Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Daphnes Verehrer

Lady Daphnes Verehrer

Titel: Lady Daphnes Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Hunter
Vom Netzwerk:
glaubte, sie würde in diesem Raum eine Besprechung mit ihm abhalten, dann würde er heute die wahre Bedeutung von Wörtern wie »streng« und »schelten« kennenlernen.
    »Hier entlang, Madam«, sagte der Diener, der sich vor einer weiteren Flügeltür aufgestellt hatte und auf sie wartete.
    Erleichtert ging sie auf die Tür zu. Der Weg zum Arbeitszimmer, das selbstverständlich zu den Privatgemächern des Herzogs gehörte, führte eben durch das Ankleidezimmer. Sie hatte zu heftig reagiert, aber andererseits war jedes Misstrauen gegenüber Castleford gerechtfertigt.
    Die Tür ging auf und sie sah sofort, dass sie in diesem Punkt recht gehabt hatte. Wenn überhaupt, dann hatte sie ihn unterschätzt.
    Auch dieser Raum war kein Arbeitszimmer. Es handelte sich vielmehr um das Schlafgemach des Herzogs.
    Die Renovierung dieses Raums lag offenbar weniger lange zurück als die der anderen. Hier gab es kaum visuelle Exzesse. Der klassische Stil dominierte, von den Zahnschnittfriesen und gediegenen Stuckverzierungen bis hin zu den Sesseln im römischen Stil. Die Farben – überwiegend von Mr Wedgwood inspirierte Creme- und Blautöne – überraschten sie. Sie hatte sich vorgestellt, Castleford hätte sich in dunklen Farben und in Rot eingerichtet. In sehr viel Rot.
    Der Herzog saß an einem mit Papieren überhäuften Schreibtisch und verfasste mit grüblerischer Miene einen Brief. Das Licht, das durch das Fenster hereinfiel, wurde von dem metallenen Tintenfass und den Kerzenständern reflektiert. Es erhellte sein Profil und brachte die wenigen goldenen Strähnen in seinem zerzausten Haar zum Leuchten.
    Wie gut und intelligent er aussah! Sie riss ihren Blick rasch von seinem Gesicht los. Dann nahm sie den Rest von ihm in Augenschein: den dunkelblauen legeren langen Seidenmantel, den er trug; seinen unbedeckten Hals, der aus dem Kragen herausschaute, seine nackten Füße.
    Er trug seinen Morgenmantel und hatte sich noch nicht angekleidet. Wenn sie sich nicht irrte – und sie hoffte, dass sie sich irrte –, befand sich nichts anderes unter der blauen Seide als sein Körper.
    Schockiert von seiner Dreistigkeit zog sie hörbar die Luft ein.
    Castleford drehte sich um, legte seine Schreibfeder zur Seite und erhob sich. »Ah, Mrs Joyes, pünktlich auf die Minute!«
    »Wenn Sie dachten, ich käme zu spät, und sich noch herrichten möchten, warte ich gern, bis Sie bereit für den Tag sind.«
    Er schaute an sich hinunter und zuckte mit den Schultern. »Es gibt keinen Grund, Sie warten zu lassen. Es ist ja nicht so, als läge ich nackt im Bett.«
    Sie schüttelte aufgebracht den Kopf. »Ihr Benehmen ist unsäglich!«
    »Heißt das, dass Sie nichts sagen werden? Mir ist es sehr viel lieber, wenn ich rede. Ich denke, ich werde mich heute Morgen interessanter finden als Sie, wenn der Ausdruck der Bestürzung in Ihrem Gesicht – Verzeihung, der Ausdruck kolossaler Überraschung – ein Warnsignal dafür ist, dass Sie mich wieder schelten werden.« Er wies auf einen der Sessel. »Möchten Sie sich nicht setzen?«
    Nein, sie wollte sich nicht setzen. Sie wollte nicht mit diesem spärlich bekleideten Mann in seinem Schlafgemach verweilen. Er hatte es absichtlich so arrangiert, um sie dafür zu bestrafen, dass sie ihn am Vortag abgewiesen hatte.
    Dann dachte sie an The Rarest Blooms und rief sich in Erinnerung, warum sie ihn überhaupt ertrug. Sie setzte sich hin. Er blieb stehen und schaute zu ihr hinunter. Das verschmitzte Funkeln in seinen Augen verriet seine Belustigung über ihr Unbehagen.
    Diener kamen mit Tischtuch und Tabletts herein und deckten den Tisch in der Mitte des Zimmers mit Silber, Porzellan und Glas ein.
    Nachdem die Bediensteten gegangen waren, warf Daphne einen missbilligenden Blick auf den blauen Morgenmantel des Herzogs.
    »Wenn ich in aller Frühe aufstehen und mich zurechtmachen konnte, hätten Sie es ebenfalls tun können«, bemerkte sie.
    »Wozu? Sie finden so oder so einen Grund zum Schelten. Ich freue mich schon auf den Tag, an dem Ihre einzige Beschwerde mir gegenüber sein wird, dass das Vergnügen ein zu rasches Ende fand.«
    Sie war sprachlos. Er tat so unschuldig, als hätte er gerade nicht sehr deutlich das Ziel seines Spiels verkündet.
    »Sie mussten das Haus verlassen und mit der Kutsche fahren, Mrs Joyes. Da ist es unerlässlich, sich anzukleiden. Ich hingegen habe vor, schlafen zu gehen, sobald wir das hier erledigt haben, weswegen es viel zu umständlich gewesen wäre, mich erst noch

Weitere Kostenlose Bücher