Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Daphnes Verehrer

Lady Daphnes Verehrer

Titel: Lady Daphnes Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Hunter
Vom Netzwerk:
hinterhältigen Plan unterstellt – ohne jeden Grund.
    Sie schaute zum Schreibtisch und ging sogar ein paar Schritte darauf zu. Die vielen Papiere! Er hatte auch äußerst konzentriert gewirkt, als sie hereingekommen war, und er hatte ihr zuvor schon einmal freiheraus gesagt, dass er keine Briefe schrieb.
    Er hatte keineswegs die ganze Nacht getrunken und herumgehurt, sondern war so vertieft in sein literarisches Unterfangen gewesen, dass er kein Auge zugetan hatte. In Anbetracht solcher Ambitionen war es nicht verwunderlich, dass er sich vor ihrer Besprechung nicht angekleidet hatte.
    Sie hatte vergessen, mit wem sie es zu tun hatte. Ihr kleines Anwesen war für einen solchen Mann wohl kaum von Bedeutung. Ebenso wenig die Person, die es bewohnte. Lediglich in der Zeit, in der er nichts anderes zu tun hatte, spielte er sein Spiel mit ihr, und seine Neigung, es zu spielen, störte ihn sogar.
    »Ich muss Sie um Verzeihung bitten, Hoheit. Ich habe mich zu sehr von den Schlagzeilen der Skandalblätter und dem Geschwätz der Leute beeinflussen lassen und viel zu schnell deren Meinung übernommen, Sie seien ein berüchtigter, verruchter Schurke.« Sie wies auf die Papiere und versuchte, es wiedergutzumachen, indem sie Interesse für seine Arbeit zeigte. »Arbeiten Sie schon lange daran?«
    Er ging zum Schreibtisch, nahm ein paar Blätter zur Hand und betrachtete sie kritisch. »Einige Monate. Manche Passagen sind eine echte Qual, weil ich zu lange brauche, um meine Gedanken treffend zu formulieren. Ich hoffe, es wird mit der Zeit einfacher. Ich hätte nie gedacht, dass es so schwer ist, ein Buch zu schreiben, und gleichzeitig auch so fesselnd.«
    Er empfand die Aufgabe, der er sich gewidmet hatte, als Herausforderung. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er das oft zugab.
    »Darf ich nach dem Thema fragen? Wenn es ein Geheimnis ist, vergeben Sie mir meine Neugier.«
    »Es ist kein Geheimnis. Ich habe mein Vorhaben bereits ein paar Freunden anvertraut. Aber ich möchte Sie nicht damit langweilen.«
    »Ich finde es gewiss nicht langweilig.«
    Er schaute auf seinen Text und schien stolz zu sein auf das, was er da las. »Es ist ein Stadtführer. Von London. Für den Normalbürger. Empfehlungen, wo man hingehen muss, um Unterhaltung und Zerstreuung zu finden.«
    Sein Thema war zwar nicht annähernd so erhaben und wissenschaftlich, wie sie gedacht hatte, aber es war dennoch interessant. »Wie nützlich! Die Besucher der Stadt werden froh sein, von einem angesehenen Mann mit Geschmack wie Ihnen Hinweise zu Theatern und Pferderennen und dergleichen zu bekommen.«
    »Hmmm. Aber so etwas gibt es ja schon, nicht wahr?«, murmelte er abgelenkt von seinen Zeilen auf dem Papier. »Dieses Buch wird keinen Boden bearbeiten, der bereits bestellt wurde, sondern Neuland erschließen. Es geht um ganz spezielle Zerstreuungen, mit denen sich nur wenige andere Männer so gut auskennen wie ich.«
    Sie sah ihn an, dann die Papiere in seiner Hand, dann wieder ihn. Er lächelte über eine Stelle, die er gerade las.
    »Um welche Zerstreuungen, Hoheit?«
    Er war so vertieft, dass er ihre Frage gar nicht hörte. Er runzelte die Stirn. »Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es Erfahrungsbereiche gibt, für die unsere Sprache unzureichend ist? Ich war mir dieser Unzulänglichkeiten gar nicht bewusst, bevor ich mit dem Buch angefangen habe.«
    Ihr fiel nur ein Erfahrungsbereich ein, auf den dies zutraf. Und ihr fiel auch nur eine Art der Zerstreuung ein, von der es hieß, dass Castleford sich damit auskannte wie kein anderer.
    Er verfasste einen Wegweiser zu den sündigen Orten der Stadt.
    »Ich vermute, es handelt sich um ein Buch für Männer, Hoheit.«
    Er schob seufzend die Seiten zusammen und legte sie zur Seite. »Leider ja. Ich habe keine Erfahrungen, aufgrund derer ich Kapitel für Frauen schreiben könnte. Ich könnte einige Damen um Rat fragen, die über die nötige Sachkenntnis verfügen, aber ich bezweifle, dass sie genug preisgeben würden, um mir wirklich weiterzuhelfen. Die meisten Frauen sind in Bezug auf diese Dinge sehr verschwiegen. Dabei ist es ja nicht so, als wäre die Welt ahnungslos. Jeder weiß, dass es einige ausgezeichnete Etablissements gibt, die auf Frauen ausgerichtet sind. Und das Geschäft würde wohl nicht florieren, wenn Frauen sie nicht aufsuchen würden, oder?«
    Sie stutzte. Es war noch schlimmer, als sie gedacht hatte. Er schrieb kein Buch über Spielhöllen und Hahnenkämpfe und dergleichen, sondern

Weitere Kostenlose Bücher