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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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gewachsen noch den Nachkriegsbergleuten mit ihrem Evangelium des passiven Widerstands. Aber Connie mochte Mr.   Linley ganz gern, wenn sie auch immer froh war, von der Speichelleckerei seiner Frau verschont zu bleiben.
    Linley blieb zum Abendessen, und Connie war die Gastgeberin, wie sie die Männer so gern hatten – bescheiden, doch aufmerksam und auf alles achtend, mit großen, weiten blauen Augen und einer sanften Gelassenheit, die zur Genüge verbarg, was sie wirklich dachte. Connie hatte diese Frau so oft gespielt, daß sie ihr fast zur zweiten Natur geworden war; aber ganz entschieden nur zur zweiten. Doch es war merkwürdig, wie alles ihrem Bewußtsein entglitt, während sie sie spielte.
    Geduldig wartete sie, daß sie nach oben gehen und ihren eigenen Gedanken nachhängen könne. Sie wartete ständig, es schien ihr forte zu sein.
    Als sie jedoch in ihrem Zimmer war, fühlte sie sich noch immer benommen und verwirrt. Sie wußte nicht, was sie denken sollte. Was für ein Mensch war er eigentlich? Hatte er sie wirklich gern? Nicht sehr, kam ihr vor. Aber er war gütig. Es war etwas an ihm, etwas wie eine arme, naive Güte, sonderbar und jäh, das ihm beinah ihr Innerstes erschloß. Aber sie hatte das Gefühl, daß er jeder Frau diese Güte entgegenbringen würde. Doch wenn es auch so war: es war seltsam lindernd, tröstend. Und er war ein leidenschaftlicher Mann, gesund und leidenschaftlich. Vielleicht machte er zu wenig Unterschiede; er mochte mit jeder Frau so sein, wie er mit ihr gewesen war. Es galt nicht so sehr ihr. Sie war wohl nur ein weibliches Wesen für ihn.
    Vielleicht war es besser so. Und schließlich, er hatte das Weibliche in ihr angerührt, und das hatte noch kein Mann getan. Die Männer waren sehr nett zu ihrer Person , aber ziemlich grausam zum Weiblichen in ihr, verachteten es oder ignorierten es einfach. Die Männer waren schrecklich nett zu Constance Reid oder Lady Chatterley; aber ihrem Schoß waren sie nicht gut. Und er nahm keine Notiz von Constance oder von Lady Chatterley; er streichelte einfach sanft ihre Hüften oder ihre Brüste.
    Am nächsten Tag ging sie in den Wald. Es war ein grauer, stiller Nachmittag – dunkelgrünes Bingelkraut breitete sich unter Haselgestrüpp hin, und alle Bäume mühten sich still, ihre Knospen aufzufalten. Heute konnte sie es fast in ihrem eigenen Leib spüren, das schwere Drängen des Saftes in den wuchtigen Bäumen, das Emporsteigen, aufwärts in die Knospenspitzen, um dort in kleinen Eichenblatt-Flammen zu verspritzen, bronzen wie Blut. Wie eine Flut war es, die schwellend aufstieg und sich über den Himmel ergoß.
    Sie kam zur Lichtung, aber er war nicht da. Sie hatte ihn nur halb erwartet. Die Fasanenküken liefen leichtfüßig umher, schwerelos wie Insekten, fort von den Brutkäfigen, in denen die gelben Hennen angstvoll gackerten. Connie kauerte sich nieder und sah ihnen zu und wartete. Sie wartete nur. Sogar die Küken nahm sie kaum wahr. Sie wartete.
    Die Zeit verstrich mit traumhafter Trägheit, und er kam nicht. Sie hatte ihn nur halb erwartet. Er kam nie am Nachmittag. Sie mußte nach Hause gehen zum Tee. Doch sie mußte sich zwingen zu gehen.
    Ein feiner Regen fiel, als sie auf dem Weg war.
    «Regnet es wieder?» fragte Clifford, als er sah, wie sie ihre Kappe schüttelte.
    «Es nieselt nur.»
    Sie goß den Tee ein und schwieg, gefangen in Eigensinn. Sie wollte heute den Förster sehen, wollte sehen, ob es wirklich Wirklichkeit war. Ob es wirklich wirklich war.
    «Soll ich dir nachher ein wenig vorlesen?» fragte Clifford.
    Sie sah ihn an. Hatte er etwas gespürt?
    «Ich fühle mich so merkwürdig – der Frühling … ich möchte mich lieber ein wenig hinlegen», erwiderte sie.
    «Ganz wie du willst. Aber du fühlst dich nicht richtig schlecht, nicht wahr?»
    «Nein! Nur ziemlich müde – frühlingsmüde. Möchtest du, daß Mrs.   Bolton etwas mit dir spielt?»
    «Nein! Ich denke, ich werde Radio hören.»
    Sie hörte die seltsame Befriedigung in seiner Stimme. Sie ging hinauf in ihr Zimmer. Dort hörte sie, wie der Lautsprecher anfing zu brüllen, mit einer idiotisch samtigen, gepflegten Stimme – irgendeine Sendung über alte Ausrufe, wobei ein wahrer Ausbund an gepflegter Geziertheit die Straßenausrufer nachahmte. Sie zog ihren alten veilchenfarbenen Regenmantel über und schlüpfte durch die Hintertür ins Freie.
    Der weiche Regen hing wie ein Schleier über der Welt, geheimnisvoll, zart, nicht kalt. Ihr wurde ganz warm, als sie

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