Lady Chatterley (German Edition)
Rückens hinab, blind, mit blind streichelnder Bewegung, hinab bis zur Beuge ihrer kauernden Hüften. Und seine Hand strich weich, sanft über die geschwungene Linie, in blinder, instinktiver Liebkosung.
Sie hatte ihr winziges Taschentuch hervorgezogen und versuchte, blind vor Tränen, ihr Gesicht zu trocknen.
«Kommen Sie mit in die Hütte», sagte er mit ruhiger, ausdrucksloser Stimme.
Und sanft schloß er die Hand um ihren Oberarm, zog sie hoch und führte sie langsam zur Hütte, ließ sie nicht los, bis sie drinnen waren. Dann schob er den Stuhl und den Tisch beiseite, nahm eine braune Militärdecke vom Werkzeugkasten und breitete sie langsam auf den Boden. Sie sah in sein Gesicht, während sie reglos dastand.
Sein Gesicht war bleich und ohne Ausdruck – wie das eines Menschen, der sich dem Schicksal ergibt.
«Legen Sie sich hin», sagte er weich, und er schloß die Tür, so daß es dunkel war, ganz dunkel.
Mit seltsamem Gehorsam legte sie sich auf die Decke nieder. Und dann spürte sie, wie die sanfte, streichelnde, hilflos sehnsüchtige Hand ihren Körper berührte, nach ihrem Gesicht tastete. Weich streichelte die Hand ihr Gesicht, weich und unendlich lindernd und vertrauenerweckend, und dann spürte sie die sanfte Berührung eines Kusses auf ihrer Wange.
Sie lag ganz still, wie in einem Schlaf, einem Traum. Dann erschauerte sie: sie fühlte, wie seine Hand sanft, doch mit seltsam widerstrebender Unbeholfenheit über ihr Kleid tastete. Aber die Hand wußte, wie sie die Kleider lösen könne, wo immer sie wollte. Langsam, behutsam zog er die dünne seidene Hülle herab, ganz herab, und streifte sie ihr über die Füße. Und mit einem Schauer unvergleichlichen Genusses berührte er den warmen, weichen Leib und streifte ihren Nabel in einem hingehauchten Kuß. Und er mußte sogleich zu ihr kommen, eingehen in den Frieden auf Erden ihres weichen, stillen Leibes. Es war ein Augenblick reinen Friedens für ihn, dies Eindringen in den Leib einer Frau.
Sie lag still, wie im Schlaf, die ganze Zeit wie im Schlaf. Tätig war nur er, der Orgasmus gehörte ihm, nur ihm; sie vermochte nicht länger für sich darum zu ringen. Selbst die fest sie umspannenden Arme, selbst die heftige Bewegung seines Leibes und seinen quellenden Samen in ihr empfand sie wie in einem Schlaf, aus dem sie nicht eher erwachte, als bis er geendet hatte und leise keuchend an ihrer Brust lag.
Dann fragte sie sich, fragte sich nur benommen: warum? Warum war dies notwendig? Warum hatte es eine schwere Wolke von ihr genommen und ihr Frieden gegeben? War es Wirklichkeit? War es Wirklichkeit?
Ihr gequältes Hirn hatte noch keine Ruhe. War es Wirklichkeit? Und sie wußte, wenn sie sich dem Mann hingab, dann war es Wirklichkeit. Doch wenn sie sich zurückhielt, bei sich selbst blieb, dann war es nichts. Sie war alt; Millionen Jahre alt, so schien es ihr. Und endlich vermochte sie die Bürde ihrer selbst nicht länger zu tragen. Sie war da, um genommen zu werden. Da für den, der sie nahm.
Der Mann lag in geheimnisvollem Schweigen. Was empfand er? Was dachte er? Sie wußte es nicht. Er war ein Fremder für sie, sie kannte ihn nicht. Sie konnte nur warten, denn sie wagte nicht, seine geheimnisvolle Stille zu durchbrechen. Er lag da, die Arme um sie geschlungen, seinen Leib an dem ihren, mit seinem nassen Leib den ihren berührend, so eng. Und vollkommen fremd. Doch ganz friedvoll. Allein sein Schweigen war voll Friede.
Sie wußte das, als er sich schließlich von ihr aufhob und sich abwandte. Es war, als verlasse er sie. Er zog ihr im Dunkel das Kleid über die Knie und stand ein paar Augenblicke lang – anscheinend war er mit seinen eigenen Kleidern beschäftigt. Dann öffnete er ruhig die Tür und ging hinaus.
Sie sah einen schimmernden kleinen Mond über dem Abendrot hinter den Eichen stehen. Schnell erhob sie sich und machte sich zurecht; dann war alles in Ordnung. Sie ging zur Hüttentür.
Der tieferliegende Teil des Waldes lag im Schatten, fast verdunkelt. Der Himmel oben aber war kristallen. Er gab kaum noch Licht. Der Mann kam durch die unten lagernden Schatten auf sie zu, sein Gesicht hob sich ihr wie ein bleicher Fleck entgegen.
«Wollen wir dann gehen?» sagte er.
«Wohin?»
«Ich bring Sie bis zum Tor.»
Er richtete alles auf seine Art ein. Er verriegelte die Hüttentür und kam ihr nach.
«Es tut Ihnen nicht leid, nicht wahr?» fragte er, als er neben ihr her ging.
«Nein, nein! Ihnen?» entgegnete sie.
«Das? Nein!» –
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