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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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der Mann? Wollte er das Haus aufwecken? Warum stand er dort wie gebannt und sah wie ein liebeskranker Hund am Haus hinauf, in dem die Hündin ist?
    Guter Gott! Wie ein Blitz durchzuckte Mrs.   Bolton die Erkenntnis. Er war Lady Chatterleys Liebhaber. Er! Er!
    Nicht auszudenken! Na ja, sie selbst, Ivy Bolton, war einmal ein winziges bißchen verliebt in ihn gewesen! Als er ein Junge von sechzehn war und sie eine Frau von sechsundzwanzig. Damals, als sie in der Ausbildung war – er hatte ihr viel geholfen bei der Anatomie und anderem, was sie zu lernen gehabt hatte. Er war ein gescheiter Junge gewesen, hatte ein Stipendium fürs Gymnasium in Sheffield gehabt und Französisch gelernt und all so was. Und war dann schließlich Schmied geworden! hatte Pferde beschlagen! weil er Pferde gern hätte, sagte er; aber in Wirklichkeit, weil er Angst davor hatte, auszuziehen und der Welt entgegenzutreten – nur hätte er das nie zugegeben.
    Aber er war ein netter Junge gewesen, so ein netter Junge, hatte ihr eine Menge geholfen, war so geschickt darin, einem etwas klarzumachen. Er war genauso klug wie Sir Clifford und immer ein Mann für Frauen gewesen. Mehr für die Frauen als für Männer, hieß es.
    Bis er losgezogen war und diese Bertha Coutts geheiratet hatte, wie sich selbst zum Trotz. Manche Leute heiraten sich selbst zum Trotz, weil sie enttäuscht sind oder so etwas. Und kein Wunder, daß es schiefging. – Jahrelang war er dann weg, den ganzen Krieg über: Offizier war er und so: ganz ein Herr, wirklich ganz ein Herr! – Dann kam er doch tatsächlich nach Tevershall zurück und wurde Waldheger. Wirklich, manche Leute können ihre Chance nicht wahrnehmen, wenn sie sich ihnen bietet! Und breitesten Dialekt sprach er, wie die Allerschlimmsten, wo sie, Ivy Bolton, doch wußte, daß er reden konnte wie nur sonst ein Herr, wirklich !
    So, so! Ihre Gnaden waren ihm also auf den Leim gegangen. Na ja, Ihre Gnaden waren nicht die erste: er hatte irgend etwas. Aber sich das vorzustellen: er, ein Mann aus Tevershall, dort geboren und aufgewachsen, und sie, eine Lady von Wragby Hall! Bei Gott, das war ein Schlag ins Gesicht für die hochfahrenden Chatterleys!
    Aber er, der Heger, erkannte, als langsam der Tag graute: es hat keinen Zweck. Es hat keinen Zweck, zu versuchen, seine Einsamkeit abzustreifen. Man mußte das ganze Leben darin ausharren. Nur manchmal, manchmal füllt sich die Lücke. Manchmal! Aber man mußte auf dieses Manchmal warten. Man mußte seine Einsamkeit hinnehmen und in ihr ausharren, das ganze Leben. Und dann mußte man das Manchmal wahrnehmen, wenn die Lücke ausgefüllt wurde, so, wie es kam. Aber es mußte von selber kommen. Man konnte es nicht herbeizwingen.
    Jäh riß das blutende Verlangen ab, das ihn zu ihr hingezogen hatte. Er hatte es abgerissen, weil es sein mußte. Es mußte von beiden Seiten ein Zueinanderkommen sein. Und wenn sie nicht zu ihm kam, wollte er ihr nicht nachspüren. Er durfte nicht. Er mußte weggehen, bis sie kam.
    Langsam, grübelnd tauchte er in die Einsamkeit zurück. Er wußte, es war besser so. Sie mußte zu ihm kommen, es hatte keinen Sinn, ihr nachzugehen. Keinen Sinn!
    Mrs.   Bolton sah ihn gehen, sah seinen Hund hinter ihm herlaufen. «So, so!» sagte sie. «Er ist der einzige Mann, an den ich nie gedacht habe, und dabei der einzige, an den ich hätte denken können. Er war nett zu mir, als er ein Junge war und ich Ted verloren hatte. So, so. Was er wohl sagen würde, wenn er es wüßte!»
    Und triumphierend sah sie zu Clifford hinüber, der schon eingeschlafen war, und leise ging sie aus dem Zimmer.

ELFTES KAPITEL
    Connie war dabei, eine der Rumpelkammern von Wragby durchzukramen. Es gab etliche: das Haus war eine große Gerümpelkiste, und die Familie verkaufte niemals etwas. Sir Geoffreys Vater hatte Gemälde gesammelt, und Sir Geoffreys Mutter Cinquecento-Mobiliar. Sir Geoffrey selbst hatte eine Schwäche für alte, geschnitzte Eichentruhen gehabt und für Sakristeischränke. So setzte es sich fort durch die Generationen. Clifford sammelte sehr moderne Bilder, zu sehr mäßigen Preisen.
    So stauten sich denn in der Rumpelkammer miserable Sir Edwin Landseers und rührende Vogelnester von William Henry Hunt und andere Akademie-Produkte – genug, daß die Tochter eines Mitglieds der Royal Academy das kalte Grausen packte. Sie nahm sich vor, eines Tages alles zu sortieren und verschwinden zu lassen. Nur die grotesken Möbel interessierten sie.
    Sorgsam gegen

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