Lady Chesterfields Versuchung
war sie nicht mehr sicher, wie weit sie ihn gehen lassen würde.
Michael stellte sie auf die Füße und berührte mit seiner Stirn ihre. „Was machst du mit mir, Hannah?“
Sie zitterte am ganzen Körper und rang nach Atem. „Ich glaube, das weißt du.“
Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich nach draußen. Hannah wusste, dass der Stallbursche ahnen würde, was sich drinnen abgespielt hatte, wenn er sie sah. Ihr Haar hing ihr offen den Rücken hinab und ihre Wangen glühten vor unerfülltem Verlangen.
Vor dem Eingang des Gasthofs blieb Michael stehen. „Geh nach oben und warte auf mich, Hannah. Ich komme gleich nach.“
Sie eilte die Treppen hinauf, ohne auf die anderen Gäste zu achten, von denen sie inständig hoffte, dass sie ihr derangiertes Äußeres nicht bemerkten. In ihrem Zimmer angekommen, streifte sie die Stiefeletten ab und zog die verbliebenen Nadeln aus ihrem Haar.
Gütiger Himmel. Was war sie im Begriff zu tun?
Sie starrte auf das Bett und die kleine Argandlampe, die die Kammer mit ihrem weichen Licht sanft erhellte. Alles in diesem Raum schien auf eine Verführung zu warten – eine, für die sie sich noch nicht bereit fühlte.
Ja, es war leicht gewesen, Michael im Stall in die Arme zu sinken, doch nun, da sie einen Moment für sich alleine hatte, hallten plötzlich alle Lektionen, die ihre Mutter ihr eingebläut hatte, in ihrem Geist wider.
Lass dich niemals von einem Mann berühren, bevor ihr nicht verheiratet seid. Noch nicht einmal einen Kuss darfst du ihm gestatten. Und lass ihn um Himmels willen nie auch nur deine entblößten Fußknöchel sehen.
In diesem Augenblick ging die Tür auf, und Michael betrat den Raum. Er hielt etwas hinter seinem Rücken verborgen, und Hannah verrenkte sich fast den Hals in dem Versuch, zu erkennen, was es war. Sie erspähte einen zugedeckten Teller.
Mit einer schwungvollen Geste hielt Michael ihr den Teller hin und zog das Tuch fort. Hannahs Augen weiteten sich, als sie das dicke Kuchenstück mit Buttercremefüllung sah.
Es sah köstlich aus, und Hannah lief das Wasser im Mund zusammen. Dann stutzte sie. „Du hast die Gabel vergessen.“
„Wir brauchen keine.“
Erst wusste sie nicht, was er meinte, doch dann erschien das Bild vor ihrem inneren Auge, wie Michael sie mit den Fingern fütterte.
Michael stellte den Teller auf der Kommode ab und trat hinter Hannah, um die Knöpfe ihres Kleides zu öffnen. Ihre Haut war eiskalt, obwohl sie versuchte, sich zu entspannen. Die Vorstellung, sich ihm hinzugeben, hatte sich bei Weitem nicht so bedrohlich angefühlt, als er sie geküsst und ihr keine Gelegenheit zum Nachdenken gelassen hatte.
Michael öffnete Knopf um Knopf, und einer Panik nahe, machte Hannah sich klar, dass sie ihn aufhalten musste, wenn sie ihre Unschuld bewahren wollte. Je mehr bloße Haut er freilegte, umso angespannter wurde sie.
„Ich weiß, dass du Angst hast“, murmelte Michael und küsste ihren Nacken. „Aber du hast keine Zofe dabei, und schließlich kannst du nicht in diesem Korsett schlafen.“
Ihr wurde bewusst, dass er ihr die Wahl ließ und nicht mehr verlangen würde, als sie zu geben bereit war.
„Wenn du möchtest, sage ich der Wirtin Bescheid, damit sie jemanden schickt, der dir hilft.“
Zittrig atmete Hannah aus. Das mochte die einfachste Lösung sein, allerdings würde es sehr verdächtig erscheinen, wenn sie ihrem Ehemann nicht gestattete, ihr beim Auskleiden zu helfen, und dann gab es da ja auch noch das Sprachproblem.
„Es ist schon in Ordnung“, brachte sie zustande. „Du kannst mir behilflich sein.“ Das Herz trommelte ihr gegen die Rippen, und ihre Unsicherheit wuchs mit jedem Moment, da sie nicht wusste, wie sie sich entscheiden sollte.
„Würdest du das Licht löschen?“, fragte sie leise. „Ich möchte nicht, dass du mich siehst.“
Michael antwortete nicht, sondern trat vor sie hin und sah ihr ins Gesicht. Er machte keine Anstalten, sie weiter auszukleiden, doch das Kleid war bereits so weit aufgeknöpft, dass es ihr von den Schultern rutschte. „Willst du, dass ich woanders schlafe, Hannah?“
„Nein, unter keinen Umständen.“ Es wäre nicht nur zu teuer gewesen, ein zweites Zimmer zu mieten, es wäre auch zu gefährlich, wenn sie sich trennten.
Er trat einen Schritt von ihr fort und sah sie abwartend an, während Hannah ihr Kleid festhielt. Dann sah er beiseite, schien zu überlegen, was er tun sollte, und setzte sich in den Sessel beim Ofen.
Er hielt den Blick abgewandt, und es
Weitere Kostenlose Bücher