Lady Daphnes Verehrer
Sie sind unverschämt! – Wie können Sie es wagen, so zudringlich zu werden! – Ihre Frechheit ist unerträglich! Der Mann war ein Teufel und sie musste sich zusammennehmen und …
»Wie lange ist es her, Mrs Joyes? Wann haben Sie zum letzten Mal einen Kuss von einem Mann bekommen, wenigstens auf den Mund?«
Wenigstens?
Als sein Atem sanft über ihre Lippen strich, wurde ihr schwindelig, und ihr Puls begann zu rasen. »Ich denke, es ist schon einige Jahre her. Was für eine schreckliche Verschwendung!« Sie wurde von seiner Präsenz umfangen und gleich darauf auch von seinen Armen.
Ein Kuss, behutsam und zugleich entschlossen. Sie widerstand dem Drang, die Augen zu schließen und sich von der Innigkeit des Augenblicks davontragen zu lassen, doch sie war viel mehr in Versuchung, als sie sich jemals hatte vorstellen können. Voller Entsetzen kämpfte sie gegen die traumhafte Woge der Wonne an, die sie zu überwältigen drohte.
Aber ihre Empfindungen waren so herrlich und ergreifend, dass sie hätte weinen können. Die Wärme ging ihr zu Herzen, und ein lange verschütteter, verleugneter und ignorierter Teil von ihr sehnte sich danach, freizukommen und zu jubilieren. In seinen Armen war sie wieder ein Mädchen und quicklebendig.
Du bist nur ein Spielzeug für ihn – gerade du solltest das wissen!, sagte ihre innere Stimme, die eine Weile gebraucht hatte, um zu ihr durchzudringen. Sie sah alles, was geschah, als schaute sie von außen durch die Scheiben des Gewächshauses.
Sie hatte den Kuss erwidert, und es waren zwei Küsse daraus geworden und dann noch mehr, immer drängender und leidenschaftlicher. Nun lag sie ergeben in seinen Armen, und er zog sie fest an sich. Er liebkoste sie auf unerhörte Weise, indem er seine Hände über ihren Rücken gleiten ließ, über ihre Seite und die Hüften und – um Himmels willen – ihre Schenkel.
Sie hörte sich seufzen und nach Atem ringen, während sie von immer erregenderen Empfindungen durchflutet wurde. Als sich seine Hände nach oben bewegten, auf ihre Brust zu, spürte sie, wie ihre Brustwarzen vor Verlangen brannten und auf die Berührung warteten, die auch den letzten Rest ihrer Beherrschung zunichtemachen würde.
Sie sah sich hilflos dahinsinken wie die bedauernswerte einsame Witwe, für die er sie hielt.
Du musst das sofort beenden! Später wird er sich nicht mehr bremsen lassen!, mahnte sie ihre innere Stimme. Es war eine unangenehme Wahrheit, die ihr unerwünscht in Erinnerung rief, welchen verheerenden Gefahren Frauen ausgesetzt waren.
Es zu beenden war nicht leicht. Er wusste wahrscheinlich, wie schwer es ihr fiel, nachdem sie ihm bereits erste Freiheiten gestattet hatte. Es war schwerer als angemessen, angesichts der Tatsache, dass sie ihn kaum kannte und wusste, was der Preis für eine derartige Leidenschaft war.
Irgendwie brachte sie die nötige Kraft auf und zwang sich innezuhalten.
Er bemerkte es sofort und beendete den Kuss. Ihr war bewusst, dass nicht alle Männer so gehandelt hätten. Sie weigerte sich, ihm in die Augen zu sehen, als er sie lange und forschend betrachtete. Dann ließ er die Arme sinken und wich ein paar Schritte zurück.
In der angespannten Stille, die nun eintrat, versuchte sie sich zu fassen. Sie konnte ihm schlecht vorwerfen, er habe sie beleidigt. Es wäre lächerlich, denn schließlich hatte sie ihn gewähren lassen. Sie würde ihm jedoch nicht die Genugtuung lassen, sie davonlaufen zu sehen wie eine verängstigte Maus.
Sie wandte sich ab und zeigte, als wäre nichts gewesen, ans andere Ende des Gewächshauses. »Erlauben Sie mir, Ihnen unsere Weinstöcke zu zeigen, Lord Castleford. Die Besucher sind immer ganz erstaunt, dass sie hier gedeihen. Wir sind sehr stolz darauf.«
Sie redete in einem fort, während sie zu dem Durchgang schlenderten, der das Gewächshaus mit dem hinteren Salon verband. Sie erklärte ihm die Weinstöcke und wies ihn auf einen großen Topf mit Kamelien hin. Er ging schweigend neben ihr her; eine große dunkle Gestalt, von der eine sinnliche Gefahr ausging.
Sie hoffte, dass er sich nun höflich zurückziehen würde und sie so tun würden, als hätte es die Küsse nie gegeben. Doch er bedachte sie mit einem Blick, der gegen alle Regeln der Höflichkeit verstieß. Es war der Blick eines Mannes, der seine Möglichkeiten und ihre Willensstärke abzuschätzen versuchte.
Der Herrgott möge ihr beistehen! Es gelang ihm sogar, einige der köstlichen Empfindungen wieder in ihr aufleben zu lassen,
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