Lady in Rot (German Edition)
Jahrzehnt verbrachte Giannis als Schürzenjäger, mit der Erkenntnis, dass es die perfekte Frau für ihn nicht gab. So sah er Kristas Mängel im positiven Licht. Wenn er sie zur Frau nähme, würde sich sein Leben durch die Ehe kaum verändern.
Er war daran gewöhnt, das zu tun, was er wollte. Krista hätte Verständnis dafür. Sie klammerte sich nicht an ihn, würde ihn nicht mit unverhältnismäßigen Ansprüchen nerven und um seine Aufmerksamkeit oder gar Liebe flehen. Ihr lag einfach nicht genug an ihm. Was konnte einem Workaholic Besseres passieren als eine Frau, die froh war, wenn er sie nicht belästigte und sich seinen Spaß woanders suchte? Krista wäre vollauf zufrieden damit, die Milliardärsgattin zu spielen und sich für die Presse herauszuputzen.
Sobald Giannis zurück zur Partygesellschaft ging, kam Krista an seine Seite und bat ihn, sich mit ihr fotografieren zu lassen. Seine Ungeduld verbarg er hinter einem charmanten Lächeln, und so hielt er das aristokratische Gesicht in die Kamera. An diesem Verlobungsabend wollte er alles tun, um sie glücklich zu machen.
Erleichtert, dass er keine Einwände erhob, hakte sich Krista bei ihm ein und plauderte drauflos. „Gehört die alte Schachtel da drüben zu meiner Familie oder zu deiner?“, fragte sie kichernd.
Giannis ließ den Blick durch den Saal schweifen und dann sah er Dorkas, die in Schwarz gekleidet aufrecht auf ihrem Platz saß. Alte Schachtel? Da seine Urgroßmutter die kleine Insel Libos selten verließ, kannte sie außerhalb der Familie kaum jemand.
„Warum?“
„Weil sie mich eben gefragt hat, ob ich kochen kann.“ Krista verdrehte die Augen. „Und ob ich auf dich warten würde, wenn du vom Büro nach Hause kommst. Als wenn ich …“ Sie lachte. „Diese alte Schreckschraube hätte man zu Hause lassen sollen, wo sie hingehört. Sie ist wirklich peinlich. Ich hoffe, sie wird nicht auch noch auf unserer Hochzeit aufkreuzen.“
„Wenn nicht, werde ich auch nicht da sein.“ Die Worte kamen ruhig und samtweich über Giannis Lippen. Doch er meinte es bitterernst.
Er begegnete Kristas Blick. Sah, wie sie überlegte. Perfekt manikürte Fingernägel bohrten sich in seinen Arm. „Giannis, ich …“
„Diese alte Dame ist meine Urgroßmutter, und sie verdient deinen höchsten Respekt.“
Alle Farbe wich aus Kristas Gesicht, und Giannis fügte der Liste ihrer Fehler den der Grobheit hinzu.
1. KAPITEL
In Hochstimmung und voller Energie vor ihrem zweiten Tag als Aushilfe bei Petrakos Industries stellte sich Maddie im Badezimmer auf die Waage. Hoffnungsvoll blickte sie auf die Anzeige und verzog enttäuscht das Gesicht. Wahrscheinlich war es einfach keine gute Idee gewesen, auf die Waage zu springen. Also stieg sie wieder hinunter und stellte sich noch einmal vorsichtig auf das Gerät. Doch sie zeigte exakt dasselbe Gewicht an.
Erst vor ein paar Tagen hatten Mrs. Evans aus dem Erdgeschoss und ihre Tochter sie zu einem 3-Gänge-Menü eingeladen. „Sie können doch nicht nur von Grünzeug leben“, hatte Mrs. Evans geschimpft.
Aber vielleicht hätte sie sich wirklich an den Salat halten sollen. Oder auf den Schokoriegel verzichten sollen, den sie gestern auf dem Heimweg vom Supermarkt gegessen hatte. War es wirklich möglich, dass man so schnell zunahm? Ehrlicherweise musste sie zugeben, dass ihr ohnehin gesunder Appetit noch gewachsen war, seit sie so viele Überstunden machte, um ihre Miete bezahlen zu können. Im Spiegel betrachtete sie ihre weibliche Figur mit den vollen Brüsten und den runden Hüften. Erneut verzog Maddie die vollen Lippen missbilligend und strich sich ungeduldig durch das füllige, lange rote Haar. Dann steckte sie das Haar hoch und zog sich in Windeseile an.
Die schwarzen Jeans und die weiße Bluse saßen eng und brachten ihre Kurven mehr zur Geltung, als ihr lieb war. Unwillig runzelte Maddie die Stirn.
Doch nach dem Feuer in ihrer letzten Wohnung hatte sie fast ihre gesamte Habe verloren. Und obwohl sie bereits in Secondhandshops neue Kleidung zusammenkaufte, besaß sie noch nicht wirklich viel Auswahl. Als sie sich vom Spiegel abwandte, fiel ihr Blick auf das Bild ihrer verstorbenen Schwester. Sofort rügte Maddie sich für ihre Eitelkeit – schließlich hatte sie doch wenigstens ein gesundes Lebens geschenkt bekommen.
„Jede Wolke hat auch einen Silberstreif“, pflegten ihre Großeltern zu sagen.
Und doch hatten sie viel Kummer im Leben gehabt. Maddies geliebte Zwillingsschwester Suzy bekam kurz nach
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