Lady Daphnes Verehrer
Herzog, wenn wir zusammen waren.«
Sie wollte nicht akzeptieren, was er sagte. Sie wollte lieber glauben, Lathams Charakter wäre schon immer offenkundig gewesen. Aber sie wusste, dass es nicht so war. Kaum jemand war bisher dahintergekommen, was für einer er war. Es hatte lange gedauert, bis sie selbst die Wahrheit erkannt hatte.
»Wann wussten Sie, dass die Freundschaft nicht halten würde?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe es gespürt, als ich volljährig wurde. Bis dahin hatten wir gemeinsam dem Laster gefrönt. Er bestand auf äußerste Diskretion, wegen seines Vaters und seiner bischöflichen Onkel, wie er sagte. Doch es verschaffte ihm eine Freiheit, die er bis ins Letzte ausnutzte. Ich fand die Dinge, die er tat, immer abscheulicher. Er hatte seine Freude an den schlimmsten Verderbtheiten.« Er hielt einen Moment inne, dann fuhr er nachdenklich fort: »Er fand Gefallen daran, grausam zu sein. Zu Pferden, zu Menschen. Ohne jedes Schuldbewusstsein.«
»Und jetzt ist er Herzog und kann grausam sein, ohne dass ihn jemand zur Rechenschaft zieht. Kein Wunder also, dass er so einen zufriedenen Eindruck macht.«
Sie kamen am Ende des Weges an. Vor ihnen waren bereits die Laternen zu sehen, und der Lärm aus dem Vergnügungspark schwoll an.
»Er scheint sehr angetan von Ihnen zu sein«, sagte er. »Er hat mich angesprochen, weil er glaubte, sich an Sie zu erinnern, und wissen wollte, ob Sie es wirklich sind.«
»Ich wünschte, er hätte mich nicht gesehen und meinen Namen nicht erfahren.« Sie ließ es sich nicht anmerken, aber der Gedanke, dass Latham nun ihren Namen wusste, machte ihr Angst. »Er ist keineswegs von mir angetan, denke ich. Er ahnt, dass ich die Wahrheit über ihn weiß. Und es gefällt ihm nicht, dass ich mit einflussreichen Leuten befreundet bin.«
»Vielleicht ist es nur das. Vielleicht aber auch nicht. Wenn er Ihnen nachstellt, müssen Sie es mir sagen.«
Sie lachte. »Es gibt Männer, die Ihnen Konkurrenz machen könnten, Castleford, aber er gehört nicht dazu.«
»Trotzdem, Sie müssen es mir sagen.«
Sie suchten ihre Freunde und gingen zu der Treppe am Ausgang. Castleford rief das Boot heran, das weiter unten am Flussufer wartete.
Celia bedachte Daphne mit einem vielsagenden Blick, als sie an Bord gingen. »Du weißt, was für ein Schurke er ist«, sagte sie leise.
Daphne dachte, sie meinte Latham, und wollte ihr schon zustimmen. Doch dann wurde ihr bewusst, dass ihre Freundin sich ihren Teil dazu gedacht hatte, dass sie eine ganze Weile mit Castleford allein gewesen war.
»Andererseits soll er seinen Geliebten großartige Geschenke machen. Wenn man also dazu aufgelegt ist, Dummheiten anzustellen … Nun, meine Mutter hat immer gesagt, man kann genauso gut mit einem reichen Mann für einen Skandal sorgen wie mit einem armen.«
Bei dem Wort »Geschenke« schaute Daphne unwillkürlich zum Tisch. Sie ging zu ihrem Platz, doch auf dem Tafeltuch sah sie nirgendwo etwas funkeln. Sie fragte sich, ob der Diamant zu Boden gefallen war oder jemand von der Dienerschaft oder der Besatzung ihn genommen hatte.
»Ich habe ihn.« Castleford trat zu ihr. »Ich habe ihn wieder an mich genommen, um ihn fassen zu lassen. Ich habe mich für Ohrringe entschieden. Das bedeutet, ihm fehlt noch ein Gegenstück.«
»Ich brauche keine Diamantohrringe. Ich möchte nicht, dass Sie mir so etwas schenken.«
»Ich weiß. Aber Sie werden trotzdem welche bekommen, damit ich Sie mir ansehen kann, wenn Sie sie tragen – und sonst nichts, wie ich hinzufügen möchte. Danach können Sie sie verkaufen, wenn Sie wollen.«
Danach.
Da sollte noch einer sagen, der Herzog von Castleford gäbe seine Absichten nicht eindeutig zu verstehen.
12
Der nächste Tag brachte eine unerträgliche Hitze in die Stadt. Es wurde so warm, dass Castleford bereits am Morgen, als er noch im Bett lag, in Erwägung zog, aufs Land zu fahren.
Das war ziemlich merkwürdig. Er hasste das Land.
Nur würde er diesmal, falls er fuhr, Daphne mitnehmen, und dann konnten sie sich in einem See lieben. Dieser Gedanken hatte ihn bisher noch nie gereizt, aber die Vorstellung, wie sie sich nackt im Wasser aalte, war zu verführerisch.
Sein Kopf schwirrte von solchen Bildern, als die Post zusammen mit seinem Kaffee heraufkam. Während er ihn im Bett sitzend trank, sah er die Briefe durch und kam zu dem Schluss, dass sie alle warten konnten, bis Mr Edwards zurückkehrte. Der letzte Brief jedoch, den er in die Hand nahm, war von Mr Edwards
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