft aus den lebendigen Dingen sogen.
    Der Spaziergang mit Clifford war kein rechter Erfolg. Zwischen ihm und Connie war eine Spannung, und alle beide taten sie so, als sei nichts, aber es war doch etwas. Plötzlich, mit aller Kraft ihres weiblichen Instinkts, schob sie ihn von sich. Sie wollte frei sein von ihm und besonders von seiner Bewußtheit, seinen Worten, seiner Besessenheit von sich selbst, der endlosen Tretmühle seiner Besessenheit von sich und seinen Worten.
    Das Wetter wurde wieder regnerisch. Aber schon nach wenigen Tagen zog es sie hinaus in den Regen und in den Wald. Und dann ging sie auch zur Hütte. Es regnete, aber es war nicht sehr kalt, und der Wald war still, abgeschieden und unnahbar im Regendämmer.
    Sie kam zur Lichtung. Niemand da! Die Hütte war verschlossen. Aber sie setzte sich auf die Holzschwelle, unter das rohgezimmerte Vordach, und kuschelte sich in ihre eigene Wärme. Und so saß sie da, starrte in den Regen, lauschte seinen vielen lautlosen Lauten und dem seltsamen Pfeifen des Windes in den Ästen, wiewohl es schien, daß gar kein Wind wehte. Alte Eichen erhoben sich rings, graue, mächtige Stämme, regengeschwärzt, rund und kraftvoll, unbekümmert ihre Glieder reckend. Der Boden war fast frei von Unterholz, mit Anemonen gesprenkelt, ein paar Büsche waren da – Holunder oder Schneeball – und ein violettes Gewirr von Brombeerranken; das alte Rostrot des Farns verblaßte fast unter grünen Anemonenkrausen. Vielleicht war dies ein ungeschändeter Ort. Ungeschändet! Die ganze Welt war geschändet.
    Manche Dinge können nicht geschändet werden. Man kann nicht eine Büchse Sardinen schänden. Und wie viele Frauen sind so. Und Männer! Aber die Erde …!
    Der Regen ließ nach. Kaum hängte er noch Dunkel zwischen die Eichen. Connie wollte aufbrechen; doch sie blieb sitzen. Aber ihr wurde kalt; die überwältigende Starre ihres inneren Grolls jedoch hielt sie fest, als sei sie gelähmt.
    Geschändet! Wie geschändet konnte man sein, ohne daß man je berührt worden war. Geschändet von toten Worten, die obszön, und toten Gedanken, die zur Besessenheit geworden waren.
    Ein nasser brauner Hund kam angerannt, er bellte nicht, hob nur die nasse Feder seines Schwanzes. Der Mann folgte ihm in einer triefenden schwarzen Ölhaut – wie ein Chauffeur sah er aus –, und sein Gesicht rötete sich ein wenig. Sie spürte, wie er unmerklich seinen schnellen Schritt zurückhielt, als er sie sah. Sie erhob sich in der handbreiten Trockenheit unter dem rohgezimmerten Vordach. Er grüßte wortlos und kam langsam näher. Sie machte Anstalten, sich zurückzuziehen.
    «Ich bin im Begriff zu gehen», sagte sie.
    «Haben Sie darauf gewartet, rein zu können?» fragte er

Weitere Kostenlose Bücher