Lady Chatterley (German Edition)
wurden, ganz dunkel, als er in die ihren sah, und daß seine Pupillen sich weiteten.
«Macht es Ihnen denn gar nichts aus, was Sie riskieren?» fragte er heiser. «Es sollte Ihnen aber was ausmachen. Fangen Sie nicht damit an, wenn es zu spät ist.»
Ein seltsam warnendes Flehen war in seiner Stimme.
«Aber ich habe nichts zu verlieren», sagte sie unwirsch. «Wenn Sie wüßten, wie alles ist, würden Sie meinen, daß ich froh sein könnte, es aufzugeben. Haben Sie für sich selbst Angst?»
«Ja», sagte er kurz. «Ich habe Angst. Ich habe Angst. Ich habe Angst vor allem.»
«Was allem?» fragte sie.
Er machte eine merkwürdige, rückwärtszuckende Kopfbewegung und meinte damit die Außenwelt.
«Vor allem. Vor jedem. Vor allem zusammen.»
Dann beugte er sich über sie und küßte ihr unglückliches Gesicht.
«Nein, ich mach mir nichts draus», sagte er. «Laß uns zusammen sein, und alles andere kann zum Teufel gehn. – Aber wenn es Ihnen hinterher leid tut, daß Sie es getan haben …»
«Schicken Sie mich nicht weg!» flehte sie.
Er legte seine Hand gegen ihre Wange und küßte sie wieder.
«Dann laß mich reinkommen», sagte er weich. «Und zieh deinen Mantel aus.»
Er hängte das Gewehr auf, schlüpfte aus seiner nassen Lederjacke und griff nach den Decken.
«Ich hab noch eine Decke mitgebracht», sagte er, «wir können dann eine über uns legen, wenn wir wollen.»
«Ich kann nicht lange bleiben», sagte sie, «um halb acht gibt es Abendbrot.»
Er blickte sie rasch an und sah dann auf die Uhr.
«Schon gut», sagte er.
Er schloß die Tür und zündete in der hängenden Sturmlampe ein winziges Licht an.
«Einmal werden wir eine lange Zeit zusammen haben», sagte er.
Sorgfältig breitete er die eine Decke aus und ließ die andere gefaltet, für ihren Kopf. Dann setzte er sich einen Augenblick auf den Schemel und zog sie an sich, umschloß sie fest mit einem Arm und suchte mit der freien Hand nach ihrem Leib. Sie hörte, wie sein Atem plötzlich stockte, als er sie fand. Sie war nackt unter ihrem leichten Petticoat.
«Mein Gott, ist es gut, dich zu berühren!» sagte er, und seine Finger glitten liebkosend über die zarte, warme, verborgene Haut ihrer Taille und Hüfte. Er beugte den Kopf und rieb seine Wange an ihrem Bauch und ihren Schenkeln, wieder und wieder. Und wieder wunderte sie sich ein wenig, wie ihn das entzückte. Sie begriff die Schönheit nicht, die er in ihr fand – durch die Berührung ihres lebendigen, verborgenen Leibes –, den beinah ekstatischen Schönheitstaumel. Denn nur der Leidenschaft ist er zugänglich. Und wenn die Leidenschaft tot ist oder nicht da, dann ist der herrliche Pulsschlag der Schönheit unbegreiflich und sogar ein wenig verächtlich; die warme, lebendige Schönheit der Berührung, die so viel tiefer ist als die Schönheit des Sehens. Sie spürte das Gleiten seiner Wange an ihren Schenkeln, an ihrem Bauch, an ihren Hüften, das nahe Streifen seines Bartes und seines weichen, dichten Haares, und ihre Knie begannen zu zittern. Tief innen in sich fühlte sie etwas Neues sich regen, eine neue Nacktheit erstehen. Und sie fürchtete sich fast. Halb wünschte sie, er möchte sie nicht so liebkosen. Irgendwie umzingelte er sie. Doch sie wartete, wartete.
Und als er zu ihr kam, mit der Kraft der Erlösung und Vollendung, mit einem Gefühl reinen Friedens, wartete sie noch immer. Sie fühlte sich ein wenig übergangen. Und sie wußte, daß es zum Teil ihre eigene Schuld war. Sie hatte diese Ausgeschlossenheit immer gewollt. Jetzt war sie vielleicht dazu verdammt. Sie lag still, fühlte, wie er sich in ihr regte, fühlte seine tief in sie eingedrungene Gestrafftheit, sein jähes Erschauern, als sein Samen hervorspritzte, dann das allmählich verebbende Stoßen. Dies Auf und Ab des Hintern – das war sicher ziemlich lächerlich. Wenn man eine Frau war und nicht recht beteiligt bei der ganzen Sache, war dies Aufundniedergehen des Mannes mit seinem Hintern sicher in höchstem Grade lächerlich. Der Mann war in dieser Haltung und bei diesem Akt sicher ungeheuer lächerlich.
Doch sie lag still, ohne Abwehr. Selbst als er fertig war, rührte sie sich nicht, um zu ihrer eigenen Befriedigung zu kommen, wie sie es bei Michaelis getan hatte; sie lag nur still, und langsam stiegen ihr Tränen in die Augen und rannen herab.
Auch er lag still. Aber er hielt sie eng umfaßt und versuchte, ihre armen nackten Beine mit den seinen zu decken, damit sie es warm habe. Mit enger,
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