Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
Vom Netzwerk:
mehr aus. Sie sprang auf und lief hinaus. Heute musste sie andere Leute sehen.
    Terry sah nicht besonders gut aus. Sie hatte nicht genug Schlaf bekommen, ihre Augen waren etwas verschwollen. Sie fühlte sich gar nicht strahlend und hatte diesen Zustand auch unterstrichen, indem sie kaum Farbe auf sich verwandte. Ihr Haar ließ sie lose ins Gesicht fallen. Sie trug ein loses, graublaues T-Shirt, das aber eine Tasche hatte, in die Terry Geld und das Foto stecken konnte.
    Unten am Hafen wurde man langsam wach. Die schweren Holztüren der Stadthäuser öffneten sich. Sie standen jetzt den ganzen Tag lang, bis auf die ausgedehnte Mittagszeit, offen. In einigen Türen hingen Vorhänge aus Perlschnüren oder Plastikstreifen. Sie klimperten und schabten aneinander, bei jedem Luftzug oder wenn jemand den Durchgang benutzen musste.
    Terry war sehr unruhig. Sie hoffte, dass die Sache mit Onkel Hugo bald ausgestanden war, aber sie konnte nicht oben sitzen und zusehen, wie sie Bridge spielten und taten, als ob die Welt damit in Ordnung wäre. Terry besuchte alle Touristenläden und geriet in eine Einkaufswut. Es tat ihr gut, Dinge zu erwerben. Sie kaufte sich zuerst einen Gürtel aus geflochtenem, weißem Leder und eine Patchworktasche, in die sie alle gekauften Sachen stopfen konnte. Später erstand sie noch ein grünes T-Shirt, auf dem ein Frosch abgebildet war und das die Aufschrift trug: No . Dieses Nein beschrieb so ziemlich ihren Zustand. Sie zog das Hemd einfach über das alte T-Shirt.
    In einem Tabakwarenladen suchte Terry eine Menge Ansichtskarten aus. Man gab ihr gleich Briefmarken dazu mit.
    Terry setzte sich an die Seite der Eingangstreppe zu dem Laden. Sie hatte keine Ahnung, wem sie die Karten schicken konnte. Sie kannte eine Menge Leute, aber niemanden, dem sie schreiben konnte. Sie ging sie alle der Reihe nach durch. Frau Krosanke blieb übrig, deren Adresse wusste sie, aber die wurde sicherlich von Lieschen mit einer Ansichtskarte versorgt. Dann kannte sie noch die Familie Adamski aus der gleichen Gegend.
    Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Italien dachte Terry zurück an die Zeit kurz vor ihrer Abreise. Sie hatte eigentlich vorgehabt, die Sache mit der Wohnung und den Adamskis zu vergessen. Sie hatte viele solcher Dinge, die sie angefangen hatte, einfach vergessen. Wenn es dadurch Probleme gegeben hatte, waren diese mit Geld zu lösen gewesen. Und das war ja kein Problem. So wie sie damals das Lexikon bestellt hatte.
    Zuerst hatte sie eine Karte ausgefüllt. Das war ein Wettbewerb gewesen. Gewinnen Sie eine Enzyklopädie , hatte darauf gestanden. Terry hatte nicht gewusst, was das war, aber sie hatte gewonnen. Es musste im Frühjahr letzten Jahres gewesen sein. Eines Nachmittags hatte es geklingelt. Frau Krosanke war schon fort gewesen und Terry allein. Sie hatte die neusten Schminktechniken ausprobiert. Die Anleitung dazu stand in einer dieser Frauenzeitschriften, die Lieschen immer mitbrachte. Terry hatte toll ausgesehen. Sie war aber noch nicht ganz fertig. Sie hatte gerade das überflüssige Lippenrot in ein Kleenex gedrückt, als es schellte.
    »Gratuliere«, sagte die Frau, die draußen stand. »Sie haben gewonnen.«
    Es war übrigens das erste Mal, dass Terry gesiezt wurde, abgesehen vom verrückten Herbert, der schon ein Jahr vorher angefangen hatte, sie Madam zu nennen.
    Terry hatte die Frau reingelassen. Ja wirklich, Terry hatte die Enzyklopädie gewonnen. Sie sah sie auf Bildern und es war ein Lexikon gewesen und noch dazu in englischer Sprache.
    Die Frau hatte gesagt, dass es nur wenige Leute gäbe, die die entsprechende Bildung besäßen, um darin lesen zu können. Terry aber gehörte dazu. Ob ihr das nicht hundertzwanzig Pfennige am Tag wert sei. So viel wie eine dumme Fernsehillustrierte. Terry hatte genickt. In Pfennigen konnte sie irgendwie nicht rechnen, es war alles zu winzig und Terry war andere Größen gewöhnt. Im Übrigen war Terrys Beurteilung erwünscht. Sie sollte, wann immer sie Zeit hatte, das Lexikon begutachten und ihre Stellungnahme würde abgedruckt. Es war eine tolle Sache, und Terry unterschrieb, obwohl sie ja noch nicht achtzehn war, aber das sah man ihr nicht an.
    Später kam dann die Rechnung über zweitausendeinhundertsechzig Mark oder Monatsraten über fünf Jahre hinweg. Vielleicht wäre gar nichts passiert, wenn die Mutter nicht Terrys Post geöffnet hätte. Terry hätte die Angelegenheit ja einfach vergessen, aber die Mutter hatte es aufgebauscht. Sie wollte einen

Weitere Kostenlose Bücher