Lady Punk - Roman
nicht das Gefühl, dass er sie auslachte. Sie lachte mit. Es war wie eine Befreiung.
»Du bist schon okay, Terry«, sagte Marcel. Er nahm ihren Kopf in beide Hände und küsste sie knallend auf den Mund. Es ging ihr nicht durch Mark und Bein, aber es war wunderschön.
Marcel legte den Arm um ihre Schulter, und sie liefen zum Restaurant, das er jetzt nach der Mittagspause öffnen musste.
»Ich hole dich ab«, sagte Marcel. »Heute Abend zur Disco. Sie checken hier nicht, ob du schon sechzehn bist.«
Terry zeigte mit dem Finger, wo ungefähr ihr Haus lag, dort, hinter dem Dorf, hinter den ausgetrockneten Wiesen an diesem leichten Hügel. Sie hatte sich ganz eng an Marcel gelehnt. Sie stand nicht in Flammen, aber es war ein gutes Stück Glück in ihr.
Zu Hause waren die Dinge weiter gediehen, als Terry gehofft hatte. Onkel Hugo und die Mutter stritten, noch in mäßiger Lautstärke, aber es war ein Anfang.
Lieschen hatte sich in ihr Zimmer verzogen, und Terry fühlte sich zurückversetzt in uralte Zeiten, in denen sie und Lieschen stocksteif auf das Ende eines Krachs warteten.
In Terry war diesmal aber ein frohlockendes Gefühl. Sie war nicht ganz bei der Sache, wollte sich auch auf ihren Discobesuch vorbereiten. So stellte sie sich nicht lauschend neben die Schlafzimmertür, was ihr erster Impuls gewesen war, sondern setzte sich in ihr Zimmer.
Zunächst musste sie das Problem Adamski irgendwie erledigen. Sie brauchte Geld, traute sich aber nicht, Lieschen danach zu fragen, jedenfalls nicht in dieser Situation. Denn obwohl Lieschen sehr belastbar war, würde sie die Geschichte mit Terrys Wohnung nicht verstehen und versuchen, sie wieder aus der Welt zu schaffen, so wie mit dem englischen Lexikon.
Terry ging ins Wohnzimmer, wo die Mutter in der Kommode in einem schwarzen Geldbeutel mit Aufdruck Berliner Bank größere Geldbeträge aufbewahrte.
Terry musste sich beim Rechnen arg anstrengen. Sie hatte ja jedes Zeitgefühl verloren und konnte nur vermuten, wie viel sie inzwischen Adamskis schuldete. Wenn sie ihnen aber eine Monatsmiete zukommen lassen würde, müsste es hinkommen, ja, es würde reichen bis zum Ende der Sommerferien.
Terry suchte zwischen all den vielen Lirescheinen herum, bis sie deutsches Geld fand, nahm zweihundertfünfzig Mark aus der Tasche und steckte das Geld in den vorbereiteten Umschlag, in dem auch die Ansichtskarte steckte.
Einem plötzlichen Impuls folgend, setzte sie sich auf ihr Bett und schrieb einen Brief. Es war kein sonderlich sauberes Blatt Papier, das sie aus einer Schublade kramte, wo es wohl schon viele Sommer gelegen hatte.
Terry beschriftete zuerst den Umschlag: Mr. C. W. Burger, c/o Pittsburgh Pirates, Pittsburgh, USA.
Es war der erste Brief in ihrem Leben, den Terry jetzt zu schreiben vorhatte, und es war ein schwerer Brief. Aber sie war voller Kraft, die ganz von innen zu kommen schien, und sie wusste, sie musste ihn schreiben, das alles war ihr Schicksal heute.
Die Stimmen von Mutter und Onkel Hugo drangen nicht mehr an ihr Ohr. Sie schaltete ab und konzentrierte sich, wie sie sich noch nicht mal bei einer Klassenarbeit bemüht hatte. Sie wusste nicht, wie sie sich ausdrücken sollte, und noch dazu in Englisch. Die einzigen Gefühle, die sie je auf Englisch gehört hatte, waren die der Liedermacher, und so erinnerte sich Terry an die Worte auf ihren Platten und nahm aus ihren Lieblingsliedern von den Beatles das, was sie brauchen konnte.
Lieber Vater , schrieb sie,
Dear Daddy,
yesterday, all my troubles seemed so far away. Suddenly, I’m not the girl I used to be. Why you had to go I don’t know, you wouldn’t say. I say you hurt me so. I almost lost my mind and now I say I know you’re not the hurting kind.
You said goodbye and I say hello. I don’t know why you said goodbye, I say hello.
It seems so long ago, Dad, since you’ve been gone, I just can’t go on, if you won’t see me. Oh how long will it take till she sees the mistake she has made? Dad, what can I do?
What goes on in your heart, what goes on in your mind? You are tearing me apart, when you treat me so unkind. Whenever I want you around, all I gotta do is call you?
I love you, that’s all I want to say, until I find a way, I will say the only words I know that you’ll understand. Help me if you can, I’m feeling down. Don’t let me down.
It’s getting better all the time. I used to get mad at my school. The teachers who taught me weren’t cool, holding me down, turning me round. I
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