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Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Titel: Längst vergangen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Rector
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suche nach etwas, in dem ich sie schon mal gesehen habe, etwas, an das ich mich erinnern kann, aber nichts scheint mir vertraut.
    Egal.
    Sie ist nicht verschwunden, und das ist alles, was ich wissen muss.
    Ich lächele immer noch, als ich die Schranktür schließe. Und selbst als mir der Atem stockt beim Anblick der dunklen Flecken auf dem Teppich, sind alle schlimmen Gedanken noch weit weg.
    Erst als ich mich bücke, einen der Flecke mit der Fingerspitze berühre und meine Hand nass und rot zurückziehe, kommen jene weit entfernten Gedanken schreiend hervor, klauben sich in meinen Verstand und blenden die ganze Welt aus.

– 10 –
    Detective Nolan hebt eine Hand und sagt: »Mr. Reese, so beruhigen Sie sich doch!«
    Wir stehen in meinem Schlafzimmer, und ich zeige auf das Blut auf dem Teppich, und ich kann nur denken, dass er es einfach nicht begreift, und dass, wenn ich lauter brülle, es dann vielleicht
klick!
macht und er es versteht. Vielleicht sieht er es dann.
    Aber ich schreie nicht.
    Ich sage ihm erneut, ganz ruhig: »Meine Frau ist entführt worden.«
    Er macht eine Pause, bevor er spricht. Ich kenne die Methode. Polizisten drosseln damit das Tempo des Gesprächs und lockern die Spannung. Dass ich seine Taktik durchschaue, macht es mir nur noch schwerer, Ruhe zu bewahren. Ich drehe mich um und fange an, im Zimmer herumzutigern.
    »Haben Sie die Türen und Fenster im Haus überprüft?«
    »Wozu?«
    »Wenn ein Schloss geknackt oder eine Fliegentür zerschnitten wurde, dann haben wir ein Anzeichen dafür, dass jemand bei Ihnen eingebrochen ist. In dem Fall können wir die Möglichkeit unter suchen, ob Ihre Frau entführt wurde.«
    »Die Möglichkeit?«
    Nolan zuckt mit den Achseln. »Was soll ich Ihnen denn sagen?«
    Ich spüre, wie mich der Zorn übermannt, aber ich unterdrücke ihn. »Ich will nicht, dass Sie irgendwas zu mir sagen. Ich will, dass Sie sie finden.«
    »Wir wissen nicht, ob sie entführt worden ist«, sagt er. »Alles, was wir haben, sind ein paar Blutflecken, die von überall oder jedem stammen könnten.«
    »Ich habe bereits erwähnt, dass ich die beiden Kerle, die mich überfallen haben, heute Nachmittag gesehen habe. Sie saßen draußen vor meinem Büro auf der Straße.«
    »Sie haben mir auch erzählt, dass Ihre Frau durcheinander war.« Er sieht mich an. »Es wäre ja nicht das erste Mal, dass sie verschwindet, weil sie durcheinander ist.«
    Ich mache den Mund auf, um zu widersprechen, aber ich schaffe es nicht.
    Er hat recht.
    »Geben Sie ihr etwas Zeit«, sagt Nolan. »Ich vermute, dass sie nach Hause kommt, sobald sie sich beruhigt hat.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann rufen Sie uns an«, sagt er. »Aber wir können nicht vor Ablauf von vierundzwanzig Stunden eine Ver miss ten anzeige aufnehmen. Und ohne stichhaltigen Beweis können wir im Moment nichts tun.«
    »Was ist mit dem Blut? Oder ihren Kleidern?« Ich öffne die Schranktüren. »Sie sind alle da, auch ihr Koffer. Wäre sie freiwillig gegangen, hätte sie etwas eingepackt. Sie hat nichts mitgenommen.«
    »Nur ihren Wagen.«
    Ich sehe weg und sage nichts.
    »Sie wären überrascht, wie viele Menschen nur mit dem, was sie auf dem Leib tragen, aus ihrem Leben verschwinden«, sagt Nolan. »Oft wissen die Leute nicht mal, dass sie weggehen, bis sie schon verschwunden sind. Sie nehmen ihre Schlüssel auf dem Weg zum Laden oder vielleicht zur Arbeit und
schwupp!
sind sie fünfhundert Kilometer weit weg. Etwas in ihrem Innern zerspringt einfach.«
    »Nicht bei Diane.«
    »Vielleicht nicht«, sagt Nolan. »Aber Menschen unter Stress machen merkwürdige Sachen.«
    Er wartet, dass ich noch etwas sage. Als ich das nicht tue, wedelt er mit dem Finger und sagt: »Ich sehe mal draußen nach, wasich finden kann, aber ich rate Ihnen, in der Nähe des Telefons zu bleiben und auf ihren Anruf zu warten.«
    Ich begleite Nolan zur Haustür, und er geht um das Haus herum und prüft die Türen und Fenster. Als er fertig ist, nimmt er eine Abkürzung durch meinen Garten zu seinem Wagen.
    Ich beobachte, wie er wegfährt, und frage mich, warum ich mir die Mühe gemacht habe.
    – – –
    Nach meinem dritten Drink stelle ich das leere Glas auf die Arbeits platte und starre aus dem Fenster in die Dämmerung und die langen Abendschatten, die durch den Garten gleiten.
    Diane hat nicht angerufen.
    Ich greife zur Johnnie-Walker-Flasche und schenke mir nach. Ich sage mir, dass es mein letzter Drink sein wird, dann gehe ich aus der Küche und ins Wohnzimmer.

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