Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
Vom Netzwerk:
Rechtsanwalt und was weiß noch alles einschalten. Weil Terry eben noch nicht achtzehn war. Aber Lieschen hatte an den guten Ruf der Familie gedacht. Sie hatte die Rechnung bezahlt. »Das Kind hat in gutem Glauben gehandelt«, sagte sie.
    Das Lexikon aber, als es endlich geschickt wurde und zwölfbändig in einer Kiste im Korridor stand, wollten sie nicht behalten. Lieschen spendete die Enzyklopädie für das Kirchenfest. Es wurde dort der Hauptpreis, aber der Hauptgewinner holte es nicht ab. Schließlich opferte sich der Pfarrer. Er nahm es mit zu sich nach Hause, und seitdem grollte Terry mit der Kirche, weil das Lexikon rechtmäßig ihr gehörte.
    So weit wollte Terry es diesmal nicht kommen lassen. Die Wohnung, obwohl es anfangs eher als ein Gag gedacht war, sollte ihr gehören, und die Mutter durfte davon nichts wissen, sie machte alles, was Terry gehörte, kaputt.
    Terry stand auf und besorgte sich aus dem Tabakwarenladen ein Päckchen Briefumschläge. Sie hatte auch keinen Kugelschreiber dabei und suchte sich unter den ausgelegten Stiften einen regenbogenfarbenen Buntstift aus, der wasserdicht zu sein schien. Sie hatte noch nie so einen vielfarbenen Stift gesehen. Je nachdem, wie man ihn hielt, schrieb er in den unterschiedlichsten Farben, und wenn man ihn beim Schreiben drehte, schmiegten sich die sieben Farben des Regenbogens ohne Unterbrechung aneinander.
    Auch eine Leselupe aus Plastik fand Terry in dem Laden und kaufte sie ebenfalls, um festzustellen, ob ihr Haus auf den Ansichtskarten irgendwo zu erkennen war.
    Terry schrieb den Adamskis eine Ansichtskarte. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Zeit seit ihrer Ankunft vergangen war und ob sie ihnen schon Geld schuldete. Terry schrieb, dass sie dringend auf eine Reise gehen musste und dass sie heute Geld anweisen würde. Sie schrieb »anweisen«, weil das Wort ihr gefiel und passend erschien.
    Viele Grüße aus dem sonnigen Italien , schrieb sie zuletzt, weil sie meinte, dass das auf einer Ansichtskarte stehen müsste.
    Mit der Lupe suchte Terry die Karte ab. Das Haus war aber nicht zu sehen. So malte sie ein Kreuz ungefähr da, wo sie sich das Haus dachte. Und weil man das Kreuz kaum erkannte, malte sie von der Stelle aus noch einen Pfeil hin, der bis in den blauen, italienischen Himmel reichte.
    Dann betrachtete sich Terry die übrigen Karten nacheinander mit der Lupe. Es brachte nicht viel. Sie konnte nur ein paar Inschriften an Hotels entziffern, wie Duna verde zum Beispiel, und das war sowieso ein blöder Name, denn im ganzen Gebiet gab es keine Dünen und grüne sowieso nicht.
    Terry steckte alle Karten mit Ausnahme der an Adamski in einen Umschlag, den sie an sich selbst adressierte. Sie beschriftete einen zweiten Umschlag mit der Anschrift der Familie Adamski. Auf jeden Umschlag klebte sie zwei der gekauften Briefmarken, um sicher zu sein, dass das Porto ausreichte. Den Umschlag, den sie an sich selber gerichtet hatte, leckte Terry ab und drückte ihn zu.
    Als sie alles in ihrer neuen Tasche verstaut hatte, kam noch so eine Idee in ihren Kopf. Sie sah sich das Bild ihres Vaters mit der Lupe an. Das Gesicht ihres Vaters kam ihr dadurch näher, wenn es auch verschwommen war. Es war in lauter kleine Pünktchen aufgeteilt. Die Inschrift aber auf dem Hemd konnte Terry entziffern. Ziemlich deutlich war es zu lesen: Pittsburgh Pirates, und ihr war mit einem Schlag klar, dass sie den Namen der Stadt schon gehört hatte, es musste eine Bedeutung haben.
    Terry steckte das Bild und die Lupe zurück. Sie stand auf und lief die Straße hinunter, die zum Hafen führte. Sie spürte ein riesiges Glück im Innern und fühlte sich so stark, dass sie ewig so weiterlaufen konnte, bis noch wer-weiß-wohin oder nach Pittsburgh.
    Terry war so in Gedanken und fast fliegend, schwebend, dass sie an der nächsten Ecke, dort, wo sie einen leichten Bogen machen musste, um diesen roten, gusseisernen Briefkasten zu vermeiden, in eine Person hineinrannte. Es dauerte eine Weile, in der Terry nach rechts auswich und diese Person natürlich auch, und das Gleiche sich abspielte zur linken Seite und noch ein paar Mal wiederholt wurde, bis Terry aufsah, ärgerlich, wer sie hier aus ihrem Traum heruntergeholt hatte. Das alles hatte nur ein paar Sekunden gedauert. Als Terry Marcel erkannte, der »Pardon« sagte und sie leicht am Arm fasste, flüsterte sie fast gleichzeitig »sorry« und hatte ein so überwältigendes Gefühl, dass sie sich am liebsten Marcel an den Hals gehängt hätte.
    Er

Weitere Kostenlose Bücher