Lady Chesterfields Versuchung
kleiden habe. Er war jetzt für alle Gelegenheiten gerüstet – vom sportlichen Ereignis bis hin zum offiziellen Abendempfang. Nicht eine einzige Kleinigkeit hatte sie vergessen, weder Hüte noch Handschuhe, noch Unterwäsche. Michael schauderte beim Gedanken an Letzteres. Es gab Dinge an einem Mann, bei denen es sich verbot, Maß zu nehmen.
„Der Graf hat völlig recht.“ Hannah nickte zufrieden. „Kleider machen Leute.“
„Hätten wir denn nicht alles gleich im ersten Geschäft bestellen können?“
„Natürlich nicht!“, rief sie empört, als habe er vorgeschlagen, in Lumpen vor den Fürsten zu treten. „Sie müssen von möglichst vielen Menschen gesehen werden. Nur so kann der Fürst Ihre Anwesenheit nicht unter den Teppich kehren und muss Ihnen helfen, die Wahrheit herauszufinden.“
Allerdings bedeutete das ein nicht geringes Risiko. Seiner Gewohnheit aus Militärzeiten folgend, schaute Michael ständig über die Schulter. Aber schließlich hatte es bereits zwei Anschläge auf sein Leben gegeben, und da er spürte, dass ein dritter kurz bevorstand, wollte er unbedingt vermeiden, dass Hannah in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ein Anschlag würde erfolgen – die Frage war nur wann. Wenn er Glück hatte, war Hannah dann schon bei ihren Verwandten in Sicherheit.
Es entging ihm nicht, wie begeistert sie bei der Sache war und wie sehr sie den gemeinsamen Nachmittag genoss, obwohl sie für sich selbst gar nichts gekauft hatte. Um das zu ändern, schlug Michael ihr vor, eine Schneiderin aufzusuchen und sich ein Kleid machen zu lassen.
„Ich brauche keines, wirklich.“ Hannah winkte ab. „Verschwenden Sie kein Geld für mich. Ich habe genügend Kleider, wenn meine Koffer erst einmal mit der Kutsche des Grafen hier eintreffen.“
Doch als Michael bemerkte, wie sie die Auslage eines Hutgeschäfts bewunderte, bestand er darauf, dass sie sich einen neuen Hut aussuchte. Er schob sie in den Laden, und während sie mit der Putzmacherin sprach, eilte er unbemerkt in das Geschäft nebenan, um eine Überraschung für sie zu erstehen.
Das Geschenk kostete mehr, als er erwartet hatte, aber er wollte, dass Hannah es bekam. Er zahlte, ließ das in braunes Papier gewickelte Päckchen in seine Tasche gleiten und eilte wieder in das Hutgeschäft zurück. Hannah war seine Abwesenheit nicht aufgefallen.
Nach dem Dinner kehrten sie auf ihr Zimmer im Gasthof zurück. Müde ließ Hannah sich in einen Sessel fallen. „Meine Füße schmerzen“, gestand sie und begann, ihre Stiefeletten aufzuknöpfen. „Ich komme mir vor, als wäre ich zwanzig Meilen gelaufen.“
Michael lächelte und konnte es kaum erwarten ihr sein Geschenk zu überreichen. Er freute sich auf ihren überraschten Gesichtsausdruck, wenn sie es auswickeln würde.
„Hier.“ Er hielt ihr die kleine Schachtel hin. „Das ist für Sie.“
Sie streckte die bestrumpften Füße aus und nahm das Geschenk entgegen. „Wann haben Sie das erstanden?“, fragte sie verblüfft und lächelte. „Ich hoffe doch sehr, dass es etwas Süßes ist.“
Sie riss das braune Papier ab und hob den Deckel der Schachtel. Ein mit Diamanten und Aquamarinen besetzter Ring lag darin.
Sprachlos starrte sie auf das Schmuckstück, von dem Michael sicher gewesen war, dass Hannah es haben musste.
„Nun machen Sie schon. Probieren Sie, ob er passt.“
Er nahm den Ring und schob ihn ihr über den Mittelfinger der linken Hand. „Der Juwelier ändert die Größe, wenn es notwendig sein sollte.“
Doch glücklicherweise passte der Ring wie angegossen. Hannah berührte die funkelnden Diamanten. „Was haben Sie getan, Michael?“
„Sie behaupten überall, dass wir verheiratet sind. Meinen Sie nicht, dass man sich wundert, wenn Sie keinen Ring tragen?“
Sie erblasste und schüttelte den Kopf. „Aber dieser Ring ist viel zu kostspielig. Das können Sie sich nicht leisten.“
Das mochte stimmen, doch Michael hatte auch seinen Stolz. Schließlich war es seine eigene Entscheidung, wenn er seine Ersparnisse für Hannah ausgab. Außerdem wollte er, dass sie eine Erinnerung an ihre gemeinsame Zeit behielt. Etwas, das sie an ihn denken ließ.
„Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Kosten.“
Sie nahm den Ring wieder ab und reichte ihn ihm. „Das hätten Sie nicht tun dürfen. Ich kann ihn nicht annehmen.“
Das kleine Stück Metall schien wie Feuer in seiner Hand zu brennen. Warum konnte sie ihn nicht annehmen?
„Ist er Ihnen nicht gut genug?“ Die bitteren Worte waren
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