Längst vergangen: Thriller (German Edition)
mir her ist, kann ich nur rausfinden, wenn ich Gabby um Hilfe bitte, und das kommt nicht infrage.
Ich sitze an meinem Schreibtisch, bis das Bier alle ist, und dann gehe ich in die Küche zurück. Ich öffne den Kühlschrank für ein weiteres Bier, aber ich ändere meine Meinung und greife zur Flasche Johnnie Walker Black im Schrank über der Spüle. Ich gieße einen ordentlichen Schluck in ein kleines Glas und leere es in einem Zug.
Mir wird angenehm warm ums Herz.
Ich schenke mir noch einen auf dem Weg ins Wohnzimmer ein. Es war ein langer Tag, und die Nacht droht, noch länger zu werden.
Ich werde jede Hilfe annehmen, die ich kriegen kann.
Ich setze mich auf die Couch und versinke in den Kissen. Der Wind draußen frischt auf, und ich höre die Zweige unserer Esche an das Fenster schlagen.
Ein paar Minuten lang donnert es, schließlich kommt der Regen.
– 8 –
Zuerst denke ich, es ist ein Traum.
Diane ist im Haus. Sie steht vor mir und hat ihre Jacke über einen Arm gehängt. Zu ihren Füßen steht ein Koffer, und sie lächelt. Sie nimmt mein Glas und die leere Johnnie-Walker-Flasche.
»Sieht aus, als ob du dich wohlfühlst«, sagt sie.
Tue ich auch, aber ich weiß, dass ich es am Morgen nicht mehr tun werde.
Das sage ich, und sie lacht, dann schmiegt sie sich an mich und drückt ihre Lippen auf meine.
»Ich liebe dich, Jake. Das ist doch eine Überraschung, was?«
Die Worte sacken nicht sofort. Dianes Haut ist weich und glatt und schmerzlich real.
»Du fehlst mir«, sage ich.
»Gute Nacht, Jake.«
Sie lässt meine Hand los, dann knipst sie das Leselicht aus und entschwindet in Richtung Treppe. Ich sage ihr, dass ich sie am Montag sehe. »Man weiß nie«, sagt sie. »Vielleicht auch eher.«
– – –
Am nächsten Morgen gehe ich in die Küche und steuere direkt den Kaffee an. Diane steht mit dem Rücken zu mir an der Spüle. Die leere Johnnie-Walker-Flasche befindet sich neben ihr auf der Arbeitsplatte.
»Sag mir, dass du das weggeschüttet hast.«
Diane lacht.
»Tut mir leid, das warst du allein.«
»Gott.« Ich wende mich ab und trinke aus meiner Tasse. Der Kaffee ist stark und heiß, und ich spüre ihn im ganzen Körper. »Das kann ich gar nicht glauben.«
»Erinnerst du dich daran, wie ich gestern Abend zurückgekommen bin?«
»Ich dachte, das hätte ich geträumt. Hätte ich geahnt, dass du früher zurückkommst, wäre ich in besserer Verfassung gewesen. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
»Doug Peterson vermutlich. Er übt einen schlechten Einfluss auf dich aus.«
»Woher weißt du, dass ich mit ihm zusammen war?«
»Du hast ja nicht gerade eine große Schar von Freunden.«
Sie hat natürlich recht.
Diane tritt von hinten an mich heran und streicht mir über den Rücken. »Wie fühlst du dich?«
Ich gehe im Geist eine Liste von jedem schmerzenden Teil in mir durch und sage: »Mir ist es schon schlechter gegangen.«
»Gut.« Sie schmiegt sich an mich. »Heute Abend hab ich nämlich was mit dir vor.«
Hoffnungsfroh sehe ich sie an.
»Ich dachte, wir könnten ausgehen, irgendwohin, wo es nett ist«, sagt sie. »Dann haben wir Gelegenheit, uns auszusprechen.«
»Worüber?«
»Über uns und alles, was geschehen ist.« Sie sieht mich an. »Hältst du das für keine gute Idee?«
»Willst du dich etwa scheiden lassen?«
Diane zuckt zusammen. »Natürlich nicht.«
Stumm starre ich sie an.
»Glaubst du das etwa?«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll«, sage ich. »Als du weggefahren bist, dachte ich, du bräuchtest Zeit, um zu einer Entscheidung über uns zu gelangen.«
»Das war nicht der Hauptgrund, aber du hast recht. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.« Sie lehnt sich an den Tresen und verschränkt die Arme vor der Brust. »Manchmal hat es den Anschein, als ob wir nichts voneinander wissen.«
»Ich verheimliche dir nichts.«
»Aber du erzählst mir auch nichts. Ich weiß nichts über dich oder deine Familie, gar nichts.«
»Über meine Familie gibt es nichts zu wissen. Ich habe dir erzählt, was mit meiner Mom passiert ist, und mein Dad war öfter im Gefängnis als draußen.«
»Was ist mit dir?«
»Das steht alles im Buch.«
»Nicht alles.«
»Nein, aber alles, was zählt, steht da drin.« Ich halte inne und sage schließlich: »Sieh mal, ich war ein zorniges Kind, und das hat mich oft in Schwierigkeiten gebracht.«
Diane mustert mich stumm.
»Geht es heute Abend darum?«
»Heute Abend geht es darum, dass wir ausgehen, Spaß haben und reden.« Sie
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