Lady Daphnes Verehrer
selbst.
Da er seinem Sekretär seinen eigenen Brief schlecht zur Beantwortung auf den Schreibtisch legen konnte, riss er den Umschlag auf und faltete vier eng beschriebene Bögen auseinander.
Nach heftigen Beschwerden über Bettwanzen lieferte Edwards eine ausführliche, langweilige und peinlich genaue Beschreibung der Arbeiten auf dem Anwesen.
Am Ende der dritten Seite änderten sich jedoch der Ton und das Schriftbild. Mr Edwards hatte seinen Bericht abrupt unterbrochen und dann in sichtlicher Eile und Aufregung weitergekritzelt: Ein Fremder war auf dem Anwesen gesehen worden, der das Haus beobachtet hatte. Er hatte ihn vergeblich verfolgt – man merkte seiner Schilderung an, wie atemlos er vom Laufen war – und machte sich nun Sorgen um die Damen.
Er bat Seine Hoheit, ihm mitzuteilen, was er tun sollte, nachdem die Geheimhaltung des Projekts Seiner Hoheit und die Sicherheit der Frauen, für die er verantwortlich war, gefährdet waren.
Er schloss den Brief, indem er mitteilte, dass er vom Haus der Damen aus schrieb, wo er im Empfangszimmer mit der Pistole im Anschlag Position bezogen hatte, und fragte, ob er Mrs Joyes über dieses Geschehnis informieren sollte.
Als er die letzten Worte gelesen hatte, fuhr Castleford kerzengerade in die Höhe und fluchte.
Er stellte das Kaffeetablett zur Seite und warf die Decke zurück. Dann ging er an seinen Schreibtisch und schrieb eine Antwort, ohne sich die Mühe zu machen, seinen Morgenmantel überzuziehen.
Er hielt Mr Edwards dazu an, selbstverständlich alles Nötige zu tun, um die Damen zu schützen, jedoch auch den gesunden Menschenverstand walten zu lassen. Er legte Mr Edwards nahe, zukünftig im Haus zu bleiben und den Männern zu gestatten, ihm dort über ihre Fortschritte zu berichten. Der Fremde stelle wahrscheinlich keine echte Gefahr dar, erklärte er und versicherte seinem Sekretär, dass er voll und ganz auf seine Einschätzung der Lage und seine Courage vertraue, fügte jedoch hinzu, es sei besser, niemanden zu erschießen, wenn es sich vermeiden ließ.
Er beendete den Brief mit der Anweisung, dass Mrs Joyes unter keinen Umständen mit dieser Sache zu behelligen sei, damit sie sich nicht genötigt fühlte, nach Hause zurückzukehren und ebenfalls mit der Pistole herumzufuchteln.
In der Hoffnung, verhindert zu haben, dass Mr Edwards wegen Mordes vor Gericht gestellt wurde und Mrs Joyes London verließ, schrieb Castleford als Nächstes einen Brief an die Dame selbst.
Er zwang sich, ausführlich genug zu schreiben, damit der Brief charmant und nicht zu kurz wirkte. Dann informierte er sie, dass ihre Anwesenheit bei einer weiteren Besprechung bezüglich ihres Anwesens erforderlich sei, und fragte, ob sie seiner Bitte freundlicherweise nachkommen und am folgenden Tag um fünf Uhr bei ihm erscheinen könne.
Er versiegelte beide Briefe und gab sie einem seiner Diener. Zufrieden, dass sein Tagewerk erledigt war, legte er sich wieder ins Bett.
Ein heißer Augusttag kann so manche Illusion vertreiben. Noch morgens war Daphne ganz berauscht gewesen – wegen unerhört freizügiger Träume, die von ihr, Castleford und einem Bett aus einem riesigen Diamanten gehandelt hatten. Doch nach dem Frühstück war sie schon wieder ganz sie selbst. Zu ihrer Freude, aber um ehrlich zu sein auch ein wenig zu ihrem Bedauern.
Am späten Vormittag saß sie in ihrem Gemach am Fenster, durch das die Sonne hereinschien, und ging noch einmal in Gedanken durch, was am vergangenen Abend geschehen war, ohne sich selbst zu schonen.
Sie hatte zu viel Wein getrunken. Sie hätte gern behauptet, Castleford hätte sie im Rahmen seines perfiden Plans dazu genötigt, doch sie hatte aus freien Stücken so viel getrunken, dass all ihre Vernunft sie verlassen hatte.
Sicher, ein anderer Mann hätte ihren Zustand nicht ausgenutzt, aber sie hatte es mit Castleford zu tun, Herrgott! Es war ein Wunder, dass er sie sich nicht gleich an dieser Wand auf dem Boot zu Willen gemacht hatte.
Obwohl er es unerklärlicherweise nicht getan hatte, war er jedoch offenbar durch das, was geschehen war, zu der Überzeugung gelangt, es stünde ihm zu, sie sich in naher Zukunft zu Willen zu machen. Dieser Wunsch, sie solle für ihn Diamantohrringe tragen und sonst nichts – es hatte sie nicht schockiert,
dass
er ihn geäußert hatte, sondern
wie
. Ganz gelassen und freiheraus, als wäre es selbstverständlich. Als hätte er nun ein Recht auf sie.
Als die Post kam, sah sie die Briefe gespannt durch, weil sie auf
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