Lady Daphnes Verehrer
beim Essen, Mrs Joyes. Wie ich sehe, regnet es nicht mehr, und ich denke, ich mache einen Ausritt und sehe mich ein wenig in der Gegend um, solange es noch hell ist. Vielleicht hätten Sie, wenn ich zurückkehre, die Freundlichkeit, mir Ihre überaus seltenen Blumen zu zeigen.«
Ein Blick aus ihren grauen Augen. Unverhohlen. Wissend. Sie durchschaute sein Spiel. Was nicht bedeutete, dass er die Partie nicht gewinnen würde.
»Wir begeben uns früh zur Ruhe, Sir.«
»Ich werde nicht lange weg sein.«
»Vielleicht morgen früh …«
»Ich habe vor, zeitig aufzubrechen. Heute Abend würde es mir viel besser passen.«
»Aber es wird zu dunkel sein, um noch etwas zu sehen.«
»Wir nehmen eine Laterne mit.«
Sie legte verärgert die Stirn in Falten. »Sie sind es offensichtlich gewohnt, Ihren Willen zu bekommen.«
»Seinen Willen zu bekommen ist das Beste daran, Herzog zu sein.«
»Dann wäre es – ich wiederhole mich – töricht von mir, es Ihnen auszuschlagen.«
Er machte eine Verbeugung, um sich zu verabschieden. »Sie können mir ausschlagen, was Sie wollen, Mrs Joyes. Ich werde es Ihnen nicht übel nehmen.«
3
Er hatte schöne Hände. Das war Daphne bereits beim Essen aufgefallen.
Diese Hände, durch und durch männlich, jedoch auch unleugbar elegant, hatten immer wieder ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie hatte schon viele Männerhände gesehen, aber keine so makellosen, dessen war sie sich sicher. Sie waren viel zarter als ihre, wie sie sofort bemerkt hatte. Alle Handschuhe und Cremes der Welt konnten die Hände einer Dame nicht schützen, wenn diese häufiger mit Hacken und Schaufeln zugange war, als es sich für sie geziemte.
Sie hätte ihm wahrscheinlich etwas Brandy oder Wein ausschenken sollen. Vielleicht war es falsch gewesen, es nicht zu tun. Das war die Frage bei einem Mann, der so viel trank wie Castleford: Machte ihn der Alkohol duselig oder übermütig?
Da sie es nicht wusste, war sie auf die Geschichten über seine Herumhurerei und seine Saufgelage angewiesen, die ihr die gemeinsamen Freunde erzählt hatten. Das eine schien mit dem anderen einherzugehen, und sie hatte es für das Beste gehalten, erst gar kein Feuer zu schüren. Aber wenn beides tatsächlich verknüpft war, gab er sich vielleicht nur mit Huren ab, wenn er trank, und ließ ihresgleichen in Ruhe.
Sie schritt in der Bibliothek auf und ab, nachdem er gegangen war. Sie konnte sich einfach zu Bett begeben, um nicht mehr verfügbar zu sein, wenn er zurückkehrte. Er hatte gesagt, sie könne ihm ausschlagen, was sie wolle. Nur glaubte sie nicht, dass er die Gartenbesichtigung gemeint hatte. Ihrer Vermutung nach hatte er sich auf das bezogen, was er zu tun versuchen würde, wenn sie erst einmal im Garten waren.
Der Schurke wollte sie verführen, obwohl sie sich gerade erst kennengelernt hatten! Dieser eingebildete Kerl dachte, sie würde sich ihm einfach fügen und sich einem Trunkenbold hingeben, den sie kaum kannte und für den das bisschen, was sie über ihn wusste, keine gute Empfehlung war. Sein unerklärliches Selbstvertrauen war ohne Beispiel.
Verließ er sich darauf, dass sie ihm nicht glaubte, dass sie ihm etwas ausschlagen könne? Erwartete er wegen dieses Anwesens Gefügigkeit von ihr? Das wäre schlichtweg böse. Und das hatte er ihr immerhin zugesichert, nicht wahr? Dennoch sorgte sie sich, dass er, wenn sie ihn zurückwies, vielleicht gekränkt wäre und die Dinge daraufhin am Dienstag, dem Tag der Entscheidung, schlecht für sie ausgehen könnten.
Nachdem sie lange darüber nachgedacht hatte, wurde ihr klar, dass ihr keine Wahl blieb. Sie musste ihn beim Wort nehmen. Falls er sie alle vor die Tür setzte, weil sie ihm seine Wünsche nicht erfüllte, würde sie dafür sorgen, dass die gemeinsamen Freunde die Wahrheit erfuhren.
Möglicherweise war Letzteres sogar die beste Absicherung. Hoffentlich lag Castleford an seiner langen Freundschaft zu Veritys Mann, dem Earl of Hawkeswell, und zu Lord Sebastian Summerhays, der ihre Cousine Audrianna geheiratet hatte.
Als sie draußen das Pferd hörte, erschrak sie, und ihr Magen zog sich zusammen. Wenigstens würde es im Garten dunkel sein. Sie würde sein Mienenspiel und seine teuflischen Augen nicht sehen.
So war die Wahrscheinlichkeit geringer, dass er sie in seinen Bann zog mit der faszinierenden Kombination aus sorgloser Unbekümmertheit – mit der eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber allem einherging – und dieser Leidenschaft, die er ausstrahlte
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