Lagrosiea - Die Silberhalle (German Edition)

gewaltige Kraft? `, überlegte Lagon . Er konnte sich nicht vorstellen, dass selbst Dorrok so viel Zerstörung anrichten konnte. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, dass jemand, oder etwas, so viel Kraft hatte!
    „Beeindruckend, nicht wahr!“ , rief Nassago , „d ie ganze Pracht der Natur lässt sich doch erst bewundern, wenn man ihre gesamte Zerstörungskraft vor Augen hat. Sieh genau hin, Lagon. Es ist das letzte, was du sehen wirst!“
     
    Es war nur der Hohn des anderen, dass wusste Lagon. Die Gefahr, in der er sich befand, ließ seine Sinne außergewöhnlich stark werden. Vielleicht lag es auch an den geheimnisvollen Fähigkeiten, die Lagon immer dann zur Hilfe kamen, wenn seine sonstigen Kräfte nicht mehr ausreichten. Vielleicht war es auch nur Glück, denn als er seine Umgebung genauer beobachtete, fiel ihm auf, dass da etwas nicht stimmte. Ein Bild des zerstörerischen Chaos. L agon konnte jedoch keine Einzelheiten erkennen. Er spürte keinen Wind, obwohl bei der Hitzewelle u nter ihm, die Luft um ihn herum in heftiger Bewegung sein müsste. ´Das ganze muss irgendwie mit Nassagos Zauber zu tun haben`, überlegte er , ´aber welcher Macht bedient er sich nur? `
     
    Noch während er überlegte, traf ihn etwas an der rechten Schulter und ließ ihn zu Boden gehen. ´Was war das? `, fragte er sich und hielt sich die schmerzende, getroffene Schulter. War das ein magischer Schlag? Aber wer hat ihn gegen mich eingesetzt? Nassago konnte es nicht sein, der befand sich über ihm. Der Angriff hatte ihn von vorne getroffen, dort war aber niemand!
    „Fühle den Schmerz!“, rief Nassago von oben zu Lagon hinab , „ich werde ihn dir in all seinen Fassetten zeigen!“
    ´Zeigen? `, dachte Lagon, ´was meint er damit? `
    Dann überkam ihn die Erkenntnis. Alle s was ihn umgab, war eine Illusion! Nassago hatte einen gewaltigen Trugzauber gewirkt! Lagon hatte schon von so etwas gehört, aber noch nie von solch einer starken, fast perfekten Illusion. Doch diese Erkenntnis löste Lagons Debakel ganz und gar nicht. Nur zu erkennen, dass alles um ihn ein Tru gbild war, half ihm nicht dabei zu erkennen , was wirklich um ihn herum geschah.
    Lagon überlegte, ob er in all den Jahren, in denen er schon die absonderlichsten Formen der Magie gesehen und am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte, etwas gelernt hatte, was ihm nun hilfreich sein konnte.
     
    Es gab tatsächlich etwas. Doch seltsamerweise war es nichts, was er bei seinen Abenteuern in Lagrosiea erlebt hatte. Es war, vor vielen Jahren, in seiner alten Heimatstadt Kalheim gewesen, wo ihm sein alter Lehrmeister Merdiel, die Grundlagen der Magie beigebracht hatte. Er hatte ihn und seine Schwester Lagie im Garten ihres Turmhauses u nterricht et, was bei Merdiel vor allem theoretische Unterweisung bedeutete.
    „Ihr werdet, wenn ihr anderen Magiern begegnet, feststellen, dass manche von ihnen ihren Mangel an Fähigkeiten, mit völlig ungefährlichen , aber sehr beeindruckenden Lärm- und Lichtzaubern ausgleichen. Die meisten Zauberer lassen sich zwar nicht davon einschüchtern, aber in manchen Fällen bewirkt es, dass die Zauber nicht mehr erkennen lassen, was sie ursprünglich bewirken sollten. Das wiederum kann zu fatalen Fehlern führen, vor allem bei Kämpfen! Solltet ihr jemals in eine solche Situation geraten, und ich hoffe, dass dies niemals geschehen wird, dann gebe ich euch folgende Ratschläge, um mit der Situation fertig zu werden:
     
            Erstens: Macht euch ein genaues Bild von eurem Gegenüber, egal ob Feind oder Freund. Wenn ihm ein Zauber misslungen ist, werdet ihr wissen, wie er denkt und welche Zauber er benutzt.
            Zweitens: Versucht euch immer einen Fluchtweg offen zu halten. Wenn ihr nicht wisst, womit ihr es zu tun habt, ist es immer besser in Deckung zu gehen, bevor ihr einen Schutzzauber benutzt, der dann nichts bewirkt.
            Und drittens: Das Wichtigste ist, dass ihr euch auf keinen Fall von irgendwelchen magischen Kunststückchen ablenken lassen sollt. Die sind, wie schon gesagt, harmlos. Die wahre Gefahr liegt im Detail. Konzentriert euch also nur auf das Wesentliche!
     
    Die bloße Erinner ung an diese unbeschwerten Tage reicht e aus, um Lagons Moral zu heben. A ber er vergaß auch nicht, was Merdiel ihm geraten hatte.
    Die Frage, welchen Zauber Nassago eingesetzt hatte, hatte er ja schon gelöst. Einen Fluchtweg zu suchen, war sinnlos, solange er nicht wusste, wo genau er stand. Aber das