Lakefield House (German Edition)
überfiel mit einem Mal eine überwältigende Traurigkeit. Sie kämpfte ihre Tränen nieder. „Willst du mir etwas sagen?“
Debora nickte langsam. Jede ihrer Bewegungen schien wie in Zeitlupe abzulaufen. Sie bewegte die Lippen, doch ihre Stimme war nicht zu hören.
„Ich verstehe dich nicht.“ Nun weinte Rebecca wirklich.
Debora zeigte auf sich selbst und dann nach oben.
„Du bist tot?“
Debora nickte.
„Hat Matthew Steppens Holly und dich getötet?“
Debora schüttelte den Kopf, zeigte dann auf Rebecca.
„Was ist mit mir?“
Ihr Gegenüber zeigte aufs Haus.
„Ja, ich wohne in Lakefield House. Soll ich ausziehen?“
Debora machte eine beschwichtigende Geste, zeigte dann noch einmal aufs Haus. Ihr Gesicht schien konzentriert, eindringlich.
Lies!
Rebecca hatte plötzlich dieses Wort in ihrem Kopf.
Lies!
„Was soll ich lesen?“ Rebeccas Traurigkeit schlug allmählich in Verzweiflung um.
Lies! Rebecca versuchte sich ganz und gar auf Debora einzulassen.
Lies! … Lies ihn! Lies den Brief!
Rebecca fuhr aus ihrer Starre. Deboras Züge entspannten sich, denn ihre Botschaft war angekommen.
Das Boot lag bewegungslos neben dem Steg, als hätte es nie das Ufer verlassen. Rebecca zögerte einen Augenblick mit dem Aussteigen. Sie hatte das Gefühl noch nicht fertig zu sein. Sie wollte Debora nicht einfach gehen lassen. Doch diese zeigte noch einmal auf Lakefield House, dann lächelte sie und schloss die Augen. Rebecca stieg aus dem Boot. Als sie sich auf dem Steg umdrehte, war es bereits verschwunden.
IX
Sie ging über den knarrenden Steg, wurde immer schneller, lief ins Wohnzimmer und schüttelte den schlafenden Connor mit beiden Händen.
„Was?“ Er fuhr verschlafen auf, blinzelte Rebecca an. „Was ist?“
„Es war nicht der Arzt.“ Sie wirbelte herum und eilte die Treppen hinauf.
Connor rieb sich die Augen und kam ihr schließlich nach. Rebecca saß auf dem Bett und durchwühlte einen Pappkarton. „Es war nicht der Arzt. Der Brief! Wo ist dieser verfluchte Brief?“, murmelte sie immerzu.
Connor stand am Fußende des Bettes, betrachtete sie mit gerunzelter Stirn. „Ehrlich, Rebecca, du machst mir Angst!“
„Ach, red keinen Unsinn! Hilf mir lieber den Brief zu finden?“
„Welchen Brief denn, um alles in der Welt?“
„Debora hat mir gesagt, ich soll den Brief lesen.“ Sie leerte den Inhalt des Kartons kurzerhand aufs Bett, und durchwühlte die Papiere und Kuverts ihrer Großmutter. „Aber ich finde es nicht, dieses verdammte Ding!“
„Moment, Moment!“ Connor kam aufs Bett und hielt Rebeccas Hand fest. „Noch Mal für den beschränkten Schmied: Debora hat dir gesagt, du sollst den Brief lesen?“
„Ja.“
„Soll das heißen, du hast mit ihr gesprochen?“
„Ja!“
„Mit Debora?“
„Ja.“
„Mit der toten Debora ?“
Rebecca schnaufte ungeduldig. „Ja, doch. Ich bin zu ihr ins Boot gestiegen und habe mit ihr geredet. Gewissermaßen. Jedenfalls hat sie mir zu Verstehen gegeben, dass Doktor Steppens nicht ihr und Hollys Mörder war. Sie wollte, dass ich den Brief lese.“
„Welchen Brief?“ Connor war weit davon entfernt Rebeccas Gedankengängen folgen zu können.
„Es gibt einen Brief von meiner Großmutter, oder besser gesagt an sie. Ich habe erst kürzlich ihre Sachen durchgesehen, da ist er mir in die Hände gefallen.“
„Von wem war er?“
„Keine Ahnung. Aber er war ungeöffnet. Er war alt, sie muss ihn bewusst verschlossen gelassen haben. Ich wollte ihn lesen, als ich ihn fand. Aber irgendetwas …“ Rebecca dachte nach. „Irgendetwas hielt mich davon ab.“ Sie suchte weiter. Connor zögerte kurz, fiel aber dann achselzuckend in ihr Suchen ein.
„Die sind alle schon geöffnet“, stellte er fest, nachdem er einige Briefe in die Hand genommen und wieder weggelegt hatte.
„Verflucht!“ Rebecca schob den Briefhaufen zusammen und sah sich im Zimmer um.
„Die Tasche!“, rief sie plötzlich aus, und sprang vom Bett. Connor sah ihr irritiert nach.
„Tasche?“
„Handtasche!“ Rebecca durchwühlte ihre Handtasche. Sie leerte auch deren Inhalt aufs Bett und fand in den Seiten ihres Terminplaners schließlich das Kuvert. „Das ist er!“ Sie riss den Umschlag auf und zog den Briefbogen heraus.
„Er ist von 1993“, stellte Rebecca zögernd fest und begann zu lesen.
„Könntest du bitte laut lesen?“
„ Liebe Granny, seit Wochen – oder sind es gar schon Monate? – schreibe ich dir wieder! Das Leben ohne Ma
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