Längst vergangen: Thriller (German Edition)
bewahren.
»Jake?«
Eine Schar Mädchen geht vorbei, und der Schrank beugt sich zum Kleinen im Armeemantel vor.
Er lacht, und ich hasse ihn dafür.
»Jake, antworte mir.«
Diane weint jetzt, und das holt mich zurück.
»Schön«, sage ich. »Ich rufe die Polizei.«
Diane weint immer noch.
»Ich dachte, das wäre vorbei. Tut mir leid.«
»Es ist nicht deine Schuld.«
Doch, ist es, und wir wissen es beide.
Etwas längst Begrabenes schlängelt sich wieder in mein Leben, unser Leben. Ich weiß nicht, wer dahintersteckt, aber ich werde es rausfinden.
Nur nicht heute.
Heute rufe ich die Polizei an.
»Ich möchte, dass du mir etwas versprichst, Jake.«
Die Tränen sind weg, aber die Traurigkeit ist noch da.
»Was denn?«
»Versprich mir, dass du dich zu nichts hinreißen lässt«, sagt sie. »Versprich mir, dass du keine Dummheiten machst.«
»Wovon redest du?«
»Versprich es mir einfach«, sagt sie. »Versprich mir, dass du dein Temperament zügelst.«
»Mein Gott, Diane, ich hab doch gesagt, ich rufe die Polizei und geh nicht da runter. Was willst du denn sonst noch?«
»Ich will, dass du es mir versprichst.«
»Schön, versprochen.«
Diane ist still.
Ich will ihr gerade sagen, dass ich unser Gespräch beenden muss, wenn ich die Polizei anrufen will, aber sie spricht als Erste.
»Ich liebe dich, Jake.«
Irgendetwas in ihrer Stimme gefällt mir nicht, etwas Endgültiges, und ich fange an, mir Sorgen zu machen.
»Hör mal, ich rufe die Polizei an und komme sofort nach Hause. Wir können reden, wenn ich da bin, okay?«
Keine Antwort.
»Irgendwann lachen wir darüber. Du wirst schon sehen.«
Diane hält inne. »Denk nur an dein Versprechen.«
»Diane, ich ...«
Es knackt in der Leitung, und sie ist weg.
Ich stehe einen Moment da und starre aus dem Fenster, das Telefon ans Ohr gepresst. Dann gehe ich an meinen Schreibtisch zurück und lege den Hörer auf die Gabel.
Ich zögere, bevor ich ihn wieder abnehme und die Nummer der Polizei wähle. Ich gehe durch all die richtigen Schritte, um die sie mich gebeten hatte. Ich wollte das nicht so handhaben, aber ich habe ihr mein Wort gegeben.
Die Polizei hat bisher nichts tun können, und ich sehe nicht, dass sich das diesmal ändert.
Und ich habe recht.
Als die Polizei eintrifft, sind die beiden Männer weg.
– – –
Nachdem die Polizei weg ist, gehe ich nach Hause. Ich halte auf dem ganzen Weg Ausschau nach den beiden Männern, aber niemand ist draußen. Die Straßen sind menschenleer. Man hört nur den Wind und im Vorübergehen das Rascheln von welkem Laub.
Als ich mich meinem Haus nähere, sehe ich, dass Dianes Wagen verschwunden ist, und mir wird ganz flau im Magen.
Ich zwinge mich, weiterzugehen, aber jeder Schritt fühlt sich schwerer an als der vorige. Ich will glauben, dass sie heute in der Garage geparkt hat, aber ich weiß, das stimmt nicht.
Sie ist weg.
Die Haustür ist unverschlossen, und ich stoße sie auf und trete ein. Im Haus ist es still. Ich rufe Dianes Namen, aber es kommt keine Antwort.
Ich lasse die Tür hinter mir zufallen, dann gehe ich in die Küche und sehe durch das Fenster auf den Garten jenseits des Rasens. Mehrere große Abfallbeutel liegen auf dem Gras, und eine Harke lehnt am Gartentor, aber von Diane fehlt jede Spur.
Ich rufe wieder ihren Namen.
Immer noch nichts.
Ich gehe in den Flur hinaus und öffne die Tür zur Garage. Mein Wagen ist da, aber Dianes nicht. Obwohl ich nicht überrascht bin, rühre ich mich lange Zeit nicht. Ich sage mir, sie ist einfach nur weggegangen und kommt jede Minute wieder, aber ich weiß, dass das nicht wahr ist.
Ich schließe die Garagentür, dann gehe ich in die Küche zurück und suche nach einer Nachricht von ihr. Ich überprüfe alle wahrscheinlichen Stellen, aber da ist nichts.
Meine Gedanken überschlagen sich, und ich kann sie nicht ordnen.
Wenn sie weg ist, wo ist sie hin?
Ich gehe durch den Flur zum Schlafzimmer und schnurstracks zum Schrank. Dianes Kleider sind noch da, in einer Reihe aufgehängt. Ich schiebe sie beiseite und suche nach ihrem Koffer. Er steht auf dem Boden, genau da, wo er seit ihrer Rückkehr aus Phoenix gewesen ist.
Ich spüre, wie etwas von der Anspannung in mir schmilzt, und zum ersten Mal an diesem Nachmittag lächele ich. Wenn sie nicht gepackt hat, ist sie nicht verschwunden.
Sofort erscheint mir die Welt heiterer.
Ich fahre mit der Hand die Linie ihrer Kleider nach und fühle den Stoff, weich und glatt unter meinen Fingern. Ich
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