Lady Chesterfields Versuchung
heraus, ehe er sie zurückhalten konnte.
Die Verletztheit in ihrem Blick war wie eine Ohrfeige für ihn. Recht geschah es ihm. Er benahm sich wie ein Kind und war beleidigt, weil sie den Ring nicht haben wollte. Aber es war das erste Mal, dass er über so viel Geld verfügte und etwas für sie ausgeben konnte – und dann verschmähte sie sein Geschenk.
„Das ist nicht der Grund“, erwiderte sie leise und wich seinem Blick aus. „Ich kann den Ring nicht annehmen, weil wir nicht wirklich verheiratet sind.“
„Nein, das sind wir nicht. Aber er verhindert, dass man über uns redet.“ Abermals reichte er ihr das Schmuckstück. „Nehmen Sie ihn.“
Sie schüttelte den Kopf. „Er ist viel zu kostbar. Ich kann keinen Diamantring von Ihnen annehmen.“
„Warum nicht?“ Er hatte erwartet, dass der Ring ihr gefallen würde – nicht, dass sie ihm Gründe nannte, warum sie ihn nicht annehmen konnte. „Ich bin doch nicht der erste Mann, der Ihnen Schmuck schenkt, oder?“
„Aber Sie sind weder mein Vater noch mein Bruder. Es gehört sich einfach nicht.“
„Alle glauben, dass ich Ihr Ehemann bin.“
„Verstehen Sie denn nicht?“, fragte sie leise, stand auf und nahm seine Hand. „Der Ring verlangt Ihnen ein Opfer ab. Sie geben zu viel für mich aus, das bin ich nicht wert.“
„Ich bestimme, was Sie mir wert sind. Verdammt soll ich sein, wenn ich Ihnen einen Blechring schenke.“
Sie ließ seine Hand los, setzte sich wieder und sah beiseite. „Ich kann ihn nicht nehmen, Michael. Nicht nur, weil er so wertvoll ist – sondern, weil ich mir möglicherweise wünschen könnte, dass er mehr bedeutet.“
Michael erwiderte nichts darauf, und dann hörte Hannah, wie er das Zimmer verließ. Als er gegangen war, ließ sie ihren Tränen freien Lauf.
Es war ein wunderschöner Ring, und sie hätte es als Ehre empfunden, ihn tragen zu dürfen – wenn es ein richtiger Ehering gewesen wäre.
Warum hat er das getan? fragte sie sich schluchzend. Er wusste doch, dass ihre Abmachung zeitlich begrenzt war. Wenn er die Antworten erhalten hatte, die er so verzweifelt suchte, würde sie nicht länger Teil seines Lebens sein. Sie wussten beide, dass das Ende unvermeidlich war.
Aber als er hinausgegangen war, hatte er furchtbar wütend gewirkt. Würde er nun von ihr verlangen, dass sie jetzt schon abreiste? Die Vorstellung, Michael verlassen zu müssen, ohne zu wissen, wie es ihm weiter erging, schnürte ihr die Kehle zu.
Sie war im Begriff, ihr Herz an den Mann zu verlieren, der entweder ein gewöhnlicher Soldat oder ein vertauschter Prinz war. Irgendwie musste er ahnen, wie es um ihre Gefühle stand, musste ihr Geheimnis durchschaut haben und wissen, dass sie die Absicht hatte, jeden gestohlenen Moment mit ihm in vollen Zügen zu genießen. Sie wollte seine Berührungen wieder spüren und von ihm zum Leben erweckt werden, wie er es auf dem Schiff schon einmal getan hatte.
Das Zimmer kam ihr mit einem Mal schrecklich leer vor. Ihr Blick fiel auf das Bett, und ihr wurde bewusst, dass sie sich noch keine Gedanken darüber gemacht hatte, wo sie heute Nacht schlafen würde. Sollte sie es wagen, wie eine richtige Ehefrau neben ihm zu liegen?
Sie setzte sich auf das Bett und strich über die bunt gemusterte Steppdecke. Heute war nichts an Michaels Benehmen ungehörig gewesen. Gleichmütig hatte er den Einkaufsbummel über sich ergehen und sie Sachen für ihn bestellen lassen, obwohl sie genau gewusst hatte, dass er sich im Grunde nichts daraus machte.
Zum Juwelier musste er gegangen sein, als sie sich die Hüte angesehen hatte. Diesen kurzen Moment hatte er genutzt, um ihr eine Überraschung zu bereiten.
Gut gemacht, Hannah, dachte sie ironisch. Der Mann hat ein Vermögen für dich ausgegeben, und du weist sein Geschenk zurück.
Doch sie konnte nicht zulassen, dass er ihr ein solches Geschenk machte – nicht allein, weil das Schmuckstück so kostspielig war, sondern, weil ein Ring wie dieser eine einzigartige Erinnerung darstellte, die sie ein ganzes Leben lang begleiten würde.
Hätte sie ihn angenommen, würde sie unentwegt an ihre Gefühle für Michael erinnert werden.
Sie erschrak, als ihr bewusst wurde, dass sie keine Ahnung hatte, wohin Michael gegangen sein mochte. Es war viel zu gefährlich für ihn, unter diesen Umständen allein in der Stadt unterwegs zu sein. Erst vor zwei Tagen hatte man auf ihn geschossen. Es war nicht auszuschließen, dass man erneut einen Anschlag auf ihn verübte.
Rasch zog sie
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