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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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«rein» sind. Dann wird der Roman, wie der Klatsch, schließlich verwerflich und, wie der Klatsch, um so verwerflicher, als er angeblich immer auf seiten der Engel ist. Mrs.   Boltons Klatsch war immer auf seiten der Engel. «Und er war so ein übler Kerl, und sie war eine so nette Frau.» Wobei Connie allein schon aus Mrs.   Boltons Klatsch ersehen konnte, daß die Frau nur einen bigotten Charakter hatte und der Mann zornige Aufrichtigkeit. Aber zornige Aufrichtigkeit machte einen «üblen Kerl» aus ihm und Bigotterie eine «nette Frau» aus ihr – in Mrs.   Boltons verwerflichen, konventionellen Rubriken der Gefühle.
    Deshalb war der Klatsch erniedrigend. Und deshalb sind die meisten Romane, besonders die populären, ebenfalls erniedrigend. Das Publikum reagiert heutzutage nur auf einen Appell an seine eigenen Untugenden.
    Gleichviel, dank Mrs.   Boltons Geschwätz sah man Tevershall mit neuen Augen an. Ein schreckliches, brodelndes Gewirr häßlichen Lebens schien es zu sein und keineswegs so düster eintönig, wie es von draußen aussah. Clifford kannte natürlich die meisten der erwähnten Leute vom Sehen; Connie kannte nur diesen oder jenen. Aber im Grunde klang alles mehr nach einem zentralafrikanischen Dschungel als nach einem englischen Dorf.
    «Sie haben doch sicher davon gehört, daß Miss Allsopp letzte Woche geheiratet hat! Sie müssen davon gehört haben! Miss Allsopp, die Tochter vom alten James, dem Schuhladen-Allsopp. Sie wissen, sie haben sich ein Haus gebaut oben bei Pye Croft. Der Alte ist letztes Jahr gestorben, er war gestürzt – dreiundachtzig war er und fix wie ’n Junger. Er rutschte auf’m Bestwood-Hügel aus, auf einer Schlitterbahn, die die Jungs letzten Winter gemacht hatten, und hat sich die Hüfte gebrochen, und das hat ihn erledigt, den armen alten Mann, es war wirklich eine Schande. Na ja, er hat all sein Geld Tattie hinterlassen, die Jungs haben nicht einen Pfennig gekriegt. Und Tattie, ja, die ist fünf Jahre … jawohl, dreiundfünfzig war sie letzten Herbst. Und Sie wissen sicher, die waren wirklich kirchenfromm, und wie! Dreißig Jahre lang hat sie in der Sonntagsschule unterrichtet, bis ihr Vater starb. Und dann fing sie was an mit einem Kerl aus Kinbrook, ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen, ein älterer Kerl mit einer roten Nase und ziemlich aufgeputzt, Willcock, er arbeitet auf Harrisons Holzplatz. Na, der’s fünfundsechzig, wenn nicht mehr, aber Sie hätten geglaubt, ein Paar junge Turteltauben vor sich zu haben, wenn Sie sie gesehen hätten: Arm in Arm und Küßchen an der Gartenpforte – jawohl, und sie sitzt auf seinem Schoß, mitten im Erkerfenster in der Pye Croft Road, damit jeder sie sehen kann. Dabei hat er Söhne über vierzig – seine Frau erst vor zwei Jahren verloren. Wenn der alte James Allsopp nicht aus dem Grab auferstanden ist, dann nur, weil es keine Auferstehung gibt, so streng hat er sie gehalten. Jetzt sind sie verheiratet und leben in Kinbrook, und es heißt, sie liefe von morgens bis abends im Morgenrock rum, na, so ’n Anblick. Wirklich, es ist schrecklich, wie’s die Alten treiben! Die sind viel schlimmer als die Jungen und ’n viel ekligerer Anblick. Ich für meine Person führe das aufs Kino zurück. Aber man kann sie einfach nicht davon abhalten. Immer hab ich gesagt: seht euch ’n guten, lehrreichen Film an, aber haltet euch um Gottes willen von diesen Melodramen und Liebesfilmen fern. Haltet wenigstens die Kinder davon fern! Aber da haben wir’s, die Erwachsenen sind schlimmer als die Kinder, und die Alten, die setzen allem die Krone auf. Reden Sie über ein anständiges, sittsames Betragen, kein Mensch hört auch nur zu. Die Leute tun, was sie wollen, und ich muß sagen, sie sind so ja auch viel besser dran. Aber jetzt müssen sie allmählich klein beigeben, jetzt, wo die Gruben so schlecht arbeiten und sie kein Geld mehr haben. Und das Rumnörgeln, es ist einfach gräßlich, besonders bei den Frauen. Die Männer sind so gut und geduldig. Was können sie auch tun, die armen Teufel! Aber die Frauen, oh, die machen immer so weiter. Die gehn rum und tun sich groß und geben Beiträge für’n Hochzeitsgeschenk für Prinzessin Mary, und wenn sie dann all die tollen Sachen sehen, die zusammengekommen sind, dann sind sie wütend: Wer ist sie denn eigentlich? Ist sie etwas Besseres als andere? Warum gibt Swan und Edgar mir nicht einen Pelzmantel, anstatt ihr sechs zu schenken? Ich wollte, ich hätte meine zehn Shilling behalten!

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